Kunstwart und Kulturwart (26,3.1913)

„IetzL aber, was dich betrifft, wer von den Göttern wird dich zu sich
daß du das Leben findest, das du suchst?" jcherufen,

Er befiehlt Gilgarnesch, sechs Tage und sieben Nächte zu wachen. Hat er
so den Schlaf überwunden, so kann er auch den Tod überwinden. Doch
gegen den wie ein Orkan bläst der Schlaf an. Nt--napischtinr lacht, sein
Weib ist mitleidig und sucht ihn wach zu halten — umsonst. Ut-napischtim
befiehlt ihm, zurückzukehren, aber auf die Bitte seines Weibes gibt er
ihm noch ein Geheimnis preis: das Lebenskraut auf der Tiefe des
Meeres. Gilgamesch bindet Steine an seine Füße, taucht unter. Er findet
das Kraut, schneidet die Steine von sich. Er jubelt, er selbst will es essen
und die andern essen lassen, das Kraut, dessen Name ist:

„Als Greis wird wieder jung der Mensch."

Er macht unterwegs einen Halt, um zu baden. Eine Schlange riecht den
Duft des Krautes. Sie frißt das Kraut.-

Wir haben uns zu lange verweilt. Am so kürzer der Schluß, obwohl
er mit zum Eindrucksvollsten gehört: Mle Versuche sind gescheitert, nur
eins bleibt übrig: Engidu selbst heraufzubeschwören, um wenigstens Be-
scheid zu erhalten über das Todesschicksal. Nach vielen Hindernissen ge-
lingt es. Mit einer schaurigen Kunde vom Leben in der Unterwelt schließt
das Epos.

Ich habe den Bericht nicht unterbrechen mögen. Dem Leser werden
mancherlei Vergleiche gekommen sein auch außerhalb des Sintflutberichts.
Er wird auch etwas von der hohen Kunst dieser Dichtung verspürt haben.
(Greßmann gibt mancherlei Hinweise darauf.) Er wird auch davon etwas
verspürt haben, daß hier in dieser Geschichte von dem, der auszog, das
Leben zu suchen, bereits der Herzschlag des Lebens pulst, das sich bis heute
nie genug sein ließ mit dem, was erreicht war, der Herzschlag dessen, was
wir Abendländer Religion nennen lernten.

Es hat etwas Großes, zu fehen, wie so am Anfang der Geschichte in
Riesengestalten in die Dämmerung geschrieben die Aufgabe steht: das Leben
zu suchen...

„Gilgamesch, wohin läufst du? Das Leben, das du suchst, findest du nicht."
Orient und Okzident haben sich über diesem Programm geschieden. Der
Orient hat verzichtet, und weil er den Tod nicht überwinden lernte, hat
ihn der tiefe, vieltausendjährige Schlaf des Laotse und des Buddha ange-
blasen.

Er entschloß sich zu sterben, ob er gleich lebte, zu sterben, um nicht zu
werden. Das Abendland fand die umgekehrte Lösung, fand das „Stirb
und werde!" Wo ist die Wahrheit? Der Müde wird anders antworten,
als der Iugendfrische, und wir sind jung und suchen das Kraut, des Name
ist: „Als Greis wird wieder jung der Mensch." Bonus

Landerziehungsheime

Was sie sind und was sie werden könnten

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genug der geschichtlichen Vergleichung. Alt oder neu, das
iLanderziehungsheim ist da, es lebt und gedeiht. Es wuchert, muß
man fast sagen. Denn was da alles im Reklamenteil unsrer Zeit-
schriften sich als Landerziehungsheim, Landheimschnle, Landheim, Schul-

Kunstwart XXVI, (5