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Hsiöelbsrg, DisWiag, I. OkisSsr -1S-L9
M. 6 * *1. Jahrgang
Deutsche NatiorrrrlVersamMlung.
Am Regierungstisch: Dr. Bell.
Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um
1 Ahr 20 Minuten.
Die Ergänzung des Reichshaushaltsplanes für 1919
und dis 7. Ergänzung des Besoldungsgesetzes werden dem
Haushaltsausschuß überwissen. Eine Reihe.von Petitionen
wird ohne Debatte erledigt. Zu einer Petition betr. dis
Zeitungsbsrichterstattung über Rsichstagsvsr-
Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton: Dr.
E. Kraus; für Kommunales u. soziale Rundschau: I-Kahn; fürLokales:
O. Geibel; für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in Heidelberg.
Druck und Verlag derilnterbabifchen Derlqgsanstalt G.m.b.H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: GchrSderstraße 39. Fernsprecher 2648.
Geschä'stsstunde»: 8 Ühr. Sprechstunden der Redaktion: 41 1.2 Uhr.
Handlungen wünscht Abg. Kuhnert (N. S.), daß dis
stenographischen Berichte über die Verhandlungen zum
Selbstkostenpreis käuflich gemacht werden und ein gekürzter
Bericht in etwa V. Millionen Exemplaren veröffentlicht
werden möge. Letzterer zu eurem mäßigen Preis. Der
Bericht des Ausschusses für Volkswirtschaft über die Bildung
eines Stickstoffsyndikats wird ohne Aussprache erledigt.
Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr.
- Tagesordnung: Anfragen, 2. Lesung des Haushaltes
(Rsichsnünistsrium, Reichskanzler usw.)
Schluß gegen 2 Uhr.
Die Lage im Bs!LLkNM.
Zu der Frage, wer Schuld ist an dem Widerstand d:r
baltischen Truppen schreibt unser St.-Mitarbeiter:
Wenn wir die Schuldigen suchen, stoßen wir zunächst
auf die alldeutsche Presse. Sie ist es, die die Soldaten
zum Widerstand gegen dis ihnen erteilten Befehle ermutigt
hat. Und auch heute noch findet man in ihr kein Wort
der Besonnenheit und des Einlenkens, sondern höchstens
ein diabolisches Vergnügen an dem von ihr angerichteten
Unheil. Mit Leidenschaft nimmt die „Deutschs Tageszeitung"
für den früheren Kommandanten, den Grafen v. d. Goltz,
Partei, der einen jede Diskussion über dis Räumung ab-
lehnenden, von militärischen Herausforderungen strotzenden
Brief den englischen MilitärbevollmächtigLeu, den Genera!
Burt, gerichtet hat. Sie meint, seins Abberufung müsse
die Lage noch weiter verschlechtern und verschlimmern, und
sein Nachfolger, der General v. Eberhardt, stände vor einer
schwierigen, wenn auch nicht unlösbaren Aufgabe. Zugleich
aber feiert sie diesen Nachfolger als Persönlichkeit und
Charakter, weil er bei seiner Rückkehr aus Frankreich eins
Kundgebung für Wilhelm I!. veranstaltet hatte und dadurch
in einen Konflikt mit der Regierung geraten war. Es
zeigt unseres Erachtens einen bedauerlichen Mangel an ge-
eigneten militärischen Führern, wenn ein solcher Mann mit
seiner so schwierigen und verantwortungsvollen Aufgabe
im Sinne der Regierung betraut werden muß. Dis
Mitteilung des alldeutschen Blattes ist nur geeignet, Miß-
trauen auch gegenüber dein neuen Leiter des Räumungs-
unternehmens im In- und Ausland zu erwecken, im Innern
die Gegensätze zu verstärken und nach außen hin den Ein-
druck zu erwecken, die deutsche Regierung sei nicht imstande,
gegen die alten kaiserlichen Generäle ihren Willen durch-
zusetzen.
.In früheren Zeiten waren es gerade dis Alldeutschen,
die die militärische Disziplin, selbst in ihrer widernatürlichen
Steigerung zum Kadavergehorsam, als das Palladium des
Deutschen Reiches hinstellten. Die deutsche Regierung hat
keinen Kadavergehorsam von den in Kurland stehenden
Truppen gefordert, sie hat ihnen mit ruhigen Vernunft-
gründen auseinandergesetzt, warum sie auf ihren Befehl
zur Räumung Kurlands unbedingt bestehen muß. Sie darf
jetzt aber nicht den geringsten Zweifel daran bestehen lassen,
daß sie, wenn vernünftiges Zureden nicht hilft, entschlossen
und imstande ist, ihren Befehlen unbedingte Darnachachtuug
zu verschaffen. Wenn zur Führung dieses Beweises es
notwendig werden sollte, einzelne Personen, die sich als
Aufhetzer der Soldaten hervortun, mit rauher Hand an-
zufassen, so kann die Negierung dessen gewiß sein, daß sie
mit einem solchen Verfahren nur den Wünschen einer über-
wiegenden Mehrheit des Volkes entspricht. Denn es ist
notwendig, daß Exempel statuiert werden, wenn sich dis
Autorität der republikanischen Regierung gegen revoltierende
Militärs nicht anders durchsetzen läßt.
rm Äre baltischen TrmPpen!
solgend^Befe'hll': Der Reichswehrminister erließ
Erster Befehl mr das A.O.K. Nord. Im Hinblick
V dle verkarsten Forderungen der Entente muß jede
Lem^ den erneuten Emoruch der Bolschewisten in
hrntsr der beschleunigten Räumung des Baltikums
^Ersten. Alls Angehörigen des V!. Rsssrvekorps sind
A beehren, daß es ihre Pflicht ist, gegenüber den Befehlen
ber tchsregierung die Heimat vor den von der Entente
H erts eingeleiteten folgenschweren Maßnahmen zu bewahren,
yh h"rd daher in Ergänzung des Befehls vom 30. Sept,
knyo »riet: 1.) Die Truppen des V!. Reservekorps find
^Mglich mit der Bahn und durch Fußmarsch bis in
Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung-Lf'ÄmtsSszirke Heidelberg, Wiesloch, Gmsheim, Eypingerr, Eberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheim, Boxberg,
... , ___Lauberbischofsheim und Wertheim.
Aus dem deutsch-polnischen SLaaisoertrag.
Berlin, 3. Oktober. (Wolff.) Der in den nächsten
Tagen der Nationalversammlung zugehende deutsch-pol-
nische Vertrag über die Entlassung festgehaltener
Personen und die Gewährung von Straffreiheit
geht in der Einleitung zunächst von dem Gedanken aus,
daß die Parteien zunächst den Wunsch haben, die Ver-
handlungen zwischen Deutschland und Polen anläßlich des
Friedensvertrages im Geiste der Verständigung und des
wechselseitigen Entgegenkommens zu führen. Der Inhalt
des Vertrages zerfällt in zwei Teile. Der erste Teil
(Artikel 1—5) verfügt die Freigabe aller anläßlich der
polnischen Bewegung mit der Waffe in der Hand ge-
fangen genommenen, der internierten, als Geiseln
oder Schutzhäftlinge festgenommenen Personen, wobei sich
Polen verpflichtet, alle von ihm etwa noch festgehaltenen
deutschen Heeresangehörigen, oder ehemaligen deutschen
Heeresangehärigen zu entlassen. Die Vollstreckung dis-
ziplinarisch verhängter Strafen gegen solche Personen wird
ausgesetzt. Weiter wird ihnen die Mitnahme der in ihrem
Besitz befindlichen oder ihnen abgenommensn Gegenstände
gestattet. Die eigentliche Amnestie regeln die Artikel
6—11. Jeder vertragschließende Teil gewährt hierin volle
Straffreiheit für alle vor Inkrafttreten dieses Vertrages
Politische Übersicht.
Ebert auf der Frankfurter Messe.
Der Reichspräsident Ebert ist von seiner Reise zur
Frankfurter Einfuhrmesse nach Berlin zurückgekehrt. Der
Reichspräsident hat durch seinen Besuch sein hohes Interesse
bekundet, das er der Wiederverbindung Deutschlands mit
der Wirtschaft des Auslandes entgegsnbringt.
In der Vorhalle des Hauptmesseamtes wurde der
Reichspräsident von dem Vorsitzenden des Messeausschusses
Dr. Landmann begrüßt. Dieser führte in seiner Ansprache
aus, daß der Ausschuß der Messe in den Tagen des
Friedensschlusses entstanden sei, als das Reich von feindlicher
Gewalt von außen und der Anarchie im Innern bedroht
war. Politische, wirtschaftliche und moralische Zustände
erzeugten damals eine Stimmung des tiefsten Pessimismus.
Die Einfuhrmesse sei ein Beweis des Vertrauens in
dis wirtschaftliche Selbstbestimmung der arbeitenden
Stände, wenn sie zur Zusammenarbeit an einem, die
Kultur fördernden Friedenswerk aufgerufen werden. Die
Hoffnung sei nicht getäuscht worden, Bürgertum und
Arbeiterschaft hätten bis zum letzten Mann zusammen-
gearbeitet, um das Unmögliche fertig zu bringen, ein
Wer! von solcher Schwierigkeit und Bedeutung herzustellen.
Dieses Zusammenarbeiten von Bürgertum und Arbeiterschaft
soll als glückverheißendes Symbol für die Zukunft
aufgefaßt werden.
Präsident Ebert antwortete: „Wir müssen es als
unsere vornehmste Aufgabe betrachten, die Kräfte im deutschen
Wirtschaftsleben mit allen Mitteln wieder zu heben und zu
fördern, das Vertrauen und das Zusammenarbeiten
aller schaffenden Kreise unseres Volkes, der Bürger
wie der Arbeiter wieder zu heben, Faktoren, welche uns
die Gesundung des inneren Wirtschaftslebens verbürgen.
In gemeinsamer Arbeit wird es uns wieder gelingen, die
Fäden anzuknüpfen, die uns mit dem Ausland verbinden.
Frankfurt hat mit diesem Wege mit der Eröffnung der
Einfuhrmesse einen ersten mutigen Schritt getan. Möge
ihm ein reicher Erfolg beschieden sein." Nach dieser
Begrüßung trat der Präsident unter Führung der Messe-
leitung einen Rundgang durch den Hauptbau und dis
Nebengebäude der Messe an, der bis gegen 2 Uhr dauerte.
die Gegend von Schaulen zurückzuführen. Die Bahn ist
in erster Linie für den Abtransport von Material zu
benutzen. Von Schaulen ist die geschlossene Transport-
bewegung der gesamten Trupven nach Deutschland einzu-
leiten. Munition und Kriegsgerät, das, ohne den Ab-
marsch der Truppen zu verzögern, nicht abbefördert werden
kann, ist zu vernichten,' soweit G-fahr vorhegt, daß es den
Bolschewisten zugutekommt. Hierbei und bei dein Rückmarsch
der Truppen sind alle Zerstörungen oder Beschädigungen
der Telsgraphenleitungen, der Eisenbahnen, Brücken und
sonstigen staatlichen oder privatem Eigentums unbedingt zu
vermeiden, soweit nicht dringende Rücksicht auf dis etwaige
Gefechtslags eine Abweichung erfordert. 2.) General
v. o. Goltz, hat zu 1) die notwendigen Befehls zu erlassen
und die Bewegung vor Uebergäbe der Geschäfts an General-
leutnant Eberhardt einzuleiten. 3.) Alls?! Heeres-
angehörigeu, die dem Abmarschbefehl nicht Folge
leisten, sind ksms Gebührmffe mehr z« zahlen.
Zweiter Befehl an^das A.O.K. Nord in Kslberg:
Den. ..sämtlichen unterstellten Truppen, insbesondere denen
im Baltikum, ist telegraphisch zu befehlen: Der Übertritt
in russische Dienste ist verboten. Bisher übergetretene
Deutsche sind durch Vermittlung der russischen Kommando-
stellen zur Rückkehr in die deutschen Formationen auf-
zufordsrn. Die Rückkehrer sind wegen dem vorherigen
Übertritte zu den Russen nicht nachträglich zur Rechen-
schaft Zu ziehen. Der Übertritt von heute ad ist straf-
bar. Die Nichtrückkehr bringt den Verlust aller deutschen
Ansprüche mit sich.
Endlich ist das geschehen, was schon lange hätte
geschehen müssen. Vor Wochen und Monaten schon hätte
den baltischen Meuterern Löhnung und Verpflegung
gesperrt werden müssen, nachdem es klar geworden war,
daß .sich bisse Truppen von den baltischen Baronen für
ihrs reaktionären Ziele mißbrauchen lassen. Wir befürchten,
daß dem Befehl nicht Folge geleistet werden wird.
Note der deutscheN. Regierrmg au
die Entente.
Berlin, 4. Oktober (Wolff.) In der Frage der Räu-
mung des Baltikums ist General Nudarrt folgende Note
sur dis Entente übergeben worden:
2n Erwiederung der Note 1755 O vom 28. Septbr.
Zgt die deutsche Regierung den größten Wert auf dis Fest-
stellung, daß sie dauernd auf das Energischste bemüht ist,
vur, Truppen aus dem Baltikum und Litauen heraus-
Mziehen. Sie hat zu diesen Zwecken ungeordnet, daß den
^ruppenteilsn, die dem AbmarschLefehl keine Folge leisten,
^le Löhnung sowie alle künftigen Versorgungsansprüche
gesperrt werden. Ilm fernerhin jeglichen Zuzug zu verhindern,
wurde die deutsche Grenze gegen. Kurland'geschlossen und
HZ' Befehl gegeben, auf wruppen, die. trotzdem diese Linie
uoerschreuen, zu schießen. Auch ist jeder Nachschub an.
^tunrtion strengstens untersagt. General' Graf von der
Goltz ist von seinem Poften abSerufen worden. An seiner -
Elle übernimmt bis zur völligen Durchführung des Rück-,
Z,^Sportes Generalleutnant Eberhardt den 'Oberbefehl
Pber samtüchs noch östlich der Reichsgrenze befindlichen
gruppen. Schließlich erließ die deutsche Regierung an die
tz-ruppsn einen Aufruf, der sie zur' Pflicht zurückruft und
u-nen^ eindringlich verstellt, welche unabsehbaren Gefahren
und Leiden sie über ihrs Volksgenossen hsraufbeschwören,
wenn sie ihrem Ungehorsam beharren. Alls diese Maß-
^öem.sollten dis deutsche Regierung auch in dem Urteil
alliiern-n und assoziierten Regierungen vor dem un-
erschtrgten Vorwurf schützen, daß sie dis WiedersetzliHksit
deutschen Truppen als Vorwand benutzte, um ihre
.Z'pflichtung zur Räumung der ehemals russischen Gebiete
Erfüllt zu lassen. Tis alliierten, und assozierten Re-
. BEZnrgen haben hinreichenden Einblick in die durch den
ttNed^nsvertrag....bedingte Lags Deutschlands, um zugsben
A Esse», daß der deutschen Regierung weitere nrili-
Zwangsmittel nicht Zn Gebote stehen. Was
sA-, Eintritt deutscher Truppen in russische Formationen
so steht Lis deutsche Regierung diesem Vorgang
. gegenüber. Sie hat ihre Auffassung
An Beteiligten auch wiederholt und- unzweideutig zum
E'"h. uck gebracht. Irgendeine Ermächtigung zu solchem
st^Eltt hat sie niemals gegeben. Dis deutsche Regierung
- " festen Willen alles zu tun, was in ihren Kräften
> V, der Räumungspflicht nachzukommen. Sie muß
chh das schärfste Verwährung dagegen einlegen, daß in der
werB , Marschalls Foch Zwangsmaßregeln angedroht
Blo^' bezwecken, Deutschland durch Erneuerung der
Und Lebensmittelzufuhr abzuschneiden. Die alliierten
dad B)Bnerten Regierungen dürften nicht vergessen haben,
gerade dis Hungerblockade nicht nur den Tod
stZ"wusendsr Frauen, Kinder und Kranken verschuldet,
E auch durch Schwächung der Arbeitsfähigkeit infolge
Z Unterernährung nicht zum geringsten Teils die
verschuldet hat, unter denen
. 'L'r Zeit so schwer leidet. Die deutsche Re-
tzgä Z3 drückt vielmehr die zuversichtliche Erwartung aus,
Will b alliierten und assoziierten Regierungen ihren guten
« l . "rtsrkennLn und dementsprechend von unmenschlichen
rühmen hie deutsche Zivilbevölkerung, die
im Oll'E . Mitschuld an dem Verhalten der Truppen
den Abstand nehmen werde. Um aber auch
... ^"eAPP^md assoziierten Regierungen die Möglichkeit
von den: nachdrücklichen Ernst ihres Vor-
felk Überzeugen, ersucht die deutsche Regierung die-
lyr eins Beratung der notwendigen Maßnahmen
diesem Zwecks schlägt sie die schleunige
alli-s Zu er aus deutschen Vertretern einerseits und
assoziierten Vertretern andererseits gebildeten
LE b->-°igstöäb-z«g,tch°-
Zezuggpsxis: Monatlich einschl. Trägerlohn 1.60 MM durch die Post
Zzvgen monatlich r.so Ml., vlerteljährüch 4.80 Ml. ausschl.'Zustellung,
-uryeigenpreise: Oie einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 3<fipsg., Re-
klame-Anzeigen (93 mm breit) 1.80 Mk. Lei Wiederholungen Nachlaß
nach Tarif. Gehelmnuttrl-Anzeigen werden nicht ausgenommen.
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