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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 18.1909

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Heft 10
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Schwerdtfeger, Robert: Dekorative Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.26461#0142

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Dekorativc Plastik.

Kunstgewerbe sich ihre Künstler hcran- und erzog. Nun
ist damit keineswcgs gesagt, daß sie damit ausschlicß-
lich die Mittelmäßigkeit fördcre und kultiviere. Es
kann natürlich cbensvgnt nnter ihrcr Führung große
Knnst erwachsen. Das sagt schon dcr Begriff mvnu-
mental. Es ist svgar sicher, daß, nachdcm die Architek-
tkir wicdcr eine bedentcnde Rolle spielt, anch dcr Nähr-
bvdcn für grvße Kunst wieder reicher gewordcn ist.
Aber, was ich meine, sie gibt anch der dienstbare»
Knnst Brot nnd zieht ihr so großmütige Grenzcn, daß
es wohl nnr ertremcm Hochmut einfallcn mag, über
diese Grenzen hinans grnndloö ins ikaridische Reich
herrschastlicher Knnst sich zu wagen.

Unter diescr Voranösctznng entstand cinc bcstimmte
Schnlc in dcr Plastik; Schnlc nicht im Sinn von Lehr-
werkstätte, sondern von Schulung, Aufsassnng oder
Stil. Unserc Arclntektur hat wirklich begonnen, wicdcr
monnmcntal zu werden, nicht nnr da, wo die baulichc
Aufgabe schon ein Monmncnt sorderte, wie bei Staats-
nnd Prunkbanten nsw., sondern sclbst im Kleinercn nnd
Kleinstcn. Das zeigte sich sonderbarerweise fast paradox
in der ansänglichen Abwcndnng von jedem Schmuck,
in der asketisieren-
den Sachlichkcit und
Einfachhcit. Dadurch
wurden die bisher
mit allem möglichen
Schablonenschmuck
beklebtcn und von
angeblichen Zicraten
zerrissenc» Bantcilc
wiedcr fähig, >virk-
lichcm Schnuick einen
Grund und Rahmen
zu geben; nnd nach-
dem dic Askese als
Selbstzwcck übcr-
wnnden wird, sind
wir so weit, wiedcr
banlichcn Schmnck
bildcn zu können.

Der darf natür-
lich nicht kleinlich sein
und sich in detail-
lierender Spielcrei
ansgeben. Dcm
widcrspricht die Hal-
tnng der modernen
Bankunst. Wie sie
mit großen Formen
arbeitet, wie sie be-
strebt ist, sclbst Dc-
tailö, wic Profilc,

Füllungen nsw.,
großzügig zu ge-
staltcn nnd durch
ihr Material, dcn
rauhen Pntz, grob-
körnigen Sandstein,

gcbranntc Ziegel (in dcnen sclbst ost der Baubild-
hancr sein Material finden muß) und vor allem den
so vicl verwendeten schönen Muschelkalk diese Wir-
kung inö Großzügige sördcrt, mnß anch der Bildhauer,
der sür sie arbeitet, dicse Forderungen erfüllen. Wo
daö ganz wcil geht, wird die Plastik selbst znr Archi-
tektnr, wic in Ledererö berühmtem Hambnrger Bis-
marckdcnkmal. Aber daö ist eine gcfährliche Sache.
Die Architektnr bleibt in der Bankunst doch die Haupt-
sache, nnd >vie architektonisch nngeschulte Künstlcr diese
aussassen, kann man an Entwürsen sehn, die bedentende
Talente sür Banwerke odcr architcktonische Denkmäler
(mcist Gott sei Dank nur Jdealentwürfe) scbufen.
Auch hier bci Schreyöggs Barbarabrunnen sieht man
mit Bedanern, daß die schönen Fignren ans ciner wenig
schönen Bildhanerarchitcktnr ruhcn. Das ist keine Archi-
tektur. Da ist aus Steinblöcken so ctwas wie Ban-
werk ansgehanen, anstatt daß diese Steinblöcke zu eincm
Bauwerk znsammengefügt wurdcn.

Als Bildhauer abcr hat der Künstler dic Bedentung
des dekorativ Monnmcntalen schön erfaßt und besitzt
jenc Selbstentänßerung vor dem Zweck dcr angewandten

Kunst, dic selbst die
anspruchslose Kunst
zur Meisterschaft ans
ihrem Gebiet zu er-
heben vermag. Diese
Disziplin den Schü-
ler», dic ja (aus der
Kunstgewcrbeschule)
von vornherein das
Dekorative als Pro-
gramm sehen, als
wesentlichstes Mo-
ment ihres Schaffens
verständlich zu ma-
chen, ist eine schöne
Ausgabe. Alle Tätig-
keit der Gegenwart
strebt nach Iusam-
menwirken und nicht
am wenigsten die
Kunst. Jch glaube,
wir gehen ciner Ieit
entgegcn, in dcr
Plastik und Baukunft
mehr noch als Male-
rei so schön verbunden
sein wcrden wie nur
in der Renaissance,
die jeder ihr Recht
ließ, ohnc, ertrem
wic die Gotik, zu
verlangen, daß der
Plastiker Baumeister
und der Baumeister
Bildhauer zu gleicher
Zeit sei.

R. Schwerdtfeger.

Abb. ?. Georg Schreyoggi Dcr jugendliche Johannes (Majolikn).

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