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Lavater, Johann Caspar; Reich, Philipp Erasmus [Oth.]; Steiner, Heinrich [Oth.]; Weidmanns Erben und Reich [Contr.]; Heinrich Steiner & Comp. [Contr.]
Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe (Band 3) — Leipzig: Weidmann und Reich, 1777 [VD18 9019747X-ddd]

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Des dritten Bandes der physiognomischen Fragmente neunter Abschnitt
DOI chapter:
Erstes Fragment
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A ll g e m e l il e
Dichter ist Mahler und Musiker zugleich, und mehr als keyde zusammen.
Unzählige Wesen und Geistigkeiten kann kern Mahler nachfarben, oder nachzeichnen
kein Musiker nachtönen — die der Dichter aus Seele in Seele geben kann.
Schall des Dichters ist Musik in Prosa.
Gedanke des Mahlers ist Dichterey im Geiste.
Wer ist Dichter? der Versebilder? Wortfarber? Teppichen gleich Gedankenausspan-
ner? Bildergeber? — Bardenphraseologe? — aber, siehe! das Bild, das er hertönt, hat we-
der Materie noch Form — weder Knochen noch Fleisch; weder Farbe noch Seele — und wenn
Geistigkeit keinen Körper bekömmt, nicht Unsichtbarkeit sichtbar wird—wo dann die Dichtung? —
da, wo die Mahlerey ist, wenn der Mahler statt farbiger Gestalten den wMührlichen Namen
hinsetzt — doch, welcher Mahler ist unsinnig genug, das zu thun, und dieß Geschaffte Mahlerey
zu nennen — und doch wie viel hochberühmte Dichter, und Dichter mit achter Dichtungskraft
thundas! „daß Anfang und Vollendung hebt den donnernden Fuß!" das heißt: Fürs Ohr —
blitzen? fürs Auge -— donnern? Sind das Dichter? welchen Namen wollen wir ihnen ge-
ben? Namen müssen sie doch haben. Prosaisten mW flache Köpfe sind's gewiß nicht — Nun! mit
dem Namen sey's noch dahin gestellt — Es ist doch wenigstens ein Talent — Göttersprache zu
sprechen .. Aber — Dichter?..
Wer ist Dichter?.. Ein Geist, der fühlt, daß er schaffen kann, und der schafft — und
dessen Schöpfung nicht nur ihm selbst innig, als sein Werk gefallt, sondern von dessen Schöpfung
alle Zungen bekennen müssen— „Wahrheit! Wahrheit! Natur! Natur! wirschen, was wir
„nie sichen, und hören, was wir nie hörten — und doch was wir sehen und höben, ist Fleisch von
„unserm Fleisch, und Gebein von unserm Gebeine." —
Nicht beleidigen will ich, aber — wie kann ich unbeleidigend fragen: Ws sind Dichter?
Dichter — die ihrer eignen Seele Schöpfungen, oder vielmehr das, was sie mit Liebe sahen
und Herten — und nur das, und das rein und ganz — herausblihten, herauslenchteten, ström-
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