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Kunstwart und Kulturwart — 26,3.1913

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Heft 13 (1. Aprilheft 1913)
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Weber, Ernst: Harmonische Bildung
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14286#0043

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entwächst der Gesamtkultur, und Gesamtkultur muß Pflege finden,
wenn die Welt der Kunst kulturgestaltend wirken soll. So wrrd auch
jeder Fachmensch nach Azrsweitung seiner engen Sonderbildung stre-
ben und am Ende, sofern er sich sein Vollmenschentum wahren
möchte, doch zu einer Art harmonischer Bildung gelangen.

Was früher zu Beginn der pädagogischen Maßnahmen angestrebt
wurde, das winkt nun als Abschluß der Selbstbildung. Mcht der
Bildungs i n h a l t ist demnach neu, sondern nur der Bildungs w e g.
Harmonische Bildung und individuelle Bildung sind nicht unverein»
bare Gegensätze, die sich letzten Endes ausschließen müssen; indivi-
duelle Bildung und harmonische Bildung können sich vielmehr ver-
schmelzen, wo immer eine starke Persönlichkeit nach geistiger Welt-
eroberung strebt. Zwar wird aus der endlich erreichten tzarmonie
jene Zentralkraft immer als herrschende Dominante herausklingen,
aber nicht als einzelnes dissonierendes Intervall, sondern als Trä--
ger der Vollakkorde im Liede echter, reicher Menschlichkeit.
München ErnstWeber

Lose Blätter

Die Hafenfeier

von Richard Dehmel

^^^om stillen Hafen singt manch kleines Lied;

^Hafen der Weltstadt, bist du jemals still?

^ O großer Braus der Anruhe, wenn schrill
werktags die Dampfbootschwärme, Fähren, Schlepper, Iollen
Signale kreischend durchs Sprühwasser tollen,

Rauchwolken durchs Gestarr der Maste rollen,
durchs Möwengetümmel um Schlot und Spriet.

Fremder, dann stehst du zuerst wie irr,

spürst nicht das Werk, das da wachsen mag,

nicht von den Werften herüber den Dakt im Hammerschlag,

nur das Gekrach und Gerassel, Geklirr, Geschwirr,

und ziellos fragt dein Blick ins Gewirr:

wird je auf Erden noch Feiertag?

Bis du erschüttert vermeinst, daß eisenhart
die ganze Menschheit im Arbeitskleid
von allen Vrückengeländern dir Antwort schreit;
und vor dem starken Schall der Gegenwart
verstummt dein Ruf nach ewiger Seligkeit.

Sieh dort: der schlichte Mann in der Barkasse,
die unscheinbar vom wimmelnden Kai abschwenkt,

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Kunstwart XXVI, 13
 
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