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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 6
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Gehrig, Oscar: Das neue badische Landesmuseum im Karlsruher Residenzschloss
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0125

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Literatur

99

lung der badifchen Volkskunde eingerichtet. Möge es bei allem dem Ge-
fchick des Direktors Rott gelingen, die Arbeiten im bisherigen Tempo weiter-
zuführen, nicht zuletzt unter finanzieller Mithilfe kunft- und heimatliebender
Kreife.

LITERATUR
PaulDurrieu,Laminiatureflamande
au temps de la cour de Bourgogne
<1415 —1530>. Mit 153 Reproduktionen
auf 103 Lichtdrucktafeln. Brülfel, van
Oeft, 1921. <300 Francs.)
Trotz erheblicher Mängel ift das Buch
eine der nützlichften Bereicherungen der
Literatur zur altniederländilchen Kunft aus
den letzten Jahrzehnten. Die Abfihnitte
über die füdniederländifche Buchmalerei
von 1415 —1530 bei Woermann und bei
Herbert, der das einzige Handbuch über
illuminierte Handfchriften geschrieben hat,
find nunmehr in vieler Hinficht veraltet,
und auch die Fernerftehenden, zu denen
auch falt alle die gehören, die mit großem
Erfolg die altniederländilche Tafelmalerei
erforfcht haben, werden eine Vorftellung
von dem Reichtum an Werken, der Fülle
von Talenten gewinnen können, die auf
diefem von der Forfchung arg vernach-
läffigtem Gebiet zu finden find. Haben
doch die van Eyck, Rogier, Marmion,
David und mancher andere Tafelmaler,
vermutlich auch Memling, zeitweilig das
Gewerbe geübt,- Rogier und David, ohne
daß Durrieu es wahrhaben will. Im Ver-
gleich mit den häufig kaum dem Namen
nach gekannten niederländilchen Minia-
turilten, den Tavernier, Hennecart, Vre-
lant, Liedet, Mazerolles, Spierinck, Pila-
vaine, Horenbout, Alexander und Simon
Bening, von denen noch Werke erhalten
find, wird die Bedeutung der Tafelmaler
gerechter gewürdigt werden können. Durch
andere Buchmaler wie Dreux und Pesti»
vien, deren Werke noch zu finden find
und wohl auch noch gefunden werden,
hat Durrieu mit Takt den Verlauf der
Entwicklung rekonftruiert, wo er einft-
weilen nicht fichtbar ilt, anonyme Gruppen
von Buchmalereien bereichern ihn und zahl-
reiche datierte und datierbare Handfchriften
präzifieren ihn fo Icharf, daß man wohl
behaupten darf, daß es keine andere Spät»

mittelalterliche Kunltgattung mit ähnlichen
wiffenfchaftlichen Vorzügen gibt. — Textlich
ift Durrieu's Buch eine Fortfetzung feiner
orientierenden Kapitel über die mittelalter-
liche franzöfilche Buchmalerei in Michel's
»Histoire de l'art«, illuftrativ eine Aus-
wahl aus den niederländifchen Handfchriften
in Paris und Brülfel, die Dreiviertel fämt-
licher Lichtdrucktafeln beftreiten- Mehr
als ein Drittel aller war bisher unveröffent-
licht, die bekannten find vielfach belfer als
bisher reproduziert. Es braucht aber nicht
betont zu werden, daß die mit höchftem
Raffinement hergeftellten Reproduktionen
trotzdem den durch ihren farbigen Zauber
oft hinreißenden Bildern meift fo gut wie
alles fchuldig bleiben.
Es fei ferne von mir, die allgemein be-
kannten Nachteile der Photographie dem
Buche anzukreiden, die Mängel des Buches
gehen vielmehr aus einer methodifchen Ein-
ftellung hervor, die auch demjenigen, der
die gleichzeitige Tafelmalerei kennt und
der als der meift intereffierte und kompe-
tente Beurteiler in Betracht kommt, die
gebührende Einlchätzung der flämilchen
Buchmalerei erheblich erfchwert, wenn nicht
unmöglich macht.
Durrieu ift als der erfolgreichfte Erfor-
Icfier der franzöfilchen Malerei bekannt.
Seine Methode empfing dort von dem
jungfräulichen Stoff ihr Gepräge. Der
franzöfifche Gelehrte ift aber in einer an-
deren Lage gegenüber der flämifchen Buch-
malerei. Der entfcheidende Umfchwung im
Verhältnis von Buch- und Tafelmalerei,
den die van Eyck herbeiführten, kann
Ichwerlich von ihm geleugnet werden. Die
Buchmalerei tritt mit ihnen ihre Führer-
ftellung an die Tafelmalerei ab, Diefer
aber ift die Aufmerkfamkeit der kunft-
gefchichtlichtlichen Forfchung aller Länder-
feit Jahrzehnten zuteil geworden, und wenn
auch die flämifche Buchmalerei ein jung-
fräuliches Gebiet geblieben ift, fo ift bei
feiner Bearbeitung doch mit den Erfolgen
 
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