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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 8
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Dorner, Alexander: Über den Sinn der Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0157

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT

HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB

1921

18. NOVEMBER

NR. 8

ÜBER DEN SINN DER DENKMALPFLEGE
VON ALEXANDER DÖRNER
UF dem diesjährigen Tage für Denkmalpflege fprach Prof. Tietze über


»Das Verhältnis der Denkmalpflege zum geiftigen Leben der Gegenwart«.
Dem Hiltorizismus der Vorkriegszeit hätte als Begründung für die Erhaltung
der Denkmäler ihr Alter an fich genügt. Heute erhalte man fie, obgleich fie
alt feien. Der pofitive Grund für ihre Erhaltung müße in dem Wert liegen,
den fie für das Leben der Gegenwart haben. Eine Denkmalpflege, die diefen
Wert nicht erweifen könne, gerate auf ein totes Geleife.
Das waren Worte, für die nicht genug gedankt werden kann. Denn
wen hätten nicht im Drude der letzten Jahre folche Fragen belchäftigt! Wie
nun aber die Verbindung der Denkmalpflege mit dem lebendigen Geilt der
Zeit hergeftellt werden könne, das berührte der Redner nicht mehr. Leider . . .
denn dadurch wurde das grundlegende Mißverftändnis möglich, daß nicht über
die Frage debattiert wurde, wie wird grundfätzlich Denkmalpflege und Gegen-
wart in lebendige Beziehung zueinandergebracht, fondern darüber: wie ift
Verbindung mit dem Zeitgefchmach möglich. Diefe letzte Frageftellung aber
beantwortete fich durch den bloßen Hinweis auf den Wandel des Gefchmadcs
negativ. Die richtig gefaßte Frage forfcht nach dem praktifchen Sinn der Denk-
malpflege, und ihre Beantwortung fleht und fällt mit der Beantwortung der
Kardinalfrage nach dem Sinn der Kunflgefchichte und der Gefchichte überhaupt.
Denn — es fei nochmals betont — es handelt fich nicht um Denkmale, die
der Kunft- oder Kulturrichtung der jeweiligen Gegenwart fubjektiv verwandt
und gefühlsmäßig als folche erfaßt und deshalb geliebt werden,- fondern es
handelt fich um den dauernden und objektiven Gegenwartswert der Denk-
male überhaupt. In diefem Sinne find Denkmale gleichfam eine Illuftration
zu den Gefchichtswiflenfchaften und fallen unter deren Rubrik. Die Grund-
frageftellung lautet alfo: welchen Sinn hat Gefchichtswiflenfchaft. Dazu hier
nur folgendes:
Man wird zunächfl der Gefchichte eine Eigenfchaft zubilligen müflen,
die man mit dem Namen des »Menfchheitsbewußtfeins« charakterifiert hat.
Durch die Gefchichte erkenne der Menlch das Vorhandenfein der Gattung
Menfch und feine Stellung im Dafein. »Die Gefchichte allein bleibt unaus-
gefetzt auf dem Schauplatz, eine unfterbliche Bürgerin aller Nationen und Zeiten.«
 
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