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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1) — 1919

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Nr. 51 - Nr. 60 (28. November - 9. Dezember)
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Deutsche
Spar - Prämienanleihe
19 19

Ausland.
Frankreich.
Paris, 25. Nov. (Wolfs.) In der heutigen Sitzung des Mi°
msterrats haben die bei den Kammerwahlen nicht wiederge-
wählten Minister und llnterstaatssekretäre Tlemenceau ihre
Demission überreicht. Ihre Nachfolger werden im Lause des
nächsten Ministerrats bezeichnet werden. Bis dahin erledigen die
im Ausscheiden begriffenen Minister die Geschäfte.
Paris, 25. Nov. (Privatmeldung der „Köln. Volkszig.") Der
„Presse de Paris" zufolge ist eine lleh erw a chungskommis- .
sion, bestehend aus 27-französischen Offizieren und 82 Beamten -

Die Lsge im Oftem
tzeksingsors, 28. Nsv. (W.T.B.) Dis NordWefiarinee
Wurde aufgelöst, ebenso die nordWestrusstsche Regierung. Dis
Bolschewiken konzentrieren an der Nordwestsront vorzügliche
Truppsrr, sodaß die Stellung der Esten erschwert ist.
Das belgische Kabinett.
Brüssel, 28. Nov. (W.T.B.) Das neue Kabinett
wurde unter dem Vorsitz von Ds la Croix gebildet. Es
umfaßt die früheren Minister mit Ausnahme von Broque-
vills. Aich der Sozialist Detsree und PouletL ge-
hören dem Kabinett an.
Die Zusammensetzung der französischen
Kammer.
Paris, 28. Nov. (W.T.B.) Bis jetzt sind 600 Re-
sultats der Kammerwahlen bekannt, 16 stehen noch aus.
Gewählt sind: 133 Linksrepublikaner, 60 Radikale, 83 Radikal-
sozialisten, 27 RepublikanersoziaWen, 68 unifizierte So-
zialisten, 6 Dissidendesozialisten, 133 Progressiften, 63 Ver-
treter der Aktion-Liberale, 31 Konservative, 350 Deputierte
wurden nicht wiedergewählt, 350 wurden neu gewühlt.
L. .Der Friede mit Bulgarien.)
Paris, 27. Nov. (W.T.B.) Stambulinski hat den
Friedensverttag zwischen Bulgarien und der Entente
heute vormittag 10.40 Uhr unterzeichnet.
Die SiiMkWLK mtLerzeichRLK nicht.
Versailles, 28. Növ. (W.T.B.) Die für gestern
Nachmittag in Aussicht genommene Unterzeichnung der
Frisdenskonsession durch.den südslawischen Vertreter konnte
nicht ftattfinden. Man wartete an Quai d' Orsay vergebens.
Die Vertreter kamen nicht, sondern ließen mitteilen, daß
ihrs Instruktionen nicht genügend seien. Ohnedies könnten
die SüdslLwe-r nicht den bulgarischen Friedensvsrtrag unter-
zeichnen, ebensoWemg wie die Rumänen.

Der Kampf um -is BeLrieLseLLe.
Von Friedrich Stampfer.
Die Beratung des Gesetzes über die Betriebsräte hat zu lang-
wierigen Verhandlungen zwischen den Regierungsparteien Anlaß
gegeben, und dabei trat in den letzten Tagen eine kritische Zu-
spitzung ein. Der Kamps dreht sich um die Vertretung der Ar-
beiter im Auftichtsrat von Aktiengesellschaften und um das Recht
ihrer Vertreter, in die Bilanz Einsicht zu nehmen. Väter aller
Hindernisse sind die Demokraten, dis sich gegen das Eindringen der
Betriebsräte in die Aufsichtsräte und gegen ihr Recht, in die Bi-
lanz Einsicht zu nehmen, hartnäckig sträuben und so tun, als-ob
durch die Annahme dieser Forderung die ganze Industrie in Ge-
fahr geriete.
Der Witz der Weltgeschichte ist dabei der, datz der Gedanke,
der im Betriebsrätegesetz veinvittlicht werden soll, von Hause aus
gar kein sozialistischer, sondern, ein liberaler ist. In der Zeit, in der
die Erörterungen der sozialen Frage noch in der holden Sphäre der
Theorie schwebten, waren es liberale Wortführer, die dem sozialisti-
schen Gedanken der Vergesellschaftung die liberale Idee des sogen.
„Fabrikkonstitutionalismus" entgegensetzten. Diese svzialliberalen
Wortführer argumentierten so, daß zwar der Kapitalismus an sich
nicht zu beseitigen sei, dasz man aber dem Absolutismus des Zlxbeit-
gcbers Schranken setzen rönne durch ähnliche Einrichtungeck wie
jene, die im Staat zur Einschränkung der Macht des Staatsober-
hauptes dienen. Der eigentliche Vorkämpfer dieses Gedankens war
der liberale Fabrikant Heinrich Freese, der das konstitutio-
nelle Fabriksystem in seinem Betrieb einfiihrte und lebhaft für die-
ses Anhänger warb.
Jetzt beugen sich die Demokraten den Wünschen der Unterneh-
mer, der Vater dieser Wünsa-e aber ist die Angst. Genau so wie
vis absolutistischen Staatslenker der Vorzeit glauben die kapitalisti-
schen Betriebsleiter der Gegenwart von einer Einschränkung ihrer
Machtfülle einen Schaden erwarten zu müssen. In Wirklichkeit
aber handelt es sich bei ihnen um garnichts anderes als um dis
Furcht vor dem Ungewissen und die Unfähigkeit, sich auf die For-
derungen der neuen Zeit einzustellen.
Es wäre zweifellos eine Gewissenlosigkeit, wenn man die Ein-
führung von Betriebsräten mit weiten Befugnissen forderte, ohne
davon überzeugt zu sein, daß diese Einrichtung unserer Wirtschaft
nicht Schaden sondern nützen wird. Der Nutzen wird sich freilich
erst in dem Maße Herausstellen können, in dem die Betriebsräte in
ihren Pflichtenkreis hineinwachsen werden, und da gebe« wir uns
für die erste Zeit durchaus keine» übertriebenen Hoffnungen hin.
Es ist einfach lächerlich, wenn die Unternehmer von der Teilnahme
der Betriebsräte an den Aufsichtsräten und von ihrem Recht, Ein-
sicht in die Bilanz zu nehmen, irgendwelche fabelhafte Nachteile
für sich erwarten. Der Normalfall wird nämlich in der ersten Zeit
der sein, daß es im Belieben der Unternehmer stehen wird, den
Arbeitern blauen Dunst vorzumachen. Es erfordert besondere
Fähigkeiten und ein gründliches Hineinarbeiten in die Materie, be-
vor die Arbeitervenreter wirklich imstande sein werden, mitzureden.
Von Betriebsräten, die in gewissenhafter Arbeit die erforderlichen
Fähigkeiten erworben haben, wird aber den wirtschaftlichen Unter-
nehmungen keine Gefahr drohen, sie werden wirtschaftliche Einsicht
genug besitzen, um nicht Unmögliches zu fordern. Die Einrichtung
von Betriebsräten im Sinne Les Gesetzentwurfes wird also, je
mehr sie sich einlebt, desto mehr Lazu dienen, die Arbeiter von For-
verungen abzuhalten, die für die Industrie Wittlich ruinös sind.
Wenn sie aber in diesem Stadium ihrer Entwicklung eine Schranke
für eine grenzenlose Plusmacherei bilden sollten, so kann das für
wirkliche Demokraten und „Sozialliberale" kein Grund sein, sich
gegen die wichtigsten Bestimmungen des vorliegenden Gesetzent-
wurfs feindlich zu stellen.
Das Zentrum, diplomatisch geschickt wie immer, nimmt eine
weniger unversöhnliche Stellung ein, es steckt sich aber hinter die
Demokraten und erklärt, daß das Gesetz durch Uebereinstimmung
aller drei Regierungsparteien zum Abschluß kommen müsse. Es
weigert sich also, nötigenfalls gemeinsam mit den Sozialdemokraten
die Demokraten zu überstimmen. So wird unfern Genossen in der
Nationalversammlung in recht schmerzlicher Weise zu Bewußtsein
gebracht, daß sie auf sich allein gestellt noch nicht die Herren der
Situation sind. Vergleicht man damit dje Verhältnisse in andern
Westeuropäischen Ländern, so sieht man freilich, daß dort der Ein-
fluß der sozialistischen und Arbeiterparteien noch geringer ist als
bei uns. Unsere Bäume sind wahrhaftig noch nicht in den Himmel
gewachsen, und die russischen Treibhauskulturen eifern nicht zur
Nachahmung an.
Leider erfahren wir sehr wenig von dem wirklichen Stande
der Dinge in Rußland, aber aus dem wenigen geht doch hervor,
daß dort die Betriebsräte so gut wie ausgeschaltet sind und daß
der vom Staat angestellte hochbesoldete Betriebsleiter dort ebenso
willkürlich wirtschaftet wie in kapitalistischen Staaten der Unter-
nehmer. Das ist denn auch wahrhaftig kein Wunder, denn der
Einfluß der Arbeiter auf die Betriebe hängt i« erster Linie von
ihrer Bildung ab, die komplizierte Verflechtung des Betriebs in die
Gesamtwtttschast zu bereifen. Darin sind dre russischen Arbeiter
noch weit zurück, und Bestimmungen, die auf ein Blatt Papier ge-
schrieben sind, können das Fehlende nicht ersetzen.
Der jetzige Stand der Dinge in Deutschland rechtfertigt aber
noch immer die Hoffnung, daß es unserN Genoffen in der National-
versammlung gelingen wird, in hartem Kampf und schwerer Arbeit
etwas brauchbares zustande zu bringen. Es muß dann die Ausgabe
der Arbeiter selbst sein, die ihnen errungenen Rechte durch ver-
stänimisvvlken Gebrauch zw erweitern. -

Deutsche NMsNLlAersKMMlAWg^
Ercherger gegen die Reaktion.
Berlin, 27. November.
Am Mimstertisch: Müller, David, Erzberger u. Schmidt.
Die zur dritten Lesung der Reichsabgabenordnung
neu eingebrachten Anträge sind noch nicht gedruckt. Daher wird die gest-
rige Besprechung der Ernährungsinterpellation zunächst noch
fortgesetzt.
Abg. Stapf er (Ztr.): Die landwirtschaftlichen Erträgnisse muh-
ten mit der Einführung der achtstündigen Arbeitszeit zurückgehen. Die
Regierung mutz Düngerstoffe zur Verfügung stellen.
Abg. Iandrey (D.-N.): Bei den heutigen Balutaverhält-nissen
müssen wir uns möglichst vom Auslände freimachen und darin mutz die
Regierung Helsen und die Produktion fördern.
Abg, Wurm (Ü.S.P.): Aufgehetzt vom Landbund und Großgrund-
besitz weigern sich jetzt auch die kleinen Bauern, abzukiefern. Die Ver-
braucherkommWonen müssen das Recht erhalten, auch die Eisenbahn-
waggons und die Windmühlen zu kontrollieren, in denen vieles verdor-
ben ist. Die Zwangswirtschaft ist ein notwendiges Uebel.
Es folgt die dritte Lesung der Reichsabgabenordnung.
Abg. Dr. Düringer (D.-R.): Der Gesetzentwurf ist ein die
Reichsverfassung abänderndes Gesetz. Wir beantragen deshalb bei der
Abstimmung über das Gesetz, datz diese In den Formen vor sich geht, die
für die Versassungsanderun g vorgesehen sind. Wir lehnest
das Gesetz ab. (Beifall rechts.)
Reichsminister Erzberg.er: Weder fachlich noch sachlich konnte
gegen den Gesetzentwurf etwas wesentliches, wie er aus dem Ausschutz
hervorgegangen ist, vorgebracht weiden. Das bedeutende Werk ist ein
Schritt zum Einheitsstaat. Das deutsche Volk geht an der Zersplitterung
-zugrunde. (Beifall linksft Haben Sie denn in Preußen die Wünsche der
Rheinländer befriedigt? Woher kam in Sübdeutschland die Opposition
gegen bas alte Preußen? (Lärm rechts, Zustimmung bei der Mehrheit.)
Die verkehrte Gewaltpolitik Preußens hat die Opposition Hervorgernfen.
(Lärmender Widerspruch rechts.) Die Folgen des alten Systems muß-
ten eintreten. Wenn Sie dafür die jetzige Regierung verantwortlich
machen, so ist das Heuchelei! (Lärm rechts. — Präsident Fehrenbach
bittet um eine gewisse Ruhe und rügt die beleidigenden Zurufe und die
beleidigende Antwort des Ministers.) Cs ist unbegreiflich, daß ein Jurist
gegen eine einheitliche Steuerpolitik und ein einheitliches Steuerrecht im
Reiche sein kann. Das ist gegen jedes Interesse des Steuerzahlers. Ich
bin angenehm überrascht, daß die Deutsch-nationale Boltsparte! sich jetzt
mit eineimnat zur Hüterin der Verfassung aufwirst, die sie bis jetzt ver- ,
worsen hat. Wir haben uns nicht skrupellos über die Verfassung hin-
weggeseht. Die Finanzminister der Einzelstaaten, die Präsidenten der
Landesfinanzämter sind, sollen nichtKZwei Herren dienen, sondern nur
einem: dem deutschen Volk. Diese Interessengegensä^-
Sie (nach rechts). Freilich haben Sie immer solche
Abg. Katzen st ein (Soz.) stimmt dem E
Abg. Pohlmann (Dem.): Tine Ablehnung des Entwurfs ge-
fährdet das wirtschaftliche und politische Bestehen des Reiches. Die Ver-
antwortung dafür können die Herren von rechts allein tragen.
Das Gesetz wird in der Gesamtabstimmung mit geringen Aendenm-
qen nach den Beschlüssen der zweiten Lesung gegen die Stimmen der
Deutschnationalen myenommen.

: Für iruwre i- äußere Politik, Mtzswllftchaft w Feuilleton: Dr,
E. Kraus, für Kommunales u. Wals Rundschau: .Z.Kahni fiirLokckSr
O. Gribel, für bis Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich kn HeidsidsW.
Dnukus- Verlag der llnierbabischen DerlagSanssalt G. m. b. H., KrldttSrrA.
Geschäftsstelle: GchrSderstraße SS. Fernsprecher 26M.
GeschäfiSfiunden: S—'/,S Lhr. Sprechstunden der Redaftionr U—IS kkhr

BMgsyreis- Monatlich elnschl. Trügerlvh« t.M Mk., durch die Post
dezsMn monatlich t.Sv MF vierteljährlich 4.80 Mk. ausschl. Zusmllung.
SftMtMprrkse: Sie einspaltige pttstzeil« (N mm breit) so pfft., Nc-
MnlEnzejgev (ss ww breit) t.ss Mk. Sei Wiederholungen ÄachlaA
Mh Taris. ÄehelmmittelMzeigen werden nicht äufgröommem
BsWchsckkssto Karlsruhe Re. rrsrr. Tel.-Adr.: Nvlttzsibmg Asibewerg.


Politische Übersicht.
Deutschlands Wiederaufbau und Kriegsgefangene.
Der von der Reichsvereinigung ehemaliger Kriegsgefangenen
herausgegebenen Wochenschrift „Der Heimkehrer" entnehmen wir
folgende beherzigenswerte Mahnung eines früheren Kriegs-
gefangenen:
„Kameraden, wir sind wieder daheim, wir sind frei, wir sind
wieder heraus aus dem Stacheldraht! Fanden wir in Deutschland
auch nicht alles, wie wir hofften, so hat die Heimat doch alles
getan, uns mit Liebe zu empfangen. Das wollen wir dankbar an-
erkennen und unfern Dank dadurch abstatten, daß wir mit aller
Kraft am Wiederaufbau Mitarbeiten . . . Habt Ihr vergessen, daß
wir in Gefangenschaft immer gesagt haben: Wenn wir nur da-
heim wären, wenn wir nur erst zu Hause wären!? Wir wollten
arbeiten wie ein Pferd!?
Habt Ihr unsere Erfahrung, unsere ost ausgetauschte Ansicht
vergessen, daß wir Deutschen an Tüchtigkeit, Fleitz, Organisation
und praktischer Arbeit allen unseren Gegnern weit überlegen sind?
Nein, niemals! werdet Ihr sagen! Nun wohl, dann an die Arbeit,
und in überraschend kurzer Zeit werden wir die Karre aus dem
Dreck heraus haben, wenn nur uns mit den guten Kräften unseres
Voltes verbünden. Hierbei gilt es besonders: Nicht den Mut, nicht
die Energie sinken zu lassen! Das Sprichwort: „Frisch gewagt, fft
halb gewonnen'" hat immer noch seine Geltung.
Vor allem aber: Haltet Euch fern von den Unruhestiftern,
da neue Unruhen die Heimsendung unserer Kameraden nur ver-
hindern. Allein in Frankreich schmachten noch 432000 unserer
Kameraden hinter dem Stacheldraht, uird jeder Heimgekehrte weiß,
daß. Frankreich sobald es nur einen geringfügigen Vorwand findä,
unsere Bürger auch jetzt noch nicht freigibt. Darum heißt das
Gebot der Stunde: „Ruhe im Lande" und jeder, der die Ruhe
stören will, musft unser Feind sein. Ueberdies wird auch das Elend
in unserem Vaterlande durch neue Unruhen immer größer; es
kommt immer mehr Kummer und Not über unser hartgeprüstes
Volk und das wollen wir, soweit es in unseren Kräften steht, ver-
hindern; denn wir haben genug Jammer, genug Verzweiflung, am
eigenen Leibe erfahren. Deshalb Kameraden, tretet allerorten
und unter allen Umständen auch persönlich für Ruhe und Ordnung
ein. W. Bange-Osnabrück.
Die «sus Verfassung Polens.
In den Reigen der neuen Verfassung ist nun auch Polen ein-
getreten. Die polnische Regierung hat dem Parlament einen Ver-
sässungsentwurs vorgelegt, der folgende grundlegende Punkte ent-
hält:
Die Wahlen in das polnische Parlament finden auf Grund
des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts statt.
Das Staatsoberhaupt beruft das Parlament ein, eröffnet, vertagt
und schließt es. Das Staatsoberhaupt ist verpflichtet, das Parla-
ment in jedem Jahre einzuberufen. Es steht ihm das Recht zu,
das Parlament aufzulösen. Dem Staatsoberhaupt steht die sogen.
„W acht des Rechtes" zur Seite, die aus 30 vom Parlament
gewählten Mitgliedern, die Abgeordnete sind oder auch außerhalb
des Parlaments stehen können, und aus 30 vom Staatsoberhaupt
ernannten Personen zusammengesetzt ist. Der „Wacht des Rechtes"
kommt nur das Recht des Protestes (Veto) zu. Das Staatsober-
haupt ist zugleich Oberkommandierender der Wehrmacht. Seine
Wahl findet Lurch allgemeine Volksabstimmung
statt, zu welcher das Parlament zwei Bewerber vvrschlägt. Die
Wahl findet alle sieben Jahre statt. Im Falle des Ablebens des
Staatsoberhauptes führt sein Amt ein sogenannter „Rat der Drei", .
der sich aus dem Parlamentsmarschall, oem Ministerpräsidenten und
dem Präsidenten Les Obersten Gerichtshofes zusammensetzt. Im
Falle einer mehr als drei Monate währenden Verhinderung des
Staatsoberhauptes wird der „Rat der Drei" Lurch das Parlament
einberusen. Jeder Angehörige des polnischen Staates, der das
41. Lebensjahr vollendet hat, kann zum Staatsoberhaupt gewählt
werden. Das Staatsoberhaupt ist dem Staate weder in politischer
noch in sonst einer Beziehung verantwortlich.
Der Nntsrsttchurrgsartsschrch über Belgien.
Berlin, 24. Nov. Heute sand, wie die P. P. N. erfahren,
eine interne Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsaus-
schusses über Belgien statt, in der beschlossen würbe, vorerst das
gesamte Anklagematerial der Entente, soweit es durch Kauf mög-
lich ist, zu beschaffen, vor allem das Geldduch der französischen Re-
gierung. Las in Deutschland nur in ganz wenigen Exemplaren vor-
handen ist. Sodann soll bei der Sichtung des Gesamtmaterials erst
entschieden werden, welcher Punkt zuerst zur Verhandlung gelangen
soll. Welche Zeugen zur Vernehmung gelangen werden, hängt da-
von ab, ob mit dem Franktireuttrieg, den Deportationen ober den
Zerstörungen begonnen wird.
 
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