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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (Oktober-März)

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Nr. 3
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.37098#0070

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44

Ausfeilungen

zum erftenmal vollftändig ausgeftellte Folge
von zehn Radierungen, die Fritz Silber®
bauer zu der Dichtung Hofmannsthals:
»Der Tor und der Tod« gefchaffen hat,
große Aufmerkfamkeit. — Fritz Silber®
bauer, von feinem Lehrer Schmutzer an®
geregt, hat fchon im Jahre 1913 mehrere
Kohlezeichnungen zu diefem Werke ge®
fchaffen. In der damaligen Schulausftellung
wurden vier Blätter vom Oberftkämmerer®
amt zur Drucklegung im Radierungsver®
fahren erwählt. Der Künftler, der als
Frontoffizier am Kriege teilnahm, vollen®
dete das Werk erft im Jahre 1921, und
wurde vor kurzem mit dem Preife des
Landes Steiermark ausgezeichnet. Heute
arbeitet Silberbauer an der Illuftrierung
von Ibfens Peer Gynt. R. Graf
*
Herblt aus ftellung im Hagenbund,
Wien
Die Hauptrolle fpielen die Kollektiv®
ausltellungen von O. Laske, Heinrich Re®
vy und Leopold Seibold. Befonders Laske
ift nach verfchiedenen Seiten hin beleuchtet,-
eine Fülle von Aquarellen zeigen das Iti®
nerar einer Italienreife, um das ich ihn auf®
richtig beneide,- drei große Kompofitionen
geben die herzliche Märchenftimmung, fo
ftark aus Erlebtem gefchöpft, daß fie un-
bedingte Wahrheit wird,- Proben aus Skiz-
zenbüchern und aus der überfprudelnden
Illuftration von Nefiroy's Theaterftück »Zu
ebener Erde und erfter Stock« (Verlag der
Staatsdruckerei> leiten zu den graphifchen
Blättern über, die italienifche Anregungen
ins Phantaftifche ausreifen ließen. Auch
in den Aquarellen verfocht es Laske bis-
weilen, die Hiltorie in die Gegenwart zu
tragen/ feinen völlig momentan gefehenen
Veduten mit den beiläufigen Schräganfichten,
wie fie fich dem flüchtigen Spaziergänger
verzerren, gibt er eine Quattrocentoftaffage.
Der Verfuch fcheint mir bisher nicht ge®
glückt, ich möchte da Laske's eigene Kri®
tik anführen, der die Wirkung diefes Ex®
perimentes, den Banalitäten des heutigen
Alltags, in der köfilichen Folie der hifto®
rifchen Architektur Italiens auszuweichen,
fehr glücklich mit dem Kino verglichen
hat. Die Löfung ilt gewiß noch nicht aus-
gereift,- leider aber fchon ausgeftellt.
Revy, der immer nur ein oder zwei

Bilder zeigte, aber dann wirklich durch die
Konzentration zu überrafchen wußte, gibt
diesmal das ganze Laboratorium, aus dem
er die fonft dargebotene Quinteflenz deltil-
liert. Vom kunftpfychologifchen Stands-
punkt ift folch ein Atelierbefuch anregend,
ob das Publikum viel Gewinn daraus zieht,
möchte ich bezweifeln. Das glücklich er®
faßte Motiv — kleine Teiche in Vogel®
perfpektive —, wird aus der fchon öko®
nomifch zufammengedrängten Farbenim®
preffion auf die Prokruftesbetten aller mög*'
liehen Formate gefpannt, um im großen
dekorativen Ornament die letzte Gefetz®
mäßigkeit zu belegen, Eine große Gruppen®
kompofition, die mythologifche Jägerinnen
beim Halali darltellt, hat eine gewiße Kraft
und Schönheit, die mir aber abgequält und
unfrifch erfcheint, allzu fehr das immer
wieder überlegte Programm durchfühlen
läßt.
Zu Seibold konnte ich kein Verhält®
nis gewinnen/ die Holzfchnitte, die er aus-
ftellt, fcheinen mir doch noch zu ftark im
Holz zu ftecken, als daß fich ein anderer
Eindruck als der undeterminierter Unruhe
daraus löfen könnte.
Neben diefen Hauptfpielern treten die
kleinen Rollen zurück,- fie wirken unein®
heitlich — nicht nur nach der Richtung,
leider auch durch die Qualität. Von Purt-
fcher melodilch gruppierte Pferde, wie immer
gefchmackvoll aber leider auch wie immer,-
von Haufer ein paar figurale Szenen, in
denen er mit aller Kraft aus feinem Mangel
an malerifcher Kultur eine Tugend des ge®
fteigerten Ausdruckes machen möchte,- von
Bohumil Kokofchka ein Frauenbildnis, an
dem neben dem Rot der Blufe nur der
Name des Künftlers eindringlich ift. Wenn
Boh. K. nicht der Bruder O. K7s. wäre,
fo daß wir annehmen müßen, daß er aus
erfter Hand fchöpft, fo könnte das Bild
wie ein Ableger Tifchler's erfcheinen. Ein
paar gute Zeichnungen von Groß, ein paar
gute Skulpturen von Humplik ufw. — Im
ganzen ift die Ausftellung nicht fo anre®
gend, wie wir es vom Hagenbund ge®
wohnt find. Sie macht den Eindruck, als
wäre fie fchnell für die Meße zufammen®
geftellt worden, vor allem ohne Jury, z. T.
fogar ohne Selbftkritik. E. T.=C.

 
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