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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

DOI issue:
Nr. 20/21
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Lehrs, Max: Woldemar von Seidlitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0363

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT

HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTIONi HANS TIETZB

1922

10./17. FEBRUAR

NR. 20/21

WOLDEMAR VON SEIDLITZ

VON MAX LEHRS

m 16. Januar Itarb nach längerem Krankenlager Woldemar v. Seidlitz, ein


•xX Mann von feltenen Gaben des Geiltes und des Herzens, der lieh um
das Dresdner Kunltleben, befonders aber um die öffentlichen Sammlungen der
Stadt, die unter ihm eine Blütezeit erlebten, unvergängliche Verdienfte erworben
hat und der in raltlofer Arbeit bemüht war, der Kunltgelchichte zu dienen,
den Künltlern ein Führer, ein Helfer, ein Freund und ein Anreger zu fein. —
Ein feinfinniger Kenner, ein zielbewußter Sammler und ein edler, liebenswerter
Menfch ilt mit ihm zu Grabe getragen, ein verfpäteter Nachkomme jenes im
achtzehnten Jahrhundert wurzelnden ariltokratifchen Typus, wie er eigentlich
nur noch im Gedächtnis der älteren Vertreter unferer Wiflenfchaft lebt.
Am 1. Juni 1850 in St. Petersburg als Sohn des baltifchen Ritterguts®
befitzers A. E. von Seidlitz geboren, Itudierte er zunächlt in Dorpat mit den
Harnadcs und anderen Trägern fpäterhin berühmter Namen, dann in Heidelberg,
wo er 1874 promovierte, Nationalökonomie und ging fchließlich als Schüler
Ant. Springers in Leipzig zur Kunltgefchichte über. Von 1879 — 84 war er als
Direktorialaffiltent unter Lippmann am Berliner Kupferltichkabinett tätig und
folgte am 1, Mai 1885 dem Ruf als Nachfolger Rossmanns an die General®
direktion der kgl. Sammlungen für Kunlt und Wilfenfchaft in Dresden, wo
der umfichtige und rührige Minilter Gerber mit einer durchgreifenden Reform
der feit vielen Dezennien in arge Stagnation geratenen Mufeen begonnen
hatte, indem er Männer wie Karl Woermann, Georg Treu und A. B. Meyer
an die Spitze berief und damit dem Sinekurentum des Dilettantismus und
der verbrieften Untätigkeit in Amt und Würden endgültig ein energifches
Halt entgegenltellte.
Mit welchem Eifer der eben Fünfunddreißigjährige feine neue Aufgabe
erfaßte, möge ein kleines Beifpiel bezeugen. Es kamen damals auf der
Auktion der Gemälde des fächfifchen Minilters v. Friefen in Köln die beiden
berühmten Ambergerfchen Bildnilfe des Fuggerfchen Faktors Mattheus Schwartz
und feiner Frau von 1542 zur Verlteigerung, und da Gefahr beltand, daß fie
ins Ausland gingen, bat mich Seidlitz noch vor feinem Amtsantritt von Berlin
aus, doch alles zu tun, diefe beiden Perlen der altdeutlchen Bildnismalerei
wenigltens vorläufig für den Dresdener Privatbefitz zu retten. Es gelang mir
 
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