266 X. Abschnitt. XI. Fragment.
Eitftes Fragment.
Carl Borromäus.
Des III. Dan-E»l Mann, wie der — soll also so ein Gesicht haben?
Tafeü^v* Und da dleß Gesicht sehr ähnlich/ sein Charakter sehr bekannt ist — so Lst's Lust/
hier zu physiognomisiren.
Daß es ein religiöses Gesicht ist, ist, wie mich baucht, auffallend-
Form und Miene — stimmen zusammen.
So also sieht ein Mann aus—der in seinem 2z. Jahre — Erzbischof und Cardinal wurde,
und es zu werden verdiente; der mit einer kaum begreiflichen Würksamkeit alle Punkte seines uner-
meßlichen Berufs auszufüllen schien: So der Stifter so mancher großer, weitwürkender, dauren-
der Anstalten; ein unermüdeter Lehrer, und ein immer gleich hellleuchtendes Beispiel der Religion
und Tugend — der seine natürlichen und positifen Kräfte — mit fo edler Einfalt, fo ruhiger Leich-
tigkeit — beyden, und beyden allein aufopferte. So mit Geiste gesalbt ist ein Gesicht — das eim
Seele belebt, die lauter Glaube, Hoffnung und Liebe zu seyn scheint. So blickt das Auge des
Menschenforschers und Menschenkenners, der jedem das Geschäffte aufträgt, das ihm zukömmt —
das Auge des Physiognomen. Nicht das Auge des scharfen, Glied an Glied reihenden — Philo-
sophen — aber das Auge des schnellen und doch ruhigen Festhalters und Beobachters alter ihm be-
gegnenden , seinen Zwecken so dienlichen, Gestaltem Und dann — welche Demuth — in diesem
Gesichte -- in diesem Charakter! — Planmachend, Planausführend — aber nichts weniger, als
erstürmend ist dieser Blick, diese Form des Auges, dieser Stirnbogen. Von diesem letztem möcht'
ich MligionMnie abstrahiren — aber Religionslinie — die eben so leicht zur Aengstlichkeit her-
ab, als zur stillen Gottesfreude und Himmelshoffnung hinaufstimmen kann.
Durchscheinend daucht mir das härmliche Kasteyen, Fasten, Abharten — durchscheinend,
der bey aller weit verbreiteten GeM^ in sich gegenwärtige Geist. —
Auf dem Munde schwebt innere Festigkeit, Klugheit, Keuschheit, Bescheidenheit; und
die Nase — von welch entscheidendem Charakter ist diese!/
So
Eitftes Fragment.
Carl Borromäus.
Des III. Dan-E»l Mann, wie der — soll also so ein Gesicht haben?
Tafeü^v* Und da dleß Gesicht sehr ähnlich/ sein Charakter sehr bekannt ist — so Lst's Lust/
hier zu physiognomisiren.
Daß es ein religiöses Gesicht ist, ist, wie mich baucht, auffallend-
Form und Miene — stimmen zusammen.
So also sieht ein Mann aus—der in seinem 2z. Jahre — Erzbischof und Cardinal wurde,
und es zu werden verdiente; der mit einer kaum begreiflichen Würksamkeit alle Punkte seines uner-
meßlichen Berufs auszufüllen schien: So der Stifter so mancher großer, weitwürkender, dauren-
der Anstalten; ein unermüdeter Lehrer, und ein immer gleich hellleuchtendes Beispiel der Religion
und Tugend — der seine natürlichen und positifen Kräfte — mit fo edler Einfalt, fo ruhiger Leich-
tigkeit — beyden, und beyden allein aufopferte. So mit Geiste gesalbt ist ein Gesicht — das eim
Seele belebt, die lauter Glaube, Hoffnung und Liebe zu seyn scheint. So blickt das Auge des
Menschenforschers und Menschenkenners, der jedem das Geschäffte aufträgt, das ihm zukömmt —
das Auge des Physiognomen. Nicht das Auge des scharfen, Glied an Glied reihenden — Philo-
sophen — aber das Auge des schnellen und doch ruhigen Festhalters und Beobachters alter ihm be-
gegnenden , seinen Zwecken so dienlichen, Gestaltem Und dann — welche Demuth — in diesem
Gesichte -- in diesem Charakter! — Planmachend, Planausführend — aber nichts weniger, als
erstürmend ist dieser Blick, diese Form des Auges, dieser Stirnbogen. Von diesem letztem möcht'
ich MligionMnie abstrahiren — aber Religionslinie — die eben so leicht zur Aengstlichkeit her-
ab, als zur stillen Gottesfreude und Himmelshoffnung hinaufstimmen kann.
Durchscheinend daucht mir das härmliche Kasteyen, Fasten, Abharten — durchscheinend,
der bey aller weit verbreiteten GeM^ in sich gegenwärtige Geist. —
Auf dem Munde schwebt innere Festigkeit, Klugheit, Keuschheit, Bescheidenheit; und
die Nase — von welch entscheidendem Charakter ist diese!/
So