Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

DOI Heft:
Nr. 9
DOI Artikel:
Tietze, Hans: Deutsche Meister
DOI Artikel:
Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0183

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Deutfche Meilter — Literatur

157

lichkeit und frifches Pathos hinreißenden Donau «Cranach den reif gewor-
denen und beherrfchten fächfifchen Hofmaler gelten, fondern er verßand auch,
den fehr eigenartigen Reiz und die weiterreichende Wirkung diefes Spätßils
in kluger und feinfühliger Charakterifiik zu zergliedern. Das neue Buch
wiederholt auf breiterer Bafis den Verfuch, den fcheinbaren Sprung zwifchen
dem Jugend- und dem Alterswerk zu erklären und den fo durchaus ver-
fdiiedenen Werken durch liebevolles Eingehen auf ihre ungleichen Bedingungen
und Vorausfetzungen gerecht zu werden. Nicht jene wiflenlchaftliche Sophiltik
iß dabei am Werk, die kalt und warm aus einem Munde blafend Argwohn
erregt, fondern ein kultivierter hiltorilcher Sinn, der fich in gegenfätzliche Er«
fcheinungen einzufühfen vermag. Diefe Objektivität in einer fo eindringlichen
Inkarnation vorgeführt zu erhalten, wird zweifellos ein wertvoller Gewinn
für ein breiteres Publikum von Kunltliebhabern fein,- aber Itärker als in der
aphoriltifchen Konzentration der »Zwei Jahrhunderte« fühlt man in der breiter
ausgefponnenen monographifchen Darßellung, daß fie etwas Erkühlendes hat«
Die Erfcheinung des Künfilers wirkt etwas dünn, mehr Einfeitigkeit hätte ihr
Erdgeruch gegeben, fo ilt fie von der Bläße des Laboratoriums, in dem fie
aufwuchs, etwas angekränkelt. Auch das Buch Glafer's hat den natürlichen
Fehler feiner großen und bedeutenden Vorzüge.
Wenn ich an ihm wie an dem Schwefierbuche Friedländer's nicht ver-
fchwiegen habe, wo mir Wünfche nach Mehr und Anderem anknüpfen zu
können fcheinen, fo tat ich es im vollen Bewußtfein, daß diefes Andere nicht
notwendig das Belfere fein müßte. Ein »vollkommenes« Buch iß eine Utopie,-
ein Buch iß es — ohne Anführungszeichen wenn es den lückenlos bewältigten
Stoff im Spiegel einheitlicher und gefchloffener Perfönlichkeit empfängt,- auch
die beiden Bücher, von denen ich fpreche, empfangen ihr innerßes Gefetz von
den ausgeprägten Perfönlichkeiten ihrer Verfaffer. Die Treue, mit denen fich
diefe in dem von ihnen behandelten Stück Kunfigefchichte fpiegeln, beweiß
am überzeugendßen die künßlerifche Ehrlichkeit der Konzeption.

LITERATUR
Pierre de Nolhac, Fragonard. Paris
1920, Goupil Co.
Der langjährige Konfervator des Schlof«
fes Verfailles und Verfaßer mehrerer Schrif«
ten über das 18. Jahrhundert hat feine
1906 zuerfi erfchienene Fragonard» Bio«
graphie umgearbeitet und in veränderter
und bereicherter Form neu herausgegeben.
Vor allem iß die Famifiengelchichte des
Künfilers durch Archivfiudien in Graffe
vervollfiändigt. Es ergibt fich, daß ein

Vorfahre des Künfilers, Gianpietro Fra«
gonardo, aus der Lombardei eingewandert
ifi. Nolhac vermochte ferner dutch die
von Furcy=Raynaud herausgegebene Kor«
refpondenz Marigny's die in den Samm«
lungen der Societe de l'histoire de Part
franc;ais erlchien, die Lücken in der Bio«
graphie Fragonard's auszufüllen. Diefe
Quelle hat vor allem dierömifchen Studien«
jahre des Malers durchleuchtet. Der Kreis
der jungen Franzofen, die zwifchen 1576
und 1761 in Rom fich verfammelt haben.
 
Annotationen