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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 15
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Glaser, Curt: Berliner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0266

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Berliner Ausheilungen

Kunft zu überzeugen vermochte. Auguft Macke, der früher fchon durch eine
eigene Auskeilung geehrt worden war, erfdhien in diefer Umgebung auch nur
als ein talentvoller Dekorateur, ähnlich wie Heinrich Campendonk, der Franz
Marcs Motive fpielerifch weiterbildet, und Heinrich Nauen, der fein Talent
in widerfpruchsvollen Verfuchen erfchöpft.
Max Pechltein, der die jungen Rheinländer im Kronprinzenpalais ab-
löfte, empfängt den Befchauer mit kräftigeren Tönen und einer handfelteren
Zeichnung. Allerdings fcheint es, daß diefer Künftler feine Werke allzu leicht
und ungehemmt herausfchleudert. Man möchte ihm eine Aufgabe wün^
fchen, an der die Kräfte fich einmal fpannen müßten, um über das gleichfam
kurzfriftige Staffeleibild hinaus in einer anfpruchsvolleren Leiftung fich zu er-
proben. Die Fülle der Schöpfungen des einen Sommers erhöht den Eindruck
allzu leichter Entftehung. Denn neben den Gemälden, die im Kronprinzen-
palais gezeigt werden, fieht man bei Möller eine Reihe von Aquarellen der
gleichen Motive, die im ganzen als die reineren Löfungen erfcheinen, da hier
das Material felbft die Widerftandslofigkeit will, die Pechfteins Handfchrift
kennzeichnet,
Erftaunlich war die Menge der verkauften Blätter in der Auskeilung
bei Möller. Es zeigt fich, daß Pechltein heut einer der populärften und be*
liebteften Künftler ift. Nochmals eine Reihe feiner neueften Schöpfungen
tauchte in der großen Aquarell-Ausftellung auf, mit der Paul Caffirer den
feierlichen Eindruck feiner fchönen Cezanne-Ausftellung gründlich auslöfchte.
Ein Weihnachtsmarkt neuer und neuefter Kunft, ein wenig bunt zufammen-
gewürfelt und noch bunter in dem beinahe kreifchend lauten Orchefter der
Farben über -die Wände ausgefchüttet, aber einmal alles beifammen, was der
Ausftellungsbefucher fonft nur unter Aufwand von allerhand Mühen fich zu-
fammenfuchen kann, von den Größen der Freien und der Berliner Sezeffion,
von Liebermann, Slevogt, Corinth und ihrer Gefolgfchaft, von Heckel, Schmidt-
Rottluff und und ihren Jüngern bis zu den Juryfreien, Huth und Schwichten-
berg, bis zu Feininger und Klee und George Groß und Dix. Es gehörte
ein guter Magen dazu, diefes reichhaltige Menu in einem Zuge zu genießen.
Aber der Berliner Ausftellungsbefucher ilt allerlei gewöhnt und läßt fich nicht
leicht erfchrecken.
Die Juryfreien hatten den Moabiter Glaspalalt belegt, als es kalt genug
wurde, um den Kunftbegeifterten zu einem Eiltempo der Befichtigung zu
zwingen. Wieder fiel wie im vorigen Jahre die vorzügliche Organifation des
Ganzen eher ins Auge als die Leiftung im einzelnen. Die Juryfreiheit ift
allerdings nur noch eine Art Aushängefchild für die kleine Kerntruppe, die
im wefentlichen aus den überzeugten Infantiliften und Veriften befteht. Es
gibt unzweifelhaft tüchtige Begabungen in der Gruppe wie Fritfch und Deier-
 
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