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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1) — 1919

DOI Kapitel:
Nr. 21 - Nr. 30 (24. Oktober - 4. November)
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Großer Wshlerfslg der SszialÄemokrstie
Lei den Schmelzer 9ELtisttslraLsmahlsR.
Bern, Z8. Okt. Nach vsm birhsrrgerr Ergrdrüs
dsr NativnalWahlen vermehrte dis SszmldemokLütie
ihre Sitze vsn IS auf 48. Die FrMnmDeMoZraLische
Kartei hat eins» erheblichen Stimmenverlust zu Ver-
zeichnen, Während die Katholische Partei ihren Besitz-
stand wahrte.

HMsföerg, MiiiWsch, 29. OkisHer -1949
Nr. 2A -1. Lshrgimg

irunterdasischenDe
slic: SchrSdrrstraß:
-Vs Adr. GsreK-

KaMpf gegsK dis SchWsrzfthlKchttmgeR.
Berlin,28. Olt. Der .Reich^-wirtschastsminister S ch m i d t
hat wegen Zunahme der Schwarzfchlachtungen, die die Versorgung
der Gesamtbeskikerung aufs schwerste gefährden, eine Verordnung
erlaßen, welche bestimmt, daß in allen Füllen verbotener Schlach-
tungen auf Gefängnis und Geldstrafe nebeneinander, nicht mehr
wie bisher wahlweise Strafart zu erkennen ist.
Die Herrschaft dsr Franzosen.
Kaiserslautern, 28. Okt. Der Stadt Kaiserslautern
wurde von dem "französischen Oberbefehlshaber wegen der Vorfälle
am 8. September eine Geldstrafe von 60 900 Mark auferlegt.
Eme VröeiterssliÄLriLLtSöezsUMNg.
Duisburg, 28. Ott. Die Binnenschiffer und Flößer des
Rheines und seiner Nebenflüsse Haden beschlossen, zur Linderung
der Kvhlemwt in SLddeutschlcmd auf den Rheinsahrzeugen jeden
Tag zwei Uebcrstunden zu fahren und an den freien
Sonntage;, zu arbeiten.

Revolution und Reaktion.

NmLildmeg der WiirtLsMHsrgifcheR
Rsgieermg.
Stuttgart, 28. Okt. Nach monatelangen Bemühungen
ist es gelungen, die Regierung so umzuformen, das, sie dem partei-
politischen Stärkeverhältnis entspricht. Blos (Soz.) behält den
Vorsitz und das Ministerium des Auswärtigen, der sozialdemo-
kratische Arbeitsminister Leipart bleibt auf seinem Posten. Auch
Finanzminister Lisching (Deutsch-Demokrat -bleibt. Der bis-
herige Kultusminister Heymann (Soz.) wird Minister des In-
nern als Nachfolger Dr. Lindemanns. Kultusminister wird
der Abgeordnete Dr. Hieber (Deutsch-Demokrat), ehemals Par-
teiführer der nationalliberalen Partei Württembergs. Das Justiz-
ministerium übernimmt der Abg. Bolz (Ztr.) und für das Er-
nährungsministerium ist der Zentrumsabgeordnete Graf in Aus-
sicht genommen, dem der bisherige Ernährungsminister Bau-
m a n n (Deutsch-Demokrat) Platz macht.

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Auf die Anfrage des Abg. R i ch t e r - Ostpreußen (D.-N.) rvege»
der Eisenbahnverbindungen nach Ostpreußen, dem Baltikum und Ruh-
land wird regierungsseitig geantwortet, daß der Verkehr aus militärische«
Gründen vorübergehend gesperrt und unterbunden war.
Hierauf Fortsetzung der zweiten Beratung des Haushaltes des
R e i ch s w i r t s ch a f 1 s m i n i st e r i u m s.
Abg. Düwell (U. S. P.): Der Zusammenbruch ist eine Folge der
Politik der Rechten. Eine Zwangswirtschaft haben wir überhaupt nicht
mehr; sie wird überall durchbrochen. Wir befinden uns immer noch
im kapitalistischen Staat; deshalb hat die Arbeiterschaft das Recht, sich
jeden Mittels zur Aufbesserung ihrer Lags zu bedienen. (Unruhe.) Der
deutsche Arbeiter wird die Sozialisierung erzwingen. (Lachen rechts.)
Die Nahrungsmittel werden von der Landwirtschaft zurückgehaltcn, um
höhere Preise zu erzielen.
Abg. Hugo (D. Bp.): Die Zwangswirtschaft darf nicht zum Hin-
dernis für die wirtschaftliche Wiedcraufrichtung werden. Ist auch ge-
nügend Vorsorge getroffen, daß nicht Getreide, Nahrungsmittel und Roh-
stoffe ins Ausland gehen und uns nachher fehlen? Die Politik der
Regierung, wenn sie aus die Wiederaufrichtung unseres Wirtschafts-
lebens gerichtet ist, must unterstützt werden.
Minister Schmidt: Ich bin nicht einverstanden mit der Ent-
schließung des Ausschusses, wonach alle Bestimmungen in den Ernäh-
rungsverordnungen aufgehoben werden, welche hindern, den landwirt-
schaftlichen Arbeitern die zugesichcrten Deputatsbezüge auszulieserp.
Ebenso bitte ich, den Antrag Arnstadt obzuleknen, daß der Erlös der
Mehhäute dem Besitzer des Viehes, von dem cs gekauft wird, in
vollem Umfange ausgezahlt wird.
Damit schliesst die allgemeine Aussprache.
Abg. Behrens (Dn.) begründet einen Antrag Allekolte, das
Ministerium in drei Abteilungen zu teilen: für Landwirtschaft, für In-
dustrie und Handel und für Groß- und Kleinhandel. Der Antrag
Allekottc wird abgeiehnt.
Die Entschließung des Ausschusses betreffend die Deputatsbezüge
wird angenommen. Bei der Abstimmung über die Entschließung Arn-
stadt, betreffend die Abgabe des Erlöses der Biehhäute an den Besitzer
des Viehes, muß Hammelsprung vorgenommcn werden. Die Abstim-
mung ergibt 1NZ Stimmen für den Antrag, 104 Stimmen dagegen. Das
Haus ist also beschlußunfähig.
Die nächste Sitzung wird auf heute 4(U Uhr anberaumt.
Schluß Uhr.

kralle als solch: sind schuld an unserer trostlosen Lage, sondern ein-
mal die Bankervttpoliük des alten Staates und dann die einfache
Tatsache, daß unser Volk infolge feiner langen politischen Knecht-
schaft einfach noch nicht zur Demokratie, zum Volksstaate reif ist.
Darum aber- nicht zurück zur „Organisation'" und „Ordnung'D^es
alten Staates sondern vorwärts zur Mitarbeit des ganzen Volkes.
Nicht die Regierung kann es schaffen — sie darf nur Vollzugs-
ausschuß des Volkes sein — sondern nur das ganze Volk, jeder an
seinem Platze.
Es ist ein barer Unsinn, heute mit der Behauptung krebsen
zu gehen, die Demokratie habe abgewirtschaftet. Nein, abgewirt-
schaftet haben Militarismus und Bureaukratismus. Je mehr diese
beiden Parasiten am Voltskörper verschwinden, umso mehr tritt
erst die Demokratie in Erscheinung. Arbeiter, macht Augen und
Ohren aus! ,, Laßt Euch nicht irreföhren durch jene falschen Pro-
pheten, die Loch goldene Tage versprechen, wenn das alte System
wiederkäme. Der Wunderglaube muß auch in der Politik vorbei
sein! Nicht du- Monarchie schafsts, so wenig wie bas Rätesystem.
Nur die prvdukm>e Demokratie, die schaffende Zusammenarbett des
ganzen Volkes

Tsseszerümg. Br die WsrMir'ge Bevölkenmg der AmtsSszjrke HeLSsiösrg, Mesioch, GLrrsheim, EpAjrrgen,
LsntzerSLschofsheim mrd Wsrthsim.'

Deutsche Nationalversammlung.
Berlin, 28. Oktober.
Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um Ipt Uhr. Dos
Haus ist schwach besetzt.
Auf eine Anfrage des Abg. Schiele (N.-N.) wegen Selbsthilfe
der Stadt Trier in ihrer Kqrtoffelverfvrgung, wobei gegen den Ort
Rhcinfeld Gewalt cmgewenvct wurde, wird regierungsseitig erwidert,
daß die Ermittelungen noch nicht abgeschlossen seien.
Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Mittel m a n n (D. Bp.) wegen
ch>cr traurigen Lage deutscher Gefangener in Aegypten wird regierungs-
seitig geantwortet baß die Unterbringung der Gefangenen im allgemei-
nen erträglich ist, doch ist der Gesundheitszustand schlecht.
Eine Anfrage des Abg. Dr. Mittelmann (D. Bp.) wegen
falscher 50 M.-Scheine wird dahin beantwortet, daß infolge des Zu-
sammenwirkens des Berliner Polizeipräsidiums, des Reichsbankbirekto--
riums und der Staatsanwaltschaft und infolge Anwendung reichlicher
Geldmiltei für Agenten und Belohnungen in den letzten Wochen 24
Falschmünzerbanden den Gerichten zugeführl werben konnten.
Auf eine Anfrage des Abg. Frhrn. v. Nichlhvfcn (Dem.)
wonach die deutsche Regierung sich die Rückwanderung von Deutschen
aus Amerika verbeten hätte, wird regierungsseitig bemerkt, daß dem
in keiner Weise so sei.
Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Hugo (D. "Vp.) wegen Schmug-
gels in Schleswig wird regierungsseitig geantwortet, daß wirksame An-
ordnungen getroffen feien und der Grenzschutz verstärkt wurde.

Politische Übersicht
Czernür über dis FrisdensresolAiiy» 1917.
Berlin, 25. Okt. In dem Kapitel „Friedensver-
suche" erzählt Graf Ezernin in seinen Erinnerungen in der
„Voss. Ztg."' Im Frühfommer 1917 trafen äußerst günstige Nach-
richten über die englischen und französischen Zustände ein. In der
gleichen Zeit antwortete die türkische Regierung einer der feindlich«
Mächte aus ein Separatsfriedcusangebot, daß sie nicht von den
Bundesgenossen zu trennen sei, jedoch bereit sei, über einen allge-
meinen Frieden auf annexionslvser Basis zu diskutieren. Gleich-
zeitig kamen Nachrichten aus Rumänien, welche erkennen ließen, daß
Rumänien das Spiel verloren gebe. In Rußland machte die
Revolution und die Lähmung der Armee Fortschritte. Alles zu-
sammengenvmmen ließ sich das Bild für uns hoffnungsvoller er-
scheinen. Es handelte sich darum, die Konjunktur möglichst aus-
zunutzen. Ich faßte daher den Entschluß, dem Kaiser vorzuschlagcn,
in Berlin zu erklären, daß für den Fall, daß sich Deutschland mit
Frankreich über die elsaß-lothringische Frage verständige, Oester-
reich bereit sei, Galizien an das neu zu gründende Polen abzu-
treten und sich mit ganzer Kraft dafür einzusetzen, daß dieses groß-
polnische Reich an Deutschland in Form einer Personalunion an-
geschlossen werde. Ich machte in Kreuznach dem Kaiser Wilhelm
diesen Vorschlag. Die Konferenzen schlossen mit dem deutsche»
Ersuchen, die Frage überlegen zu dürfen. Der optimistischen Ant-
wort Bethmanns lag offenbar das richtige Gefühl der in der Lust
liegenden günstigeren Konstellation zugrunde. Ls war klar, daß
die richtige Taktik nur darin bestehen konnte, einerseits die grössten
Anstrengungen an der Front und im Hinkcrlande zu machen, uni
die Situation »och einige Zeit zu hallen, und anderseits den Fein-
den gegenüber den Beweis zu liefern, daß wir trotz der günstigen
Konstellation zu einem Frieden ohne Eroberungen bereit seien.
Für die letztere Aktion den Hebel bei den deutschen Militärs anzu-
fetzen, erschien aussichtslos, ebenso erwartete ich wenig von einer
neuerlichen Intervention in der Wilhelmstraße. Ich versuchte da«
her, mich direkt mit dem deutschen Reichstage in Verbindung zu
setzen. Einer meiner Freunde teilte insbesondere Erzberger und
Südekum folgendes mit: Soviel er beurteilen könne, feien wir an
dem entscheidenden Wendepunkt angelangt. Oesterreich-Ungarn
könne nicht mehr, die Türkei auch nicht. Deutschland könne den
Krieg nicht allein zu einem guten Ende fuhren. Deutschland müsse
ebenso klar wie Oesterreich-Ungarn öffentlich erklären: 1. Keine
Annexionen und keine Kriegsentschädigung, 2. Bedingungslose
völlige Freigabe Belgiens. 3. Alle besetzten Gebiete werden ge-
räumt, sobald beide Staaten ihr Territorium wieder zurlickerbalten
Haden (inklusive der deutschen Kolonien), 4. Auch Deutschland will
gleich Oesterreich-Ungarn an der allgemeinen Abrüstung Mitarbei-
ten und die Garantie schaffen, daß kein zweiter Krieg mehr inög-
lich ist. Die bekannte Friedensreiolution vom 19. Juli 1917 war
das Resultat dieser Demarche.
Die Einigungsbeftrebungen in der SozialdewoknEe.
Berlin, 27. Ott. (Prwatmelbung.) Gestern tagte im Herren-
yaushaus die zweite Delegierten Versammlung der Zentralstelle für
Einigung der Sozialdemokratie. Die Tagung wurde
von der Schaffung programmatischer Richtlinien für die Einigung
her sozialdemokratischen Parteien fall völlig ausgefüllt. 8ri den
Gnmdzügen besagen die Richtlinien: die Zentrale erblickt den besten
Weg zur Einigung in der Durchführung sozialistischer
G . !

Kr. Heidelberg, 29. Oktober.
Cs ist ja kein Geheimnis wehr, daß die p o l i t i s ch e R e a k -
kion bei uns von Tag zu Tag frecher ihr Haupt erhebt. Dieselben
Elemente, die vor einem Jahre am 9. November sich mäuschenstill
geduckt und dem Himmel gedankt haben, daß ihnen die anständige
Arbeiterschaft Leden und Eigentum ließ, dieselben Clemente erheben
heute laut ihren Kampfruf nicht nur gegen uns Sozialdemokraten,
sondern gegen alles, was überhaupt Demokratie heißt. In der
gemeinsten Art und Weise wird die gegenwärtige traurige Lage
parteipolitisch ausgenützt.
Der „M e nn h e i ni e r G e n e r a l a nz ei g e r", das eifrige
Sprachrohr dieser Gruppen, zitiert in seiner Nr. 494 in mephisto-
phelischer Freude den „Pressedienst der Deutschen
V o l k s p a r t e i", der einen Rückblick auf die Leipziger Tagung
dieser Partei crllhält. Bezüglich der Abgrenzung gegen links
heißt es dort
„Der nächste Wahlkampf wird gegen die Demokratie unter
der Parole geführt werden, daß sie die Grundsätze und dir In-
teressen des deutschen Bürgertums an die Sozialdemokratie ver-
raten hat, und daß sich unter der Fahne der Deutschen Volks-
partei alle sammeln müssen, die im Kampf gegen die Volks- und
vsleriarchsverderbekdeu Kräfte der Revolution zusammenstehen
wollen. Immer wieder klang auf dem Parteitag, namentlich in
der politischen Aussprache, dieser Kampf gegen die Demokratische
Partei durch, immer wieder wurde betont, daß eine politische
Mitarbeit nach dieser Seite völlig ausgeschlossen ist."
Ganz andere Töne dagegen werden angeschlagen bei der Ab-
grenzung gei.cn rechts, gegen die konservativen Deutschnatio-
mcllcn. Da heißt es:
„Die politische Gegenwirkung, die wir gegen die Politik des
9. November und ihre bis heute ungebrochene Folgewirkung aus-
üben wollen und ausüben müssen, führt beide Parteien, trotz
aller grundsätzlichen Verschiedenheiten, immer wieder auf dem-
selben Wege zusammen. Dieses sxeunds'chaWche Nebeneinander,
wie es Dr. Stresemonn in Leipzig nannte, ist die einzig zweck-
mäßige politische Form. Jeder Versuch, darüber hinauszustreben,
kann nur störend wirken."
Dann heißt es weiter über die demokratische Orientierung un-
lerer Politik:
„Dem deutschen Volke ist durch die sozialdemokratische und
die demokratische Partei seit einem Jahre auf dem Gebiete der
auswärtigen wie der innere» Politik reichlich Gelegenheit geboten
worden, Erfahrungen mit der reinen Demokratie und dem reinen
Parlamentarismus zu mache» und auf experimentellem Wege
die Geeignetheit dieses Systems für Deutschland zu erproben.
Dir gemachten Erfahrungen sind nicht eben ermutigend gewesen."
Und schließlich faßt der „GeneralanzeiWr"-Artik?er seine Weis-
Heil in folgende demagogischen Sätze zusammen:
Es ist auch eine gefährliche Illusion, wenn hie und da im
demokratischen Lager gemeint wird, die Enttäuschung und der
wachsende Widerstand gelten nur dem Uebermaß sozialistisch-
dcmokratischer Revolutionsentwicklung. Wir haben vielmehr
den Eindruck gewonnen, den tägliche Erfahrung und Beobach-
tung der spontanen Aeußerungen der Volksseele immer mehr
befestigt, daß es sich in der Gegenbewegung nicht nur um eine
Korrektur brr allzuweit ausgeschlagenen Pendels handelt, son-
dern um den enlschlosseMU Widerstand gegen das sozialistisch-
öemskratische System als solches. Es hat versagt, es hat auch
de» Arbeitern nicht gehalten, was sie von ihm erwartet haben
und was ü ncn von den Sozialisten und den Demokraten ver-
sprochen worben ist. Gerade dieser Gesichtspunkt muß stark
hervsrgehoben werden, damit nicht der billige Verdacht geäußert
werden karn, es handle sich um bürgerliche Klassenpolitik.
Eigentlich sollte es unnölig sein, über eine solche Demagogie
-auch nur noch ein Wort zu verlieren. Aber leider sind wir noch
nicht so weil m der politischen Reife des deutschen Volkes: Es gibt
immer noch Leute, die auf solche bewußte Verdrehungen der wahren
Sachverhalte lnncinfallen. Und immer sind es gerade diejenigen,
die noch nie klar gewußt haben, was sie eigentlich politisch wollen,
sondern die immer xrst jeden Morgen beim Frühstück sich von
ihrem sogenannten neutralen „Generalanzeiger" die politische Ucber-
zeugung beivrmgen lassen.
Es ist wahr und wir leugnen cs am allerwenigsten: Das
deutsche Volk ist müde, in weiten Kreisen bis in die Arbeiterschaft
hinein besteht eine große Unzufriedercheit mit der bestehenden De-
mokratie, mft der demokratischen Regierung. Worin liegen aber
die Ursachen dieses Zustandes? Ohne Ausnahme im alten System,
bei den Pattefon, die es noch bis zuletzt gestützt haben.
Einige Beweise für diese Behauptung mögen hier genügen.
Unser Bolt ist leiblich und seelisch ruiniert; weite Schichten kennen
nur Jagen noch Gewinn und Luxus; die wildesten Instinkte sind
entfallet, jede Autorität ein Stein des Anstoßes. Aber an all dem
ist doch nicht die Resolution schuld, sondern das alte System, die
KricgspvlM der herrschenden Klaffen, die in der Revolution jäm-
rnerlich zusammengebrochen ist. Alle die schlechten Eigenschaften,
die man jetzt so gern mit überlegenem Unschuldsbewußlfein an unse-
rem „Volke" tadelt, sie sind ihm ja im Krieg systematisch anerzogcn
Worden. N«r eine nicht: die Verachtung jeder Autorität. Nein,
-an gehorsamst» AutvritLtsbewußtsein haben wir im Kriege zuviel
gehabt und die jetzige Zügellosigkeit ist nur eine Folge der Ucber-
spanmmg. Das deutsche Volk, das allzulange mit den Sklaven-
ketten eines simplen Untertanenverstandes an die herrschenden
Masten gefesselt war, ist jetzt frei und gebärdet sich jetzt oft etwas
Zu toll, weil es das autonome Gesetz, das in der Freiheit liegt,
koch nicht begriffen hat.
Es ist ja sc leicht, jetzt dem Volle die Regierung und damit
scheinbar die Demokratie als solche zu verleiden. Aber das ist
Lar..; gemeine Irreführung. Nicht die Regierung und die Demo-
 
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