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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 4
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Pauli, Gustav: Die nordische Woche in Lübeck
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0079

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT

HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB

21, OKTOBER

1921

NR. 4

DIE NORDISCHE WOCHE IN LÜBECK

VON G. PAULI

IN guter Gedanke war es, in Lübeck, dem alten Haupt der Hanfa, an


1—✓ die Beziehungen zu Skandinavien zu erinnern. Hanfifche Siege und
Niederlagen find länglt Hiltorie geworden, aber in lebendiger Gegenwart
hehen noch die Kunltwerke, die Lübeck jahrhundertelang feit dem fpäten
Mittelalter in die Länder des Oltfeegebietes entfandt hat — und nach wie
vor gedeiht der Handel, der die Völker verbindet.
Lübeck gewährt einem Unternehmen wie der Nordifchen Woche den
günltiglten Rahmen, Denn es hält eine glückliche Mitte zwifchen Altertum
und Gegenwart und hat als Stadt gerade den rechten Umfang für folchen
Zweck. Das reiche Erbe der Vergangenheit ift hier kein leeres Schaugepränge,-
vielmehr wird es vom Leben durchflutet und ift felbft zu einer harken Lebens-
macht gediehen. So fpielt das Bild der Stadt bei allen künltlerifchen Unter-
nehmungen in ihren Mauern eine fehr wirkfame Rolle. Es zeigt Lieh erfüllt
von Veranltaltungen, die im Getriebe einer Welthadt verfinken würden.
Die elf erlten Septembertage waren reichbefetzt mit fehenswerten, belehrenden
und unterhaltfamen Dingen und hatten aus Norddeutfchland und SkandE
navien eine Menge Gälte herbeigelockt. Die Redaktion des Ganzen erwies
fleh als ebenfo umfichtig wie gefchmackvoll.
Für unfere Kunltfreunde kommen vor allen Dingen drei Ausheilungen
in Betracht. Wir nennen fie nach der Steigerung des Interefles, das fie bei
dem Leferkreis diefer Zeitfchrift vorausfetzen dürfen. Im Schabbelhaufe wurde
im Rahmen einer kleinen nordifchen Ausheilung Munch gezeigt. Die Ge-
mälde und Drucke verdienten zum Teil befondere Beachtung weil fie lü-
beckifdie Motive behandelten und aus lübifchem Privatbefitz dargeliehen waren.
Der wundervolle Innenraum der Katharinenkirche war für eine Aus-
heilung der religiöfen Bilder Nolde's hergerichtet. Mit Ausnahme des
Abendmahls, von dem fleh das Hallifche Mufeum nicht hatte trennen wollen,
war alles beifammen, was Nolde auf diefem Gebiete gemalt hat. Der Ge-
famteindruck der an Pfeilern und Wänden oder freihehend lofe verteilten
Bilder war fehr hark — das leidenfchahliche Bekenntnis eines mit feinem Gott
ringenden eigenen und einzelnen Mannes. Die Abficht des Künftlers und
die Aufhellung an diefem Orte forderten dazu auf: nicht die Malerei allein.
 
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