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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1) — 1919

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Nr. 61 - Nr. 70 (10. Dezember - 20. Dezember)
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V



2 (Ausnahmen vsn der Besteuerung) wird ein vom Abg.

Die Beratung des BstrreÄsriLtegesetzes
Lis nach WsihUschLeN VerschSKen.
Brrliü, 18. Dez. (W.B.) Der Aeltesten Rat der Natwnal-
versammlung hielt eine längere Sitzung über die Geschäftslage ab
und smigts sich dahin, am 13. Januar 1920 wieder zusammen
zu treten, um das Betriedsräkegrsetz zu verabschieden.

den übrigen Arbeiterräten vorher mitgeteilt, — niemand hat ihn
zurückgehalten — er hat sich nach der Tat gerühmt, niemand hat ihn
verhaftet. In München ist weit mehr geschehen, als die Affekt-
handlung eines Einzelnen: ein xolitiiwes Verbrechen größten Stils.

HMMsrs, Doemsrsiag, -LS. DszsWKsr -LA-L9
M. 6Z * -L. LaHWMS

daran arbeiten helfen, um alles für die kleinen Vermögen zu tun, was
möglich war; ebenso sind wir den Ausländsdeutschen möglichst entgegen-
gekommen.
(Die Sitzung dauert fort.)

ÄKKHszeM'Mg Mr öis VEstigL BeEkLMMg Sse ÄMiÄheMe Hsideßberg, Wiesisch, Oikksheim, EppingsK, Eerdach, Msshsch, Buchmr, Udswhsim, Boxhers,
T«SeMfchsfsheiM Nuö WsrihsiM.

MMgSArelS: Msnailich einschl. Trägerioho 1.6* durch dis Kost
HezvMN Asnatiich l.so viertsljährlich Mk. sussch!, Justeüung.
ULMlKMp-'Liss: Dis eMspnKge prtltzeile (ZSmm KM) 36 Pfg., Ke-
MmLÄinzsigen (SS mm breit) 1.8S M. Sei WiedechskunKen ÄaHlaß
nach Taris. GcheiMmittst-Anzsigen werhrr- nicht anfgsiwmmM.
MßfcheckkSÄwKarWmheRr.rLZM. TÄ.-Aör.: B »kszeüWg AeldMerg,

Die Annahme des ReichsnoLspfers>
Berlin, 18. DG. (W.B.) Die Nationalversammlung nahm
das Rrichsnvtopfer in 3. Lesung an.
Gerard amerikanischer Präsidentschafts-
Kandidat»
Haag, 18. Dez. (W.B.) Der frühere amerikanische Botschaf-
ter in Berlin, Gerard, hat eine Kvmpagns für die Präsident)chafts-
würde als unabhängiger Kandidat bekommen. Er soll versuchen,
von den Demokraten als Kandidat ausgestellt zu werden.
Bolschewistische Erfolge.
Haag, 18. Dez. (W.B.) Aus Moskau wird gemeldet, dass dis
Bolschewisten Kiew eingenommen haben. Die weißen Truppen sind
auf der Flucht.
Bergarbeiterstreik m Belgien.
Brüssel, 18. Dez. (W.B.) Den Zeitungen Zufolge hat sich
der Bergleutestreik aus die Gegend der unteren Sambre ausgedehnt,
wo WM Bergleute die Arbeit niedergelegt haben.
Chinesisch-japanischer Konflikt.
Rotterdam, 18. Dez. (W.B.) Dem Nieuwe Rstterdamsche
Courant wird aus Tokio gemeldet, daß Chino wegen der Zwischen-
fälle in Futschau an Japan die Forderungen stellte, die japanischen
Konsulare in Futschau abzuberufen, sich wegen der Ermordung chi-
nesischer Studenten Zu entschuldigen, den Angehörigen der Toten
und Verwundeten Staatsoergütung zu gewähren und die Täter zu
bestrafen, den papanischen aKuflsuten zu verbieten, Waffen zu tra-
gen und auch den den Oberkommißar in Futschau zu bDrafen. Es
besteht allerdings wenig Aussicht, daß Japan diesen Forderungen
zustimmen wird.

Derantivsttk.: Mr innere u. äußere Politik, LNMwirtschaft u. Fsuilketon: Dr,
K.Kraus, für KvmMUnales u. fszisle Rundschau: I. Kahn, fürLokales:
O. Geibel, für die Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich in SsibttberH.
DmL und Verlag der Lnkeröadischsn Vsriagsanfiatt G. M. d.H., HeitzslbsiG,
GeschLWsteKe: Gch rSdersiraßs 3S, Fernsprecher 2673; Redaktion: 2648.
GsschSstsstunden: ähr. Gprechstuirden der RebMivn: 11-1? Ühr,

DeNtsche NaLiÄnalVSrssMMlKNg.
Berlin 17. Dez.
Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um l0.20 Uhr.
In Fortsetzung der zweiten Beratung des llmsahsteuergesetzes lehnt
namens seiner Fraktion der Abg. Eichhorn (L.S.P.) den Gesetzentwurf
grundsätzlich ab.
K 1 wird in der Ausschußsaffung angenommen«.
Au 8 2 (Ausnahmen von der Besteuerung) wird ein vom Abg.
Philipp (D.N.) begründeter Antrag Arnstadt abgelehnt, der kleineren
Unternehmungen Entnahme von Gegenständen aus dem eigenen Betrieb
in geringerem Umfange erlauben will.
Zu 8 3 (Befreiung der Länder und Gemeinden von der Steuer)
wird ein vom Abg. Dr. Raschig (Dem.) begründeter Antrag Waldstein
angenommen, der für Reich, Länder und Gemeinden und Gemeindever-
dände, Schlachthöft, Gas-, ElektrizitätZ- u. Wasserwerke von der Steuer
befreien will.
Abg. Westlich (D.-R.) begründet einen Antrag Arnstadt, einen
ff 7a emzufugen, nach dem Lieferungen von 300 VW Mk. jährlich um-
satzsteuerpslichtig sind, die bei einem Unternehmen, das aus verschieden-
artigen Betrieben besteht, aus einem dieser Betriebe an den anderen ge-
liefert werden. Umsätze unter dieser Summe sollen freibleiben.
Der Antrag wird, nachdem ein Regierungsvertreter seine Durchfüh-
rung für unmöglich erklärt hat, abgelehnt.
Zu M 31 und 31 a begründet Abg. Kempkes (D. Bp.) einen Antrag
wegen Herabsetzung der Inseratensteuer auf 5 Proz. und wegen Strei-
chung der Staffelung, sowie einen Eventualantrag aus Herabsetzung der
Staffelung.
Abg. Sidow (Soz.) beantragt zu 8 31 n eine andere Fassung,
nach der die Evmesiung der Inseratensteuer nach der Staffelung des
Ausschußes für die Zeitungen ohne weiteres eintritt.
Dieser Antrag wird angenommen.
Der Rest der Gesetzes wird angenommen.
Nächste Sitzung 3 Uhr. Tagesordnung: Reichsrwtopfer und anderes.
Präsident Fehr end ach teilt mit, datz der Antrag auf Zurück-
verweisung des Reichsnvtvpsers an die Kommission wieder eingebracht
werden wird. Schluß 1^ Uhr.
Rachmittags-Sitzung.
Präsident Zehrend ach eröffnet die Sitzung um 3.20 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht die dritte Beratung des Reichsnvt-
opfers.
Es liegt ein Antrag Becker-Ri eher (D. Vp.) vor, den Ent-
wurf an den 10. Ausschutz zurückverweisen.
Abg. Schulz-Bromberg (D.-N.) erklärt namens der Fraktion,
sie erhebe vor der Berabkcyiedung des Gesetzes laut ihre warnende Stim-
me und lehne jede Verantwortung für die Folgen des Gesetzes ab.
Abg. Ri eher (D. Vp.) bestündet den Antrag Becker-Riehen
Die Zurückrveisung soll besonders dem Zweck dienen, aus eine Er-
klärung der Entente zu drängen, datz das Reichsrwtopfer nicht von der
Entente beschlagnahmt wird. Dem Reichsnvtspfer siebt tast eine ge-
rne Phalanx aus Landwirtschaft, Handel, Industrie und Gewerbe
entgegen. ,
Vizepräsident L ö b e teilt mit, datz für den Antrag Becker-Rreßer na-
mentliche Abstimmung beantragt ist.
Abq. Wald stein (Dem.)-. Unsere Fraktion steht einmütig auf
dem SkandpuM, datz der Be n zu einer statten Svnderleistung heran-
gezogen werben mutz. Eine Minderheit hat aber starke Bedenken gegen
die vorliegende Form des Notopfers. Die Mehrheit meiner Parte, stellt
jedoch alle Bedenken zurück. ,
Abg. Wurm (U.S.): Wir lehnen den Antrag Becker-Riester ad.
Abg. Dr. Braun (Soz.): Wir sehen in der Vorlage nicht das
verwirmcht, was wir gehofft hoben, aber wir höben in der Kommission

Die LehreR des LwÄRer-PrÄZeffZS.
Leber dis Tat Lindners und ihre Begleitumstände sprechen dis
Unabhängigen nicht gern. „Tine Affekthandlung — Reflexwirkung
.Ker Ermordung Eisners" — damit glauben sie die Sache abgetan
MS Haden. Ader der Tat kommt eine weit größere politische Bedcu-
«M W.
Rag Lindner auch ein leicht erregbarer, jähzorniger Mensch
Mdsfen sein, auf dessen Seelenstimmung die Nachricht von der L»
srwkdung Elsners erschütternd eimvirkte, so ist doch zunächst der
Umstand auffällig, daß sich sein Zorn nicht etwa gegen einen Ge-
Mnmrngsgenoffen oder Standesgenosien des feudalen, reaktionären
Attentäters auf Eisner richtete, sondern gegen einen Führer der
sozialdemokratischen Mehrheitspartei. Durch die Verhandlungen
ist dieser Umstand in eigentümlicher Weise geklärt worden: Gegen
Lu er hatte sich die Schmutzflut jener systematischen unabhängigen
Berleumdrmgskampagne gewälzt, von der noch kein mehrheits-
fszisWischer Führer verschont geblieben ist. Die gemeinsten, ekel-
Häftcsten und stinkendsten Lüge" waren von linksradikaler Seite
gegen Auer Ausammengetragen worden, Lügen, denen gegenüber
selbst der Verteidiger des Angeklagten es für seine Ehrenpflicht
hielt anszusprechen, daß nicht ein Wort von ihnen bewiesen oder
Wahr sei. Das hat freilich dje unabhängige Partei nicht gehindert,
kn der Zeugenaussage des Sekretär Fechendoch, der all jene
Gchmutzgerüchte noch einmal in behaglicher Breite vvrtrug (in allen
snberen Punkten litt er an Gedächtnisschwäche), die lügenhaften
Beschuldigungen gegen Buer durch Fett- und Sperrdruck nochmals
tzervorzuheben. damit ihre Leser nur nach wie vor glauben sollten,
es seien lautere Wahrheiten. Dis Widerlegung wird nachtürlich
weggelassen und die Leser glauben ...
Hier haben wir eine treffliche Hetzkampagne, deren Opfer auch
Lindner geworden ist. Auch er hat geglaubt. Auch er hat die von
ffrupellojcn Agitatoren ausgeheckten stinkigen Lügen für lautere
Äechrhett genommen. Der Gedanke, Auer zu töten, ist in ihm schon
sänge vor der Ermordung Eisners a«sgekeiMt; er ist ja der Mann,
der Mer vor feiner Wohnung auMlcmerr hat. So kann man ohne
M gsrmaste Äedertreibung sagen, datz Auer unmittelbar durch die
Kugel, mittelbar aber durch das Gift der unabhängigen Verleum-
durrgsmethode hingestreckt worden ist.
Wer die Beweisaufnahme har noch mehr ergeben: sie zeigt
Lindners Tat als nur ein Tcilftück eines politisch viel bedeutenderen
Vorgangs der gewaltsamen AluseinMdsMAMig des daynschen
Lsui-'tags. Was von unabhängiger Seite stets geleugnet und be-
stritten worden ist, liegt jetzt sonneklar zutagrmämlich, datz ein An-
schlag auf den bayrischen Landtag am 21. Februar 1919 planmäßig
vorbereitet und ausgeführt worden ist. Ein Anschlag, der auch ohne
Lindners Tüt in ähnlicher Form zur Ausführung gelang! wäre.
Am 21. Februar- war die Situation der Münchner Räte fast
dieselbe wie der russischen Bolschewik, ein Jahr vorher, als die
Msifchc Duma zusammentrat. Die Bolschewiki hatten im Oktober
1917 die tatsächliche Macht erlangt, aber die von ihnen ausgeschrie-
benen Wahlen halten gegen sie entschieden, sie hatten kaum den
vierten Teil der Parlamentssitze erlangt. Um die Macht nicht an das
Parlament adtreterr zu muffen, jagten sie dieses mir Kanonen und
Bajonetten auseinander.
Äo viel schlimmer war dis Wahlniederlage der bayrßchen Un°
abhängigen bei den öanuarwahien gewesen. Sie hatten noch nicht
Z Prozent der abgegebenen Stimmen erlangt. Aber die Macht
schmeckte süß, sie zeigten keine Neigung, die Konsequenzen dieser
katastrophalen Niederlage zu ziehen. Eisner und wenige seiner
engeren Anhänger waren vielleicht zum Nachgeben geneigt; die
große Masse der Räte vom Kaliber Alois Lindners, dessen engen
politischen Horizont sein eigener Verteidiger als Milderungsgrund
«ns Treffen geführt hat, dachten gar nicht, daran, ihre Posten preis-
zugeben, die ein so bequemes Leben sicherten. Kein Anzeichen
spricht da,ur, datz der „Revolutionäre Arbeiterrat" jemals auch nur
W Geiste daran gedacht hat, seine effektive Macht dem Parlament
sdzutreten.
Unter solchen Umständen blieb ihm garmchts anderes übrig,
als das Parlament nach russischem Muster auseinanderzujagen.
Die große moralische Entrüstung, mit der jetzt die Unabhängigen
diesen Plan leugnen, wirkt einfach lächerlich. Man braucht nur
Mural die Frage aufzuwerfen: Wie wollte denn dc-r Revolutio-
näre Arbeiterrat seine Macht anders behaupten, — und daß er sie
behaupten wollte, steht doch außer allem Zweifel!
Doch nicht nur der logische Zusammenhang der Dinge beweist
den Plan, es liegen auch genügend eindeutige Tatsachen vor. Fol-
gendes ist durch die Verhandlung einwandfrei u, unwiderleglich fest-
gestellt worden: Zur 1 Sitzung des Parlaments konnten die Abgeord.
Mer für ihre Angehörgien keine Tribünenkarten bekommen. Der
Revolutionäre Arbeiterrat hatte sie sämltich für seine Mitglieder
and Anhänger beschlagnahmt. Ein zuverlässiges Regiment, das
den Landtag schützen sollte, wurde vom Arbeiterrat abgefangen und
aufgelöst. Dagegen erhielt der Landtag eine Besatzung, deren Mit-
glieder nicht einmal zu bewegen waren, den auf frischer Tat betrof-
fenen Attentäter Lindner zu verhaften und welche die Abgeordneten
bedrohten, anstatt sie zu beschützen. Die Abgeordneten selber wur-
den beim Eintritt in den Saal auf Waffen durchsucht. Die Mitglie-
der des Arbeiterrats dagegen erschienen schwer bewaffnet mit Re-
iövlrern und Handgranaten. Nachdem Lindner sein Attentat voll-
führt hatte, wurden von der Tribüne aus, auf der die Arbeiterrats-
mitglieder faßen, noch etwa 12 Schöffe in den Saal abgegeben, de-
nen der Zentrumsabgeordnet« Oft! zum Opfer fiel. Es ist ein-
wandfrei festgestellt worden, daß Osel von der Tribüne ans, nicht
von Lindner erschoßen wurde. Den flüchtenden Abgeordneten rief
der Vorsitzende des Arbeiterrats Hagemeister zu: „Das i st die
Rache des Proletariats!" And während man sich um
die Schwerverletzten und Sterbeirden bemühte, suchten juzwerbe-
wannete Anhänger des Arbeiterrats nach dm Genoßen Thimm und
Roßhaupten, um ihre Leichen denen der Defallenen zuzufügen.
Wenn vies nicht ein Bild eines voüenveten Komplotts ist, so
hat es noch nie ein solches in der Weltgeschichte gegeben. Dem Ge-
samkdus gegenüber spiel! es nur eine geringe Rolle, ob oie Tai
Lindners zum ursprünglichen Programm gehörte oder infolge der
blonderer. Erregbarkeit Lindners programmägig dazugekommen ist.
Sicher ist: auch Lindners Tat konnte sich nur in der Atmosphäre
eines Arbeiterrats entwickeln, der unmittelbar zu einer Gewalt-
hsM«ig großen Stils entschloßen war. Lindner hak sein« Absicht

Politische Übersicht
Fort mit der Kleinstaaterei! Wir wollen den grossen Machtvolle«
Einheitsstaat.
Das Problem Einheitsstaat und Bunde s st a a t oder
vielmehr in seiner jetzigen staatsrechtlichen Form Reich und L ä n-
der ist das grundlegende mnerpvlitische Problem der nächsten
Jahre. Wir haben am Dienstag die Meldung gebracht, daß die
Mehrheitsparteien des preußischen Landtags durch einen Initiativ-
antrag den ersten Schritt auf dem Wege zum Einheitsstaat gemacht
Haden.
Wir erinnern ergänzend an den Beschluß unseres Weimarer
Parteitages im Juni dieses Jahres:
Der Patteitag spricht sich mit aller Entschiedenheit sür die Schaffung
der deutschen Einheitsrepudlit aus und fordert die Parteigenossen in der
Regierung, in der RattsrmivsrsammlMg und im ganzen Reiche auf, aste«
partikulariftischen Tendenzen wirksam enigegenzntreten.
Die freiheitliche Entwicklung Deutschlands wird erst gesichert, wen«
di« Gliederung der Reichs- und Bundesstaaten überwunden sein wird.
Dir Wirkungen des Krieges müßen zu einer Verbilligung »nd damit
zur Vereinheitlichung dec Verwaltung führe;:. Aus dem einheitlichen
deutschen Wirtschaftsgebiet Muß auch das einheitlich geschloßene deuftch«
Staatswesen erwachsen.
Zu dieser Frage schreibt nun der „B o r w ä r t s":
Die Revolution vom Jahr 1918 war leider auch
nicht die deutsche Revolution, weit mehr war sic die
Revolution der Bayern, der Kieler und der Kölner, der Sachsen-
Weimarecmer und der Reuß-Geraer. Selbst in der vom Prole-
tariar und von der ehemalig kaiserlichen Armee getragenen Revo-
lution kamen alle Partikularismen der zahlreichen Klein-Deutsch-
lands in Erscheinung. Doch regte sich das Streben nach einem
einigen Deutschland, zum geringsten nach einer Neueinteilung
Deutschlands auf Grund wirtschaftlicher Notwendigkeiten, auf
Grund der Zusammenfassung der Stämme und unter Berücksichti-
gung der großen geographischen Zusammenhänge wie der gegen-
wärsigen Notwendigkeiten, aber ohne Rücksicht auf die Geschichte
der Dynastien, dis den Einzelstaaten ihre gegenwärtige Gestalt ga-
ben. Die Dynastien wurdest vertrieben; es blieben aber nicht nur
die Kaiser- und Provinzstraßen in allen Städten Deutschlands, es
Weben such alle Grenzen, wie sie aus Erbverträgen von Wettlurrn
unk» Hshsnzollern und aus Mitgiste« von Prinzessinnen erwachsen
waren.
Stärker als unser ideales Streben nach dem einigen Deutsch-
land, das der deutschen Sozialdemokraten geistiges Erbgut von
Marx und Engels, von Bebel und Liebknecht ist, ist die wirt-
schaftliche Not unseres Reiches, auch die wirtschaftlich«
Not aller unserer Länder, aller unserer Städte. Wir stehen mit
einem Re'chtum von Ministern, wie ihn kein europäisches Land sonst
Hst, vor der Notwendigkeit, die schwersten Steuern auf jeden ein-
zelnen zu legen. Diese Steuern sind nur zu ertragen, wenn wir
gleichzeitig äußerste Sparsamkeit in die Verwal -
tung hineinbringen.
Wie in der Industrie, gilt es auch im Staate, daß der Groß
betrieb das Vorteilhafteste, Billigste, Aussichtsvollste ist. Wir müs-
sen mit den Kleinbetrieben im Staatswesen aufhören, wir müßen
der Zwergwirtschaft ein Ende machen, wir müßen Schluß rufen der
Verschwendung, nicht nur an Geld, sondern auch an geistiger Kraft,
in den Leistungen unserer öffentlichen Körperschaften.
Diese Verschwendungen können wir uns auf die Dauer nicht
leisten. Alles ruft nach Konzentration der geistigen, der politischem
der wirtschaftlichen Kraft in Deutschland, wie in jeder Partei. Wie-
viel Verschwendung ist es, daß wir überall in allen Parteien neben
der Gemeinde- und Reichspolitik noch preußische Politik, noch
bayerische Politik, reutziscke und Altenburger Politik treiben müssen!
Eine ganze Anzahl von Kräften wird verwendet, um die angeblich
gegensätzlichen Interessen der einzelnen Länder auszugleichen. Wir
müße» uns auch im Innern des Reiches mit zahlloser Dipivmati-
siLrerei und Kompromißelei abgeben. In keinem Land der Wett
wird so viel Kraft in der obersten Leitung der Staatswesen ver-
schwendet als bei uns. Die ganze Politik und Verwaltung im
alten Deutschland wie im neuen Deutschland zeigt, daß wir keinen
Ueberschuß an politischen Kräften, an staatsmännischen Fähigkeiten,
an organisatorischen Genies haben. Trotzdem muffen wir aber von
neuem alles aufbauen, wir müßen streben, nicht mit der alten Ver-
waltung und mit den alten Geheimräten zu wirtschaften. Wenn
wir endlich zu dieser Leberzeugung gelange«, dann müßen wir spar-
sam mit den neuen Kräften für Reich und Verwaltung wirtschaften.
Schwere Anklagen gegen die Schwerindustrie.
Bei der Beratung des Reichsnotopfers in der Nationalver-
sammlung führte unser Genöße Braun-Franken u. a. folgen-
des aus:
Der gestrige Tag hat bewiesen, daß die Herren von der Rechten
alles tun wollen, um das Zustandekommen des Reicksnotopjers zu
verhindern. Sie sind bemüht, die Steuergesetze zu sabotieren. Mit
allen Mitteln wollen sie die Verhandlungen stören. Wir werden aber
dafür sorgen, daß ihre Pläne nicht gelingen, daß die Krregsgewinne
erfaßt werden und ein gerechter Ausgleich im Volke hergcstellt wird.
Für die Rechte gilt bas abgeändette Wort Bismarcks: „Wir Deutsche
fürchten nichts so sehr, als Steuer« zu zahlen." Es gibt keinen ärgeren
Aoiinationalismus
als denjenigen, der es uns unmöglich machen will, den Wiederaufbau
zu vollziehen. Das ist die Drückebergerei des Kapitals. Das, «Kapital
hat sich immer vom Steuerzahler, gebrückt, schon seit der Eminöung des
Reichs. Alle Lasten mußten die breiten Massen tragen.
Der Kamps gegen Erzberger
ist nichts weiter als ein Kamp? gegen die Belastung des Besitzes. Man
will diesen Mann fällen, weil er im Gegeirsatz zu seinen Vorgängern
die größte Tatkraft bei der Lösung Per Finanzsragen zeM Ihre Politik
(nach rechts) suhtt naturgemäß zum Siaatsbankerott und dagegen muffen
wir uns mit aller Entschiedenheit wenden. Der Kamps von rechts wird
gegen die Republik, gegen die Nationalversammlung, gegen alle sozialen
Maßnahmen geführt. Wir aber wollen Deutschland retten, wir wollen
 
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