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Kunstwart und Kulturwart — 26,3.1913

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Heft 14 (2. Aprilheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14286#0188

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eigne Wirken nrit fortreißt. Wohl
dem, der einen Lebenden findet, dem
er sich anschließen, an dem er wer«
den kann. Wer dies Glück aber ent--
behren muß, mag sich mit der Ge--
wißheit Lrösten, daß die großen
Geister der Vergangenheit in ihren
Werken lebendig sind, und daß für
jeden, der eintreten will, der er-
lesenste Kreis versammelt ist und
immer bereit steht, ihn zu vertrau-
ter Gemeinschaft zu empfangen."

Paul Cauer
Diese Worte waren „unmodern",
als sie in einem Vortrag vor zwan--
zig Iahren gesprochen wurden. Im
Iahre l9^3 sind sie es kaum weniger,
urrd deswegen stehen sie hier. Wir
entnehmen sie einem Sammelbuch
„Aus Beruf und Leben, Heim-
gebrachtes von Paul Cauer", das
kürzlich bei der Weidmannschen
Buchhandlung in Berlin erschien.
Es enthält kleine Abhandlungen,
Vorträge, Schulansprachen und An-
dachten unter den Werschriften

„Denkart", „Dichtkunst", „Männer",
„Erziehung" und „Lebensfragen".
Pädagogik, deutsches Schrifttum und
klassisches Altertum sind die Gegen-
stände, die es betrifft. Der bekannte
Verfasser gehört zu jenen Philo-
logen, denen mit ihrem Willen
nichts Menschliches fremd blieb;
eine reiche und wirksam gewordene
Erfahrung verbindet sich in seinem
Werk einer ruhigen Kraft des
sprachlichen Ausdrucks. Wie bei
manchen Bltphilologen ist dieser
eng, gedrängt, blumenlos, er mutet
gelegentlich wohl an, als enthielte er
nicht allzuviel. Ie mehr man sich
aber in Gedanken und Fühlungen
des Verfassers einlebt, um so deut-
licher wird, daß kein Satz und kaum
ein Wort darin außerhalb eines
tiefen, erlebten Zusammenhanges
steht, einer Lebensanschauung, wie
sie nur der „Persönlichkeit" im
besten Begriffe erreichbar ist. Mö»
gen Viele dieses Wertes Leilhaft
werden! S

Ansre Bilder und Noten

eder kennt den seltsamen Eindruck, wenn man durch ein Fenster
tanzen sah, ohne die Lanzmusik zu hören. So hat Ludwig Putz
seinen Kanonenkampf gesehn, wie das unser steindruckartiges Bild
vor dem Heft wiedergibt, und so faßt jeder Maler die Natureindrücke auf,
dem es nur ums Malerische zu tun ist — er sieht das, aber er hört
es nicht. Der Maler-Poet dagegen würde anders vorgehn, ein Haug
beispielsweise: er würde den Ausdruck der Bewegungen hier, wo das
körperliche Ohr nichts hören kann, unwillkürlich und vielleicht unbewußt
verstärken, damit das geistige um so mehr zu Assoziationen angeregt
werde. Putz dem Maler ist die Kampfszene ein schönes Miteinander
von Blau, Braun, Rot, Orange, Grün und Grau, damit gut, er gibt
ein schweigendes Bild. Aber Putz der Mensch ließ sich doch nicht aus-
schalten, und der hatte natürlich von einem Kampfe von vor hundert
Iahren seine lebendigen Vorstellungen. Sehen wir uns gelassen in das
Bild hinein, so kommt hinter dem Farben beobachtenden Maler der an
Kämpfen interessierte Mensch hervor, eine recht eigentümliche Stimmung
wächst und wächst energisch, und ihr Endergebnis ist zwar kein „Effekt",
aber ein eindringliches „Wirken" gerade aus dem „Leisen" heraus. So
wird auch bei einem Künstler, der mit seiner artistischen Weise gar nicht
auf Seelisches schildernde Kunst ausgeht, das „schweigende" Bild doch

Kunstwart XXVI,
 
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