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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 18.1909

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Heft 9
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Kesser, Hermann: Ernst Würtenberger
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https://doi.org/10.11588/diglit.26461#0092

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Ernst Wiirtcnbergcr.

geschaffene graphische Kunst, dcnen nicht viel Ähnliches an die Seite zu stellen ist. Man muß
weit zurückgehen, um einen deutschen Graphiker zu finden, der, ohne in unechte Dürersche KrauSheit
und Herbheit zu fallen oder ohne französische Vorbildcr nachzuahmcn und sich mit geschmackvollen
Arrangemenrs von Schwarz und Weiß zu begnügen, die Holzschnitt-Technik so sinngemäß zur
Anwendung gebracht hat, wie Würtenbcrger.

Dcr Holzschnitt dient Würtenberger auch zur Entäußerung ciner anderen Richtung seines künft-
lerischen Wollens. Ich meine die karikatnristischen Einfälle, die Episoden und Figuren, iu denen
er sich von der Wissenschaft über die Formen des Menschen in humorvoller Weise befreit. Seine
Gabe, fröhliche und heitere Linien zu entdecken, Spießer und SpießigeS, Kleinstädter und Klein-
bürger, Kinder und Kindlichkeitcn in der behaglichen Sonnigkeit der künftlerischen Komik zu geben,
ift nicht kleiner, als seinc Fähigkeit zur ernften und schicksalözeichnenden Menschendarstellung.

Ich möchte keine VorauSsage darüber wagen, was man a»S dem Bestand seiner mannigfaltigen
Erzeugung als bleibend und dauerhaft herauSheben wird. Würtenbergcr ift heute ein junger
Vierziger, ein Künstler, der, wie seine jüngften Werke zeigen, daraus auögeht, die Elemente seiner
reichcn schöpserischen Tätigkeit und sein vielseitig geschultes Können in großen Werken zu summieren.
Eine lange mit ungewöhnlicher Folgerichtigkeit vollzogene Entwicklung, auS der eine seltene künft-
lerische Umsicht und eine klare Erkenntnis aller Kunftwerte zurückblieb, liegt hinter diesem schwäbischen
Künftler, der sein letzteö und wuchtigstes Wort noch nicht gesprochen hat. Was ihn der Aufmerk-
samkeit aller wert macht, das sind, wie mir scheint, durch sein Werk deutlich verkündet, die Mög-
lichkeiten zu einer großen, Temperamente, Charaktere und Sitten schildernden volksmäßigcn Kunft.

Hermann Kesser.

Ernst Würtcnbcrger:

Selbstporträt (Farbiger Holzschnitt).
 
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