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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 18.1909

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Heft 12
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Rüttenauer, Benno: Ernst Kreidolf als Dichter und Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26461#0199

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Crnst Kreidolf: Butterblumes Ausfahrt (aus den „Blumeumärcheu").

Ernst Kreidolf als Dichter und Künstlcr.

<^cdermann weiß, daß Ernft Kreidolf Bilderbücher für die Kinder macht, auch dazu meiftcns die
Reimc odcr dic Prosa schreibt. Das tun hente viele, darnnter berühmte Leute, Dichter von
Namcn, schcrzhafte und pathetische, unter andern solche, denen man es am wenigsten zugetraut hätte.
llnd Maler ähnlichen Schlags. Sie sind gleich halbdntzendweise mit ihrer Knnft in die Kinder-
stube gegangen. Mir will scheincn, es war wieder einmal eine Mode, und sie mitzumachen gehörte
ebcn zum guten Ton wie bci andern Moden auch.

Man braucht über die Leiftungen der gedachten Hcrren nicht abzusprechen. Viel Intcressanteö,
ja Gutcs, kam dabei heraus. AllcrdingS auch UnersreulicheS, Gewollt-Naives. Manchmal ganz
und gar Kindisches. Solche Klippen lagen zu nahe. Um an ihnen nicht zu scheitern, dazu gehörte
eiu ganz bcsondereS „Genie" — nämlich in dem populären Sinn wic auch der Volksmund vou
cincm sagt, er habe ein besondereS „Genie". DaS hat Ernst Kreidolf. Er hat eS in höherem
Grad als irgend einer. Er zeigt sich mit seiner ganzen kindlich-liebenswürdigen Menschlichkeit »nd
cigenartigcn Künftlerschaft wie einzig geschaffen zu solchem Unterfangen. Er braucht sich nickt „herab-
zulaffen" und läuft darum nicht Gefahr, ins Kindische zu versallen. Er ift bci der Sache mit
seiner ganzen Secle und mit seiner ganzen Kunst. Und darum scheut er sich auch nicht, mehr zu
gcben als das Kind braucht, nicht einzig dem Kind etwas zu sagen, sondern auch denen, die kind-
lichen und künftlerischen AugeS mit dcm Kind seine Sachen betrachten. AuS demselben Grund
ersahren LafontaineS Fabcln — in Frankreich — eine über alleö gehendc Schätzung und werden bei uns
GrimmS Märchen vom richtigen Schulmeistcr in Achr und Bann getan. Sogar „gebildete" Mütter
gibt es, die an diesen Märchen, eben weil sie nicmals kindisch sind, Anstoß nehmen und die dcshalb
eigene erfinden und sogar druckcn lassen. Problem: Zum Guten erziehen wollen durck SchlechteS.

Auch Kreidolf hat uuter solchen Borniertheiten zu leiden. Die Leute, um die eS sich handelt,
danken es ihm wcnig, daß er in seinen Kinderbildern aufs Kunftwerk hinauözielt mit Einsetzung

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