Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 18.1909

DOI Heft:
Heft 10
DOI Artikel:
Schwerdtfeger, Robert: Dekorative Plastik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26461#0139

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abb. I. Georg Schrey'ögg: Barbarabrunnen zu Koblenz.

Dekorative Plastik

^^/N Koblenz wurde vor emigcn Jahren ein Sancta
^ Barbara-Brunnen aufgestellt, mit dem sich auch
^ » heute noch der Durchschnitt weder der Einheimi-
sche» noch der durchreisendcn Fremdcn so recht ab-
zufinden vermag. Nicht daß lfier dcr Kunstverstand eine
bcsondere komplizierte odcr gebeimniSvolle Komposition
zu lösen oder das realistisch sehende Auge cine extrem
stilistische llbersetzung der Natur in Kunst zu lesen
hätte: der Grund ist weniger eine Frage der künst-
lerischcn Persönlichkeit als eine prinzipielle technische
Aussassung dekorariv-monumentaler Bildhauerei. Es ist
zwar schon ziemlich lange her, daß die Abkehr von der
Iuckerbäckerei in der Plastik einsetzte, daß die süße Zart-
heit des Carraramarmors den derber werdenden Ge-
schmack anzuwidcrn begann und die Künstler, je mehr
ihre Ausgaben öffentlich allgemein wurden, d. h. je mehr
man auf dem Weg über die Arclfitektur begriff, was
eigentlich monumental heißt und zu was es allmählich
entartet war, sich auf eine stärkere Material- und Formen-
sprache besannen. Aber noch immcr übcrwiegt in Haupt-
stadt und Provinz der Schniegclstil, und gar ein
offiziellcs Standbild unterliegt noch immer cincm llrteifi
daö sich an den Berliner Kopien von Sävres und
Meißener Porzellan geschult hat. Ein Denkmafi das
nicht »L jour^, spitzenhaft durchbrochcn und auö glattcm
Material gearbeitet iffi wird stctS dort, wo man

Kunst nur als (entartete) Nachahmung dcr Lebendigkeit
betrachtet, aus Ablehnung stoßcn. Was Silhouette, was
monumentale Geschlossenheit bedeutet, daS begreifcn
allc die nicht, die dcn Rhein hinauf- odcr hinabsahrend
die puppenhafte Niederwaldgermania bewundern oder,
um bei Koblenz zu bleiben, dem deutschen Eck sich
nähernd im rheinischen Dunst cinen sünszackigen See-
stern gewahren, der sich allmählich als daö viel-
gcrühmte Kaiser-Wilhelm-Dcnkmal präsentiert, vor dem
die Huldigungcn an deutsche Kunst vom Strom der
Reisenden andächtig niedergclegt werden.

Wer aber mit imö geht, wird nun bcgreifen, warum
der Brunnen der heiligen Barbara, der hicr an erster
Stelle abgebildct ist, nicht als ein rechtes Denkmal
angesehen wird, sondern höchstens als ein Kuriosum,
als elwas „Sezessionistisches". BesonderS aber ist der
poröse, weiche Muschelkalk, aus dem Sockel und Figurcn
gearbeitct sind, ein wahrer Stein des Anstoßes für daS
Marmorpublikum.

Dcr Barbarabrunnen ist ganz streng auf Außen-
silhouctte gearbeitet. Keine der Figuren wird durch eine
Jnnensilhouette, die durch freiftehcnde Gliedcr oder Bei-
werk cntstehen kann, der Maffe des ursprünglichcn Hau-
blocks entsrcmdet. Es entstcht dadurch natürlich eine
Beschränkung der Bewegung, die freilich ebenso gut
ein Vorzug wie ein Fehlcr sein kann; Sache des Künst-

X

ZZ7
 
Annotationen