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Kunstwart und Kulturwart — 26,3.1913

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Heft 14 (2. Aprilheft 1913)
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Malzan, ...: Ein Justizmord?
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14286#0139

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dieser, der sich vergeblich um ein Wiederaufnahmeverfahren bemüht, nichts
anfangen können, da die Widerrufe erst Gültigkeit erlangten, wenn die
betreffenden Zeuginnen rechtskräftig wegen Meineid verurteilt würden!
Natürlich setzten sie sich einer solchen Gefahr nicht aus, widerriefen viel-
mehr, als ihnen die Meineidsklage drohte, ihren Widerruf. Solche Wider-
rufe mögen nicht viel wert sein, aber die widerrufenen Aussagen vor
Gericht können dann nicht viel mehr taugen. Wenn Zeugen während
einer Gerichtsverhandlung vorgeworsen wird, daß sie früher anders aus-
sagten, so glauben manche, sich eine Blöße zn geben, wenn sie nicht zur
alten Rnwahrheit zurückkehren. In diesem Falle brauchte zudem keine
der Belastungszeuginnen zu befürchten, daß ihr eine Anwahrheit nach-
gewiesen werden könne.

Man nehme nun einmal an, Bock sei unschuldig verurteilt worden:
welch großes Anrecht wäre ihm dann widerfahren, ohne daß er dafür
Genugtuung erlangen könnte. Die verbüßte Gefängnisstrafe ist noch das
Wenigste. Lr hat sein Amt nach dreißigjähriger, anerkannt vorzüglicher
Wirksamkeit verloren. Er hat während der Antersuchungshaft einen
Blutsturz erlitten, der seine Gesundheit schwer erschütterte. Lin Sohn von ihm
hat sein Studium unterbrochen und ist Schiffsjunge geworden. Seine Frau
hat sich von ihm scheiden lassen, um eine SLelle als Lehrerin bekleiden
zu können. An all dem Unglück aber wären nur die Fehler unsrer
Strafprozeßordnung schuld, die die Voruntersuchung Falsch- und Mein-
eide geradezu ausbrüten läßt. Malzan

Aus Arno Holzens Werken

^Arno Holzens erste Gedichte, das „Buch der Zeit", das im Banne
alter Formen und damals (M5) hochmodernen Denkens geschaffen war,
hatte in literarisch interessierten Kreisen einen großen Grfolg; es wurde
auch noch nicht gleich wieder still von Holz. Die mit Schlaf gemeinsam
herausgegebenen Bücher „Papa Hamlet" (jetzt in der Sammlung „Neue
Gleise", Berlin, Fontane) und „Familie Selicke" erregten großes Auf-
sehen, vorab durch die unerhörte Naturtreue der Darstellung. Das zuletzt
genannte Vühnenstück errang sogar noch des alten Theodor Fontane
warme Anerkennung. Viele Fahre später, nachdem Holz sich lange mit
Gelderwerbarbeiten hatte behelfen müssen, erschienen seine „Sozial-
aristokraten" (in Kommission bei Mänicke u. Iahn), eine Komödie, „das
erste einer großen Reihe von Bühnenwerken, die, wie ihr Gesamttitel
»Berlin. Die Wende einer Zeit in Dramen« bereits andeutet, zusammen-
gehalten durch ihr Milieu, alle Kreise und Klassen spiegelnd, nach und
nach ein ümfassendes Bild unserer Zeit geben sollen". Das Stück hatte
wenig Erfolg und wurde nicht einmal aufgeführt. Lrotzdem trat Holz,
noch unentmutigt, (898 und (899 mit seiner „Phantasus"-Lhrik auf den
Plan. Hatte er nach seiner Meinung schon durch die vorherigen Bücher
für die Dramatik die „Entwicklungsmöglichkeit" geschaffen, die „in die
Zukunft sühren" konnte, so glaubte er durch diese Gedichte für die Lhrik
ebenfalls den notwendigen neuen Weg zu weisen. Ärotz einzelner warmer

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