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Lavater, Johann Caspar; Reich, Philipp Erasmus [Bearb.]; Steiner, Heinrich [Bearb.]; Weidmanns Erben und Reich [Mitarb.]; Heinrich Steiner & Comp. [Mitarb.]
Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe (Band 3) — Leipzig: Weidmann und Reich, 1777 [VD18 9019747X-ddd]

DOI Kapitel:
Des dritten Bandes der physiognomischen Fragmente vierter Abschnitt
DOI Kapitel:
Viertes Fragment
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Charakter der Handschriften.

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Wie mit dem menschlichen Körper; so mit den Leidenschaften, und dem Charakter der
Menschen. Alle sogenannte Triebe, Fähigkeiten, Neigungen, Leidenschaften, Handlungen — Jeg-
liche von jeglicher verschieden, und jede jeglicher ähnlich, keine der andern widersprechend, obgleich
oft äußerlich widersprechend, alle zusammen verschworen; ein Complot! das treuste, das sich geden-
ken läßt! Die Aeußerungen und Effekte davon können kontrastiren; können vielleicht neben einander
zugleich nicht bestehen; aber die Quelle dieser Aeußerungen im Grunde nur Eine und ebendieselbe.
Ohne dieß weiter zu entwickeln, oder zu beweisen; — werd' ich nun wohl weiter gehen/
und ohne Besorgniß eines Widersprechers behaupten dürfen:
Daß alle körperliche Bewegungen des Menschen sich nach seinem Temperamente und sei-
nem Charakter — modifiziren; daß jede Bewegung des Klugen anders ist, als dieselbe Bewegung
des Unklugen; daß der Choleriker anders schreitet, und sich trägt, als der Phlegmatiker ; der San-
guiniker anders, als der Melancholiker. -—»Daß, (ich glaube Sterne sagt's, oder Delübrüyere?)
»der Weise seinen Hut ganz anders von der Stelle nimmt, wo er ihn hinlegte, als der Thor." —
Ferner — daß unter allen Bewegungen des menschlichen Körpers keine so manm'chfaltig
sey, als die der Hand und der Finger.
Und unter allen Bewegungen der Hand und der Finger kerne so mannichfaltig, als die, wel-
che das Schreiben verursacht. Das einfachste Wort, das so bald hingeschriebcn ist, wie viele verschie-
den angelegte Punkte enthält es! aus wie mancherley Krümmungen ist es zusammen gebildet!
Ferner — ist offenbar, daß jedes Gemählde, jede Figur im Gemählde, und für den Ken-
ner und Beobachter, jeder Zug den Charakter seines Meisters hat.
Kein einziger Zug aus einem Kupferstich von Wille hat den vollkommenen Charakter ir-
gend eines einzigen Zuges aus einem von Schmidt.
Laßt hundert Mahler, laßt alle Schüler eines und desselben Meisters dasselbe Bild nach-
zeichnen, und alle Copieen dem Original auffallend ähnlich seyn — Jede Copie wird dennoch sicher-,
lieh einen eigenthümlichen Charakter, den Charakter ihres Verfassers, wenigstens eine Tinktur
davon haben.
Die Sache bedarf keines andern Beweises, als des bloßen Anschaucns. Sollte
dieses von den Zeichnungen und Figuren, die man Handschriften nennt, weniger wahr seyn?
Wird
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