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Kunstwart und Kulturwart — 26,3.1913

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Heft 18 (2. Juniheft 1913)
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Corrach, Heinrich: Vom guten Schulbuch
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14286#0478

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Lesebu ch", herausgegeben und verlegt von der Gesellschaft der Freunde
des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens in Hanrburg. Es be-
steht aus sechs Bänden, die den Altersstufen angepaßt sind. Lrotz des
Bestrebens nach einem sür Norddeutschland überall möglichen Lesebuch
spürt man in der Auswahl doch, daß die Herausgeber vor allem Ham-
burger waren. Das Wertvollste ist, daß nicht nur „Proben" und „Häppchen"
aus der Literatur geboten werden, sondern vollständige Erzählungen.
So enthält der vierte Leil den ganzen Robinson, erzählt von Otto Ernst.
Später kommen dann Novellen von Storm, Rosegger, Freytag, von der
Ebner-Eschenbach und anderen. Ferner hat man alles nicht Literarische
ausgeschaltet; Schilderungen aus der Technik etwa, aus Natur oder Ge-
schichte gehören, sagt man, nicht ins Lesebuch, sondern in die Anter-
richtsbücher der einzelnen Fächer. Prosa und Poesie sind streng ge-
sondert. Die einzelnen Stücke sind fast durchweg nach den Verfassern
geordnet, auch die Gedichte. Die Auswahl der einzelnen Stücke befrie-
digt uns nicht restlos, die Anordnung nach Autoren erscheint uns oft allzu
schematisch; grundsätzlich aber bedeutet dieses Lesebuch einen großen Fort«
schritt über das bisher Äbliche hinaus. St.

Lofe Blätter

Aus einer nachgelaffenen Dichtung Friedrich Huchs

Nach der HandschrifL

sDas letzte Werk Friedrich Huchs, an dem er noch während seiner
Krankheit mit Eifer arbeitete, bezeichnete er selbst als den „Branconi-
Roman", nach der schönen Geliebten des Erbprinzen Larl von Braun-
schweig, die zusammen mit dem Prinzen selbst im Vordergrunde des
Romans steht. Huch hatte eifrige Studien getrieben und gegen seine
Gewohnheit eine größere Zahl wissenschaftlicher Bücher zusammengebracht,
aus denen er sich ein Bild der Zeit des Iahrhunderts schuf. Die
rasche Mederschrift, nach der wir hier Proben veröffentlichen, war die !
erfte; zweifellos hätte er an ihr noch viel geändert, er betrachtete sie
als seinen ersten Versuch, sich in der Welt dieses Romans heimisch zu
machen, und der Intuition sollte die künstlerische Selbstkritik folgen.
Wer scharf blickt, wird dies auch an Satzbau und Auftrittfolge bemerken
können. Am so erstaunlicher, wie leibhaft, stark und klar umrissen
doch schon alles erscheint! Eine künstlerische Intuition war hier am
Werke, die Kritik erlaubte und begreiflich erscheinen läßt, aber doch auch
wieder fest und sicher ihrem Ziel nachgeht. Von der glänzenden Eröff-
nung, wo sich in Venedigs festlichem Treiben die beiden für einander
BesLimmten treffen bis zu der seltsam starken Szene, da die spielerische
Gemahlin des Prinzen mit seiner Geliebten zusammen den alten Feld-
herrn und seine ungewöhnliche Schlafkammer besucht, von der leise die
Heimatliebe widerklingenden, zarten, von einer starken ALmosphäre der
Liebe durchwehten Schilderung des alten braunschweigischen Palais zu
der lächelnden Darstellung der Schrullen des herzoglichen Gartens —
alles das lebt schon so intensiv und ist so voll vom Glanz einer großen
Liebe adliger Seelen, daß man meinen möchte, dieser wundersame Reiz
einer ersten Fassung könne kaum noch gehoben werden.

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