Der Mädcfienkopf aus Tizians »Schlacht von Cadore« — Richard Schöne f 415
Daß ihm gerade dies helle Gebilde befonders in die Augen fiel, ilt klar.
Tizian, in feiner reiflten Zeit, bereitete die Palette, von der noch das 18. Jahr-
hundert feine filberigen und perlmutterfchimmernden Akkorde malte.
Auch wenn diefer Fund eines fo wahrhaft glänzenden Stückchens Malerei
nur eine Kopie ins Licht rücken follte, dürfen wir noch dankbar genug fein:
fie wäre falt unter Tizians Augen, in feine Atmofphäre entltanden; denn nur die
40 Jahre bleiben dafür, in denen das große Schlachtenbild an der Wand der
Sala del Gran Consiglio prangen durfte. Die kurze Spanne hat aber genügt,
eine unerhörte Wirkung in die Ferne von feltener Erhaltung der Energie zu
ermöglichen: irgendwie muß Rubens den Genius feines großen Vorgängers
unter den Schlachtenmalern gegrüßt haben: Die Albertina bewahrt eine Feder-
zeichnung nach den ftürzenden Reitern von feiner Hand und in der Münchener
Amazonenfchlacht lebt der Geilt des graufigen Brückenkampfes weiter. Und
darüber hinaus will es uns fcheinen, als hätte auf unbekannten aber fieberen
Wegen diefe unfere fchimmernde Frauengeftalt, gerade in ihrer auf lichtenden
Rolle neben der Mitte der farbigen Kompofition hinüber zu dem weißgoldenen
Mädchen der »Nachtwache« geltrahlt. Uns bleibt das rätfelvolle Stück mit feinen
fprühenden Pinfelzügen, ob Kopie eines genialen Nachfolgers oder Original,
willkommen als ein Geiltesgruß aus dem engften Bannkreis des großen
Hiltorienmalers.
★
RICHARD SCHÖNE T
SCHON vor mehr als einem halben Menfchenalter hat Richard Schöne
feine öffentliche Wirkfamkeit beendet, feine Ämter niedergelegt und in
zurückgezogener Stille feinen Studien gelebt. Trotzdem ilt fein Name nicht
verklungen und wird nicht verklingen, folange die preußifchen Mufeen be-
lieben. Am 5. März diefes Jahres ift er in mehr als platonifchem Alter aus
dem Leben gefchieden, bis in feine letzte kurze Krankheit hinein in unver-
fallener Kraft und Frifche des Geiltes.
Mehr als 30 Jahre hat er über den Berliner Mufeen gewaltet. Es war
die Epoche ihres Glanzes und Glückes, der innern und äußern Entwicklung,
wie wir nicht hoffen können fie noch einmal zu erleben.
Im Jahre 1880 wurde Schöne zum Generaldirektor der Mufeen ernannt,
aber bereits 1873 war er als Referent in das Kultusminilterium eingetreten
und hatte beftimmenden Einfluß auf die Verwaltung der Mufeen. Es war
ein entfcheidender Zeitpunkt in ihrer Gefchichte und es ift Schönes Verdienlt,
dies erkannt zu haben. Die Periode der vorwiegend älthetifchen Aufgaben
der Mufeen war vorüber, jetzt galt es, fie dem Geilt der Zeit entfprechend
Daß ihm gerade dies helle Gebilde befonders in die Augen fiel, ilt klar.
Tizian, in feiner reiflten Zeit, bereitete die Palette, von der noch das 18. Jahr-
hundert feine filberigen und perlmutterfchimmernden Akkorde malte.
Auch wenn diefer Fund eines fo wahrhaft glänzenden Stückchens Malerei
nur eine Kopie ins Licht rücken follte, dürfen wir noch dankbar genug fein:
fie wäre falt unter Tizians Augen, in feine Atmofphäre entltanden; denn nur die
40 Jahre bleiben dafür, in denen das große Schlachtenbild an der Wand der
Sala del Gran Consiglio prangen durfte. Die kurze Spanne hat aber genügt,
eine unerhörte Wirkung in die Ferne von feltener Erhaltung der Energie zu
ermöglichen: irgendwie muß Rubens den Genius feines großen Vorgängers
unter den Schlachtenmalern gegrüßt haben: Die Albertina bewahrt eine Feder-
zeichnung nach den ftürzenden Reitern von feiner Hand und in der Münchener
Amazonenfchlacht lebt der Geilt des graufigen Brückenkampfes weiter. Und
darüber hinaus will es uns fcheinen, als hätte auf unbekannten aber fieberen
Wegen diefe unfere fchimmernde Frauengeftalt, gerade in ihrer auf lichtenden
Rolle neben der Mitte der farbigen Kompofition hinüber zu dem weißgoldenen
Mädchen der »Nachtwache« geltrahlt. Uns bleibt das rätfelvolle Stück mit feinen
fprühenden Pinfelzügen, ob Kopie eines genialen Nachfolgers oder Original,
willkommen als ein Geiltesgruß aus dem engften Bannkreis des großen
Hiltorienmalers.
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RICHARD SCHÖNE T
SCHON vor mehr als einem halben Menfchenalter hat Richard Schöne
feine öffentliche Wirkfamkeit beendet, feine Ämter niedergelegt und in
zurückgezogener Stille feinen Studien gelebt. Trotzdem ilt fein Name nicht
verklungen und wird nicht verklingen, folange die preußifchen Mufeen be-
lieben. Am 5. März diefes Jahres ift er in mehr als platonifchem Alter aus
dem Leben gefchieden, bis in feine letzte kurze Krankheit hinein in unver-
fallener Kraft und Frifche des Geiltes.
Mehr als 30 Jahre hat er über den Berliner Mufeen gewaltet. Es war
die Epoche ihres Glanzes und Glückes, der innern und äußern Entwicklung,
wie wir nicht hoffen können fie noch einmal zu erleben.
Im Jahre 1880 wurde Schöne zum Generaldirektor der Mufeen ernannt,
aber bereits 1873 war er als Referent in das Kultusminilterium eingetreten
und hatte beftimmenden Einfluß auf die Verwaltung der Mufeen. Es war
ein entfcheidender Zeitpunkt in ihrer Gefchichte und es ift Schönes Verdienlt,
dies erkannt zu haben. Die Periode der vorwiegend älthetifchen Aufgaben
der Mufeen war vorüber, jetzt galt es, fie dem Geilt der Zeit entfprechend