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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 15
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Glaser, Curt: Berliner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0265

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT

HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZE

1922

NR. 15

6. JANUAR

BERLINER AUSSTELLUNGEN

VON CURT GLASER

IE Erinnerung an die Ausheilungen der erften Winterhälfte wird weit


überfchattet durch den ftarken Eindruck der Werke Cezannes, die aus
verfchiedenem deutfchen Privatbefitz für kurze Zeit in den Räumen des Caf«
firerfchen Salons vereinigt waren. Man erinnerte fich der Zeit, als folche
Ausitellungen noch zu den regelmäßigen Ereigniflen zählten, und man emp«
fand es, daß wir immer ärmer geworden find, nicht nur an Geld.
Eine Ausheilung von Bildern Henri Matiffes, die zur gleichen Zeit
ftattfand, war wefentlich als Zeugnis des ernfthaften Wollens ihres Veran-
ftalters, aber fie zeigte neben manchen bekannten nur wenige neue Arbeiten
des Künftlers. Gerade darauf wäre es aber angekommen, nach fiebenjähriger
Paufe ein möglich!! vollftändiges Bild von dem neuen Schaffen des Malers
zu vermitteln, über den in jüngfter Zeit gefliflentlich fehr widerfprechende
Meinungen in Umlauf gefetzt werden. Die wenigen Proben, die gezeigt
wurden, beftätigten jedenfalls nicht das Märchen von der Abnahme feiner
Kraft. In ihrer vorausfetzungslofen Einfachheit legten fie vielmehr Zeugnis
ab von der unveränderten Gefinnung ihres Schöpfers, der niemals auf eine
Methode eigenfinnig eingefchworen gewefen iftZ
Die Galerie Flechtheim, die vor kurzem eine Filiale in Berlin eröffnete,
führte Geh mit diefer Ausheilung gut ein, nachdem fie zuvor eine mehr pro«
grammatifche und zum Teil auch problematifche Gefamtfchau gegeben hatte.
Damals fah man zum erften Male einen der vielberedeten neuen Picassos
mit eigenen Augen und einigem Entfetzen, ein banales und eigentlich grobes
Bild eines fitzenden Pierrot, das den Sinn des kubiftifchen Zwifchenfpiels ge«
radewegs verleugnnte und fich von früheren Fällungen des gleichen Themas
nur durch den Mangel an Empfindung und Farbengefühl unterfchied.
Das Programm der neuen Galerie war in der Eröffnungsausftellung klar
umfehrieben: weftliche und weltlich orientierte Malerei, junge Franzofen, Rhein«
länder und die einftigen Deutfch«Parifer der Dome«Gruppe, die Geh in
Berlin wieder zufammenzufinden beginnen. Auch das Kronprinzenpalais nahm
an der weltlichen Orientierung teil, indem es eine Ausheilung junger Rhein«
länder veranftaltete, die allerdings kaum von der ernfthaften Bedeutung einer
an der gefälligen Oberfläche und einer liebenswürdigen Farbigkeit haftenden
 
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