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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 9
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Tietze, Hans: Deutsche Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0179

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT

HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZE

1921

25. NOVEMBER

NR. 9

DEUTSCHE MEISTER

VON HANS TIETZE

WEI große Zeitgedanken haben bei dem Unternehmen des Infelverlages,


✓ von dem nun zwei Bände vorliegen, Pate geltendender demokratifche,
der die Meiiter der Verehrung breiter Volksfchichten zugänglich machen möchte,
der nationale, der dem Deutlchtum in der Kunlt den Platz erkämpfen will,
der ihm neben den anderen führenden Nationen der Welt gebührt. Daß in
folchen von außen in die wilfenfchaftliche Betrachtung eindringenden Momenten
gewilfe Gefahren liegen, ilt uns allen wohl bekannt. Die Devife »die Kunlt
fürs Volk« hat fehr vielen, die ernltlich an fie glaubten und in diefen letzten
Jahren für fie zu wirken bemüht waren, fchwere Enttäufchungen bereitet, und
der größte Teil der eigentlichen Propagandaliteratur auf diefem Gebiet wird
den Tag nicht überleben, für den fie fich ja auch zunächlt beltimmte. Das
Dilemma, das wohl die Kernfchwierigkeit aller erzieherifch gerichteter Betäti-
gung bildet, war: emporheben oder hinablteigen, und die innere Schwäche
diefes Schrifttums, feinem Publikum nach dem Munde einem harmlos banal
daherredenden oder einem hyperälthetifch verfliegen fäufelnden Munde —
zu reden. Das Sacrificium intellectus wird in aller Wilfenfchaft leicht zum
ethifchen Defekt. Die nationaliltifche Strömung führt zu einem anderen Zwie-
fpalt: kann die eifernde Liebe zum eigenen Volk pofitiv fein, ohne negativ
zu werden? Kann fie bereichern, ohne zu verarmen, das Verltändnis für das
wefentlich Deutfche Itärken, ohne engende Schranken gegen anderes Volks-
tum zu errichten? Wenn fie ihre Aufgabe nur erfüllen kann, wenn fie Freude
und Verltändnis des Fremden auf hebt, fo Iteht dem Gewinn ein Verlult gegen-
über, der jenen unter Umltänden überwiegen kann. Wer — hier wie andere
wärts — Deutfehes nur groß zu machen vermag, indem er anderes verkleinert,
ilt ein falfcher Prophet.
Die »Deutfchen Meiiter« des Infelverlages haben alle diefe drohenden
Klippen glücklich umfehifft,- die beiden bisher erfchienenen Bände beltimmen
den Geilt der neuen Serie in einer gefunden und fympathilchen Weife, Die
beiden Autoren, anerkannte Meiiter des Faches und gründliche Kenner aller
einfehlägigen Fragen, haben fich bemüht, dem Verltändnis jedermanns zu-
gänglich zu bleiben, ohne in Gehalt und Gefchmack unerlaubte Konzeffionen
zu machen,- fie haben ihre Helden mit herzlicher Wärme gefchildert, ohne in
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