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Kunstwart und Kulturwart — 26,3.1913

DOI issue:
Heft 15 (1. Maiheft 1913)
DOI article:
Buschmann, Johannes: Der Unternehmer und das Qualitätsprinzip im Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.14286#0224

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der Arl und manchnral auch der Zahl seiner künstlerischen und gewerb-
lichen Hilfskräfte ab. Es kommt natürlich auch vor, daß ein Betrieb —
sei es nun mit seiner ganzen Erzeugung oder einem Teil davon — sich
soweit qualitativ nach unten oder oben entwickelt, daß er damit in das
Bereich andrer Bedarfsschichten gerät. Ob er sich dort behaupten kann,
entscheidet sich dann eben wieder nach den dort herrschenden Wett--
bewerbsverhältnissen und den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, sich
ihnen anzupassen. l

Die Entwicklung innerhalb dieses Rahmens steigt nun im einzelnen
keineswegs, wie man vielleicht annehmen könnte, Stufe um Stufe. Die
Beobachtung zahlreicher, und zwar gerade der am meisten tätigen Be-
Lriebe zeigt vielmehr, daß zunächst oft einem äußersten Wertideal
nachgestrebt wird, daß also der Betrieb für eine derjenigen Bedarfs-
schichten arbeitet, die in ihren qualitativen Ansprüchen am weitesten
fortgeschritten sind. In der Regel kommt der Betrieb dabei Lrotz aller j
Erträge über einen verhältnismäßig geringen Amfang nicht hinaus. !

Steckt er sein Ziel zu hoch, so kommt er nicht einmal so weit, geht ev !

wohl gar bald zugrunde. Ist aber eine bescheidene, doch auskömmliche
Stellung auf Grund von Wertleistungen gesichert, dann vollzieht sich
häufig eine Entwicklung nach unten. Der Betrieb bedarf der Aus-
dehnung, und da diese auf der bisher innegehaltenen hohen Wert-
ebene nicht oder nur in ganz unbedeutendem Maße möglich ist, so
wendet er sich eben an eine der breiteren Bedarfsschichten weiter unten !
und stellt, wenn nicht seine ganze Produktion, so doch einen Leil davon !
auf sie ein. Dabei wird er innerhalb der nun gewählten BedarfsschichL !

in der Regel den Wettbewerb durch Oualität, nicht durch Preis--

unterbietung bestehen. Einige Beispiele: Ein Luxusmöbelbetrieb ist an
der Grenze seiner Ausdehnungsmöglichkeit angelangt. Lr geht teilweise
zur Massenmöbelfabrikation minderer Vollkommenheit über, wendet sich
damit natürlich an einen ganz anderen Verbraucherkreis, bietet dem
aber im Verhältnis zu dessen früherer Versorgung etwas qualitativ !
Besseres, das freilich an die anfängliche Luxusproduktion des Betriebs
nicht heranreichen kann. Der Fall illustriert zugleich die R.elativitäL des
ganzen Prinzips. Entsprechende Beispiele lassen sich anführen für den
Buchdruck, auch den Buchverlag, für die Fabrikation von Metallgeräten
und anderes.

Das volkswirtschaftlich BedeuLsame dabei ist dies: Was für den
einzelnen Betrieb in diesen Fällen eine Qualitäts--
minderung bedeutet, ist für die gesamte kunstgewerb-
liche Produktion eine Oualitätssteigerung. Denn ver-
drängt werden Fabrikate, die jedenfalls unterhalb der bisher eingehal-
Lenen untersten Äualitätsgrenze lagen.

Eine derartige Entwicklung ist allerdings nur da festzustellen, wo die k
Persönlichkeit des Betriebsleiters über den Bereich des Kunsthandwer-
kers alten Schlags hinausgewachsen ist. Es ist typisch, daß dieser, dessen
ganze Erzeugung gewöhnlich auf seiner persönlichen Kunstfertigkeit ruht,
zwar einer bewunderungswürdigen Steigerung seiner Leistungen in tech-
nischer und künstlerischer Hinsicht fähig ist — oft unter erheblichen mate- «
riellen Opfern — , daß er aber, soweit meine Beobachtungen reichen, j
eigentlich niemals die Entschlußkraft hat: einen Mittelweg zwischen ^

18^ Kunstwart XXVI, ^
 
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