KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB
1921
30. DEZEMBER
NR. 14
EINE STIFTUNG BODE'S
ILHELM VON BODE hat den getarnten Erlös aus der Verfteigerung
VV feiner Bibliothek, der nahezu drei Millionen Mark betrug, für die Weiter-
führung der Mufeumsbauten in Dahlem zur Verfügung geftellt. Durch diefe
großartige Stiftung wird der gefamte Komplex von Fragen, die fich an die
Neubauten der Berliner Mufeen und die Pläne der Raumverteilung knüpfen,
neu aufgerollt. Nach der letzten Entfcheidung des Minifteriums follte der
Dahlemer Bau nur als Magazin für das Völkerkundemufeum weitergeführt
werden, alfo für eigentlich mufeale Zwecke ausfchalten. Wenn jetzt Bode
Mittel für den Innenausbau ftiftet, fo werden die zum Teil recht angreifbaren
neuen Belegungspläne für die Berliner Bauten hinfällig. Die oftafiatifchen
Kunftfammlungen kämen nicht ins Monbijou=Palais, fondern nach Dahlem, wo
zwei Pavillons für fie errichtet find. Die indifchen und islamifchen Samm-
lungen kämen ebenfalls nach Dahlem, und fowohl das Kaifer-Friedrich^Mu^
feum wie das alte Völkerkundemufeum würden wefentlich entlaßet werden.
Man darf der Weiterentwicklung der Frage, die durch Bode's Stiftung in ein
neues Stadium getreten ift, mit Spannung entgegenfehen.
NEUE KUNSTZEITSCHRIFTEN
»KUNSTBLATT« UND »GENIUS«
ls vor nun beinahe 20 Jahren die Zeitfchrift »Kunft und Künftler« ge-
gründet wurde, konnte fie fich auf ein klar umfchriebenes Programm be-
rufen, Wie die Sezeffion, wie der Kunftfalon Caffirer, die ebenfalls etwa
zur gleichen Zeit entftanden, fetzte fie es fich zum Ziele, das Organ einer be-
stimmten, eng umlchriebenen Künftlergruppe zu werden. Rückfchauend ftellt
fie fich wefentlich dar als die Zeitfchrift des Impreffionismus, wenn auch ur-
fprünglich diefe Abficht nicht mit aller Entfchiedenheit verwirklicht wurde.
Man wundert fich heute manchmal, wenn man in alten Bänden von »Kunft
und Künftler« blättert. Aber man würde fich ebenfo wundern, wenn man
noch einmal die Säle einer gleichzeitigen Sezeffionsausftellung durchfchreiten
könnte, die in der Erinnerung fo gefchloflen und einheitlich erfcheint, wie fie
in Wahrheit niemals gewefen ift. Wie von den Eindrücken einer Reife
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB
1921
30. DEZEMBER
NR. 14
EINE STIFTUNG BODE'S
ILHELM VON BODE hat den getarnten Erlös aus der Verfteigerung
VV feiner Bibliothek, der nahezu drei Millionen Mark betrug, für die Weiter-
führung der Mufeumsbauten in Dahlem zur Verfügung geftellt. Durch diefe
großartige Stiftung wird der gefamte Komplex von Fragen, die fich an die
Neubauten der Berliner Mufeen und die Pläne der Raumverteilung knüpfen,
neu aufgerollt. Nach der letzten Entfcheidung des Minifteriums follte der
Dahlemer Bau nur als Magazin für das Völkerkundemufeum weitergeführt
werden, alfo für eigentlich mufeale Zwecke ausfchalten. Wenn jetzt Bode
Mittel für den Innenausbau ftiftet, fo werden die zum Teil recht angreifbaren
neuen Belegungspläne für die Berliner Bauten hinfällig. Die oftafiatifchen
Kunftfammlungen kämen nicht ins Monbijou=Palais, fondern nach Dahlem, wo
zwei Pavillons für fie errichtet find. Die indifchen und islamifchen Samm-
lungen kämen ebenfalls nach Dahlem, und fowohl das Kaifer-Friedrich^Mu^
feum wie das alte Völkerkundemufeum würden wefentlich entlaßet werden.
Man darf der Weiterentwicklung der Frage, die durch Bode's Stiftung in ein
neues Stadium getreten ift, mit Spannung entgegenfehen.
NEUE KUNSTZEITSCHRIFTEN
»KUNSTBLATT« UND »GENIUS«
ls vor nun beinahe 20 Jahren die Zeitfchrift »Kunft und Künftler« ge-
gründet wurde, konnte fie fich auf ein klar umfchriebenes Programm be-
rufen, Wie die Sezeffion, wie der Kunftfalon Caffirer, die ebenfalls etwa
zur gleichen Zeit entftanden, fetzte fie es fich zum Ziele, das Organ einer be-
stimmten, eng umlchriebenen Künftlergruppe zu werden. Rückfchauend ftellt
fie fich wefentlich dar als die Zeitfchrift des Impreffionismus, wenn auch ur-
fprünglich diefe Abficht nicht mit aller Entfchiedenheit verwirklicht wurde.
Man wundert fich heute manchmal, wenn man in alten Bänden von »Kunft
und Künftler« blättert. Aber man würde fich ebenfo wundern, wenn man
noch einmal die Säle einer gleichzeitigen Sezeffionsausftellung durchfchreiten
könnte, die in der Erinnerung fo gefchloflen und einheitlich erfcheint, wie fie
in Wahrheit niemals gewefen ift. Wie von den Eindrücken einer Reife