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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 18.1909

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Heft 9
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Redslob, Edwin: Die Schatzkammer des Aachener Kaiserdoms
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https://doi.org/10.11588/diglit.26461#0105

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Abb. 2. Dcr Karlsschrcin. Anfnng des I Z. Jahrhnnderts.

Die Schatzkamlner des Aachener Kaiserdoms.

^^^^cr Aachener Domschatz vcrdankt scinc bcispicl-
^ ^ lose Verehrnng nebcn dcr hciligcn Bedcutung
seincr Reliquicn wobl auch dcr kostbarcn und
kunstvollen Form dcr vcrwahrendcn Gesäße. Kein Ort
diesscitS dcr Alpen, ja, mit Ausnahme des eincn Monza,
kcine Stadt Europaö birgt in ihren Mauern cincn
Kirchcnschatz, dcr sich an Kunst- und Matcrialwcrt mit
dcm Besitz dcr Krönungsstätte unsercr dcutschcn Könige
vergleichen läßt.

Nachdcm dcr erste Karl den Ruhm seiner Psalz-
kapclle durch dcn Erwcrb crlescner Rcliguien begründet
hatte, sorgtcn seinc Nachsolgcr, vor allcm die glühcnden
Vcrehrcr seincr Herrschcrgcstalt, Otto III., Fricdrich
Barbarossa und Karl IV. von Böhmen, sür cine rciche
Ausstattung dcr Kirche und ihrer Schatzkammer.

Ansangö warcn dcren Reliquicn in Hüllcn aus-
bcwabrt worden, in dcncn sic daö Stistskapitcl aus
dcn östlichcn Stättcn der srühcn christlichen Kämpsc
bekommcn hatte: in klcinen Beuteln auö golddurch-
wirkten Scidcnstofscn, die zum Teil noch hcute als
Ergebnissc eincS ncucren FundeS in dcr alö Schatz-
kammer cingerichtcten ungarischen Kapellc verwahrt
werdcn. Dicsc Behältcr wa-
ren, solange sie die Re-
liquicn cnthiclten, in verzier-
ten Holztruhen nicdcrgelegt.

Tcils hattcn solchc Kassctten
bloß Einzelbcschläge, ivie die
Klcinodicntruhe König Ri-
chardö von Cornwall zcigt,
teilö waren sie völlig mit
Mctallplattcn vcrklcidct: so
der Schrcin deö heiligcn
Felix (Abb. I), der dcm
AuSgang deS zchntcn Jahr-
hunderts cntstammt. Seine

Abb. I. Der Schrein des heiligen Felix. Cnde des 10. Jahrh.

Gewände sind auö getriebcncm Silbcr gearbeitet, darauf
sind einzelne Emailstreiscn bcscstigt, zwischen denen einst
Stäbchen mit ausgercihtcn Perlcn liefcn, während alö
Füllungcn getricbenc Blattrankcn aufgelötet sind. Auö
dicser cinsachen Truhensorm hat sich die Gcstaltung der
sarkophagartigcn Schrcine cntwickelt. Durch Aussctzen
cincö Giebcldacheö erwcitcrt und an den Wänden durch
vorgclegte Säulcn mit Bogcnabschlüssen geglicdcrt, be-
kamcn sie daS AuSsehen ciner cinschisfigen Basilika, in
deren Okischen plastische Gesialtcn Platz sanden.

Aus diese Weise ist dcr übcr 2 Meter lange und über
90 Zcntimetcr hohe Karlöschrein (Abb. 2 u. Z) ge-
bildct, der die Gebeine deS Kaiserö enthält, soweit sie
nicht einzcln in Reliqmarien auögcstcllt sind. Vorbilder
zu diescr Form gab eö geradc in dcr Aachener Gegend
zur Genüge. Daö Maaöland hatte um die Wcnde deö
12. JahrhundertS, nach Godesroid de Claire, in Nicolaus
von Vcrdun cincn Goldschmied gehabt, dcsscn Name
klassischen Klang besitzt, und der für scine Zcit cine bahn-
brechende Bedcutung hatte, wie sie hcute nur ein srci-
schaffendcr Plastiker bcsitzcn könnte. Aber daö Mittcl-
altcr kcnnt den souveräncn Künstlerwillcn nur aus zwei

Gcbictcn: dcn Bildner in
Stcin, dcr alö Leiter der
Dombauhütte seine monu-
mcntalcn, die gcsamten Ge-
biete der Kunst umspanncn-
dcn Pläne vcrwirklicht, und
dcm fich Bildbaucr, Stein-
metz und Malcr unterzu-
ordnen habcn, und neben
ihm dc» Bildner in Silber
und Gold, der in kostbarcm
Material die Träume dcö
andern nachbildet, der Plafti-
ker, Emailmaler und Iiselcur

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