Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1) — 1919

DOI Kapitel:
Nr. 11 - Nr. 20 (13. Oktober - 23. Oktober)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43996#0101
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
A


Hsiöelöerß, DonnerstLs, 2Z. Okiobsr dlg

Iührgsrlg

^geszeitung für die werktätige BsvSlkemng der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Ginsheim, Eppinger», Gberbach, Mosbach, Buchen, Adelsheims Boxberg
Tanberbischsfsheim und WeriheiM.

V.'k.. viertesjährlich 4.8»Dik. ausschl. Zustellung,
nfoolriae pelltzeile < ?ü r:m breit) Sv Pfg., Re-
> brrft) 1.8V Mk. Del Wiederholungen Nachlaß
mmttel-Anzcigsn werden nicht aufgeiwmmen.
-eRr.22S7T. Tel.-Ädr.: Volkszeitung Heidelberg.


»

1

?s
IZ

..uS
s.

rr

(„An die Verwaltung der mobilen Heeresgüter mußten wir heran-
c^,- ohne .Kenntnis der Bestände, ohne jede Inventur und in bestem-
^>n Kamps mit dem Diebstahl. Zurzeit haben wir 3000 Heereslaqer
11000 Stellen, wo -sich Heeresgut befindet, fest in der

r Wechsel in diesem Staatsamt mit unleugbaren Gefahren
A'^ i
Ä

Die ULNe RsgieruNg Österreichs.
Die Wiener „Arbeiterzeitung" schreibt:
Die neue Koalition wird gebildet auf Grund ein-
bchender Aussprachen zwischen den beiden großen Parteien,
?bren Ergebnis in den Richtlinien niedergelegt ist, die nun
Programin der neuen Regierung bilden. Aus der
Legierung scheiden drei Staatssekretär«: Baller, Schumpeter
och Vratusch. Die Gründe, die Bauer bewogen haben, das
Pnt niederzulegen, hat er in seinem Bericht vor dem
scheisaröeiterrat selbst dargelegt; wir glauben hinzufügen
Ss- können, daß die Fraktion und damit die Partei durch
^esen Austritt aus der Regierung gewiß nichts verlieren
^vden. Denn wir haben die Mitwirkung Bauers in den
Ausschüssen, in der Debatte, in der sachlichen Führung der
^altion ost genug schmerzlich entbehrt, um den Gewinn
b schätzen, dessen wir, indem Bauer nun dieser gewichtigen
^eite seine ganze große Begabung und seine universale
P'beitskrafL widmen kann, dadurch teilhaftig werden. Mit
Ausscheiden Schumpeters war schon lange zu rechnen;
Ursache liegt ausschließlich in dem flimmernden, irrlich-
,t!rden Wesen des begabten Mannes, das ihn zu einer
fcharrlichen, zieldewußten Arbeit unfähig macht. Das AM-
Miden des Justizministers Bratusch ist ausschließlich auf
Mltische Gründe zurückzuführen, dis in der Wahl des
Nachfolgers ausreichend zu erkennen sind. Der Nachfolger
P der christlichsoziale Abgeordnete Dr. Ramel. Unfers
Partei hat dem neuen Staatssekretär als Unterstaatssekretär
ch Genossen Arnold Eisler zur Seite gestellt. Eisler
chkt bekanntlich in Graz, wo er auch Rechtsanwalt ist;
? ist auch Mitglied der Landesversammlung und gehört
steirischen Landesrat an. Als Staatssekretär für die
Mlanzen tritt Dr. Reisch in die Regierung ein. Er hat
'hr. lange und an hervorragender Stelle im alten Finanz-
Lnifterium gewirkt, ist auch Professor für österreichisches
. lurcg.
Pid allgemein als ein Mann tüchtiger und aufbauender
Meit gerühmt und schon die Ablehnung, der in der
?apitalistenprefse ziemlich unverhohlen begegnet, obwohl
Bankdirektor war, zeigt wohl deutlich, daß seine Finanz-
^Me an Energie und Eindringlichkeit die des Herrn Dr.
Uumpeter weit überragen. Gleichsam als Vertreter der
Minder bei der Arbeit für die Verfasfungsrefobm tritt bis zu
sfr Fertigstellung der Verfassungsurknnde der Innsbrucker
ofessor D r.' Michael M a y e r in d ie Regierun g ein;
^»urch werben jetzt die Länder (Mayr, Ramel, Eisler) an
Regierung in stärkerem Maße beteiligt. In einer
Äderen Weiss als bisher wurde Ingenieur Zerdik auf
'Ne alte Stelle berufen; nicht mehr als der Vertrauens-
M-m. der Partei, aus deren Mitte er ja geschieden ist,
'^lmchr, wie der Staatskanzler im Hauptausschuß erklärte,
J>l bei der Wichtigkeit unserer internationalen wirtschast-
«Fen Verhandlungen, bei der bedrohlichen Wendung unserer
^'Mgung mit^ Rohstoffen und insbesondere mit.Kohlen
K den Staat und die Bevölkerung verbunden sein müßte".
E Veränderungen im Kabinett sind also das Ausscheiden
M drei Staatssekretäre Bauer, Schumpeter und Bratusch;
Hi Eintritt der Staatssekretäre Reisch, Ramel und Mayr.
Jls dem Staatsamt für Äußeres ist der Unterstaatssekretär
Eügel ausgetreten; in das Staatsamt für Justiz ist als
h^erstaatsfekvetär Dr. Eisler eingetreten. Im übrigen
^'dt^die Zufammönsetzung der neuen Regierung dis alte.
Sozialisierungskommisston erhielt nicht bloß einen neuen
identen; auch der Vizepräsident wechselt, statt Seipel
^t der Ehriftlichsoziale Hein! ein.
Deutsche NaLionaLVsrsttwmlung.
- Berlin, 21. Oktober.
Am Ministertijch: Reichsschatzminister Dr. Mayer.
Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 1.20 Uhr.
P Auf der Tagesordnung stehen zunächst kleine Anfragen, die
der Regierung beantwortet werden.
Äicrauf wird die Beratung des Reichshaushalts bei der Abteilung
chsschatzamt fortgesetzt.
Reichsschatzminister Dr. Mayer: Die Verwaltung der im Krieg
I.mndenen kriegsindustriellen Unternehmen unter Beteiligung des
i/As (Stickstoff, Aluminium, Elektrizität) macht nicht mehr viel Arbeit,
' Ile in Gesellschaftsformen überführt werden.

itzg Millionen für entwendetes Gut sind zurückgeflossen, von
!>h Owen 400 Millionen. Mark ist > es zu hoffen. 3 Milliarden sind aus
? (." mobilen .Heeresgut gelöst worden. Die Heeresbetriebe sollen in
- sj'chensbetriebe umgewandelt werden und so weiter betrieben werden,
s. s' lebs- und Baukapitalien werden nach entsprechenden Abschreibungen
Pl(n Etat eingesetzt werden, wobei dafür Sorge getragen wird, daß sie
sj, ly entsprechende Einnahmen verzinst und amortisiert werden. Die
:) versabriken sind nicht zu verwerten. Im Kriege, wurden 240 000
>^!Fter beschäftigt, jetzt nur noch 40 000. Wir hoffen, diese Zahl
«I. >cht in einigen Monaten wieder erhöhen zu können. Ein diesbe-
M stuer Gesetzentwurf, ist in Vorbereitung. Die Akkordarbeit ist über-
lst-, ychseführt worden, wo es angängig war. (Bravo.) Wir brauchen
(O'räge. Wir wollen in unseren Betrieben das Eisen vom Roheisen
ä»m Fertigfabrikat verarbeiten. Nur so ist eine Rentabilität mög-

Mlanzen tritt Dr. Reisch in die Regierung ein. Er hat
lange und an hervorragender Stelle im alten Finanz-

Pnanzrecht an. der Wiener Universität und war seit dem
A 1910 als Direktor der Bodenkreditanstalt tätig. Er
Maniok

Die GefKRgenenrückkehr.
Berlin, 23. Oki. Nach Mitteilung der Neichszsntral-
stelle für Kriegs- und Zivilgefangene sind vom 13. bis 21.
Olt. je 10980 Gefangene ans England zurückgelehrt.
Die Ausliefermrg der HsudelsfloLte.
Paris, 22. Okt. (Havas). Der Vorsitzende des Ober-
sten Rates ließ Herrn von Lersner folgendes Schreiben
zugehen: „Der Oberste Rat der alliierten und assoziierten
Mächte bat die interalliierte Schiffahrtskommission für den
Waffenstillstand am Dienstag vormittag an die deutsche
Regierung eine Note zu richten, in der die Aus lief er ung
von,fünf Schiffen, die der Hamburg-Amerila-
Linie und der Gesellschaft Kosmos gehören, verlangt
wird. Ich beehre mich, Ihnen in der Anlage ein Doppel
dieser Mitteilung zukommen zu lassen. Genehmigen Sie
Herr Präsident die Versicherung meiner Hochachtung usw.
g:z. Clemenceau."
Ende der N. S. P. Diktatur in
BraunschWeig.
Braunschweig, 23. Okt. Die Vorgänge der letzten
Tage, namentlich der Handgranatenangriff auf das Kreis-
gefängnis, veranlaßten die maßgebenden amtlichen Stellen
den Polizeipräsidenten Tragke seines Amtes zu entheben.
Zu seinem Nachfolger wurde Kreisdirektor Meister in Holz-
minden ernannt. Mit Tragke ist der letzte Rest der
Örterschen Gewaltherrschaft beseitigt.
Der Terror in Petersburg.
Helsingforth, 22. Ott. (W. T. B.) Die finnische
Regierung verzichtet vorläufig auf die Teilnahme an der
Bekämpfung der Bolschewisten. Die Einnahme von Zas-
kojc-Sseio wird beMigt.
In Petersburg wütet der Terror. Die Bolschewisten
ersticken alle Aufruhrversuche. Der bolschewistische Wider-
stand in Petersburg dauer: fort. Von Moskau sind Ver-
stärkungen eingelaufen.
Amsterdam, 22. Okt. Nach einer Radiomeldung
englischer Blätter erklärte Trotzki, die Armee, die Peters-
burg verteidigt habe, habe den ersten Schlag nicht aus-
gehalten. Es seien jedoch Truppen unterwegs, um Peters-
burg zu helfen.
Erdbeben iu Italien.
Rom, 22. Okt. (Stesani). Heute morgen O' ereig-
nete sich neuerdings ein starker Erdstoß. Nachrichten aus
den Städten der hauptsächlichsten Provinzen melden bis
jetzt kein Schaden.
Die ArbeiLskMserenz.
Wahsington, 22. Okt. Präsident Wilson richtete an
den Präsidenten der internationalen Arbsitskonferenz ein
Schreiben, worin er sich bemüht einen Bruch zwischen
Kapital und der Arbeit, der auf der Konferenz droht,
zu verhindern. Die Lage ist kritisch.
üch. Strenge Disziplin und Behandlung nach kaufmännischen Gesichts-
punkten sollen unsere Betriebe zu Musterbetrieben machen. Dem Amt
erwachsen aber auch neue Aufgaben durch die Uebernahme der gesamten
Reichsbauverwaltung und die gesamte aktive Militärverwaltung. Die
Verpflegung der Besatzungstruppen, tleberwachungskommissionen usw.
der Alliierten werden über 2^ Milliarden erfordern. Das ist uner-
schwinglich. Dazu kommen noch die Requisitionen. Die Franzosen haben
bis jetzt für 900 Millionen requiriert. Im besetzten Gebiet erfordert der
Neubau von Offizierswohnungen und Kasernen 300 Millionen Mark.
Dos ist nicht zu ertragen, Unmittelbar nach Friedensschlutz müssen die
Besatzungstruppen vermindert werden. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Giebel (Svz.): Der Bericht über die Mjlitärwerkstättcn
zeigt ein trvstlvses Bild. Die Militärverwaltung in den Heeres-,und
Marinewerkstätten hat unglaublich gewirtschaftet. Die Arbeiterschaft hat
ein volles Verständnis dafür, daß die Prvduktionsmöglichkeit gehoben
werden muß. Daher erscheint hier das Akkordfystem anwendbar, nur
darf es nicht zur Lohndrückerei benutzt werden. Die Bekleidungsämter
sollten nicht zu stark vermindert werden. Die juristisch gebildeten Finanz-
verwaltungsbeamten sollten durch technisch vorgebildete Beamte ergänzt
werden.
Abg. Er sing (Ztr.): Die Umstellung der Betriebe, für welche
495 Millionen Mark angefordert wurden, ist ein Werk, das noch kein
Volk übernommen hat.
Abg. Goth ein (Dem.): Die finanziellen Bedingungen des Frie-
dcnsvertrages sind an und für sich unerfüllbar. Wenn die Feinde jetzt
so unberechtigte Ansprüche an uns stellen, so werden diese Beträge von
unseren Verpflichtungen in Abzug gebracht werden müssen.
Reichsschatzminister Dr. Mayer: Wir werden die 12 Bekleidungs-
ämter nach Möglichkeit weiter bestehen lassen, aber wir dürfen den
Handwerkern nicht alle Aufträge entziehen.
Hierauf vertagt sich das Haus. Die Weiterbcratung wird
auf Mittwoch 1 Uhr festgesetzt. Schluß 6 Uhr.
Die Volksschullehrer zu den Hochschulen grundsätzlich
zugslaffe«.
Berlin, 21. Olt. (Wolff.) Die Unterrichtsminisler der Einzel-
ftaaten haben sich darüber geeinigt, dem preußischen Erlaß über die
Zulassung-der Volksschullehrcr zu den Hochschulen grund-
sätzlich zuzustimmen. Sie befürchten aber von einer Ueberfüllung der
akademischen Berufe unerträgliche Zustände und wünschen dringend, daß
auch die Abiturienten der höheren Schulen andere Berufe ergreifen.

Politische Übersicht.
Dis srfte Sitzung Lrs UnteLssuchAngZaussschuffss.
Im Unterausschuß des parlamentarischen Untersuchungsausschusses
für die Ariedensmöglichkeiten erstattete nach Vereidigung der Sachver-
ständigen Abgeordneter Dr. Sinzheimer das Referat. Er führte
u. a. aus: In Erfüllung der Aufgaben des Ausschusses ist Gegenstand
der Beratung zunächst die sogenannte F r i e d c n s a I t i o n Wil-
sons. Dem Ausschuß standen sämtliche Geheimakten des auswärtigen
Amtes zur Verfügung. Die Alten des Admiralstabes; des Kriegsmini-
steriums und des Generalstabs werden in einem späteren Stadium der
Verhandlungen herangezogen werden. Es wird eine der Hauptfragen
sein, mit denen wir uns zu beschäftigen haben, in welchem Verhältnis
die Friedensaktion vom 12. Dezember mit der von uns angeregten und
auch von Wilson in Aussicht gestellten Friedensaktion steht. Das
Wesentliche in dem Bermittlungsangebot Wilsons war die Bitte, die
konkreten Friedensbedingungen mitzuteilen. Die Antwort des Staats-
sekretärs Zimmermann enthielt indessen keinerlei Andeutung darüber.
Gleichzeitig teilte eine neutrale Macht mit, daß ein Friedensappell
Wilsons in Aussicht stehe, der äußerst ernst zu nehmen sei. Dieser amt-
liche Schritt einer neutralen Macht war bereits am 18. Dezembe? in
Berlin bekannt. Am 26. Dezember erfolgte die Antwort des Staats-
sekretärs Zimmermann, daß er auf die Forderung, konkrete Friedens-
bedingungen abzugeben, nicht eingehe. Es wird hier namentlich, fest-
zustelien sein, welche konkreten Fliedensbedingungen unseren Friedens-
absichten vom 12. Dezember zugrunde lagen. Graf Bernstorff
machte wiederholt energisch den Versuch, wenigstens vertraulich von der
Reichsrcgierung die Friedensbedingungen nach Washington zu erhalten.
Staatssekretär Zimmermann bat ihn am 7. Januar, die Frage der Frie-
densbedingungen dilatorisch zu behandeln. Darauf wurde am 9. Januar
der rücksichtslose ll-Bvot-Krieg beschlossen.
Nach dem Referat Sinzheimers führte Graf Bernstorfs u. a.
aus: Wilson versuchte Anfang August sofort nach Kriegsausbruch die
eiste Friedensvermittlung. Im September ließ er einen zweiten Ver-
such machen, der daran scheiterte, daß die Entente gar nicht antwortete.
Als ich eine Audienz bei Wilson bekam, sagte er, wir sollten durch Nach-
geben im U-Boot-Krieg einen Appell an die Moral richten, da nur durch
eine Verständigung, nicht mehr durch die Waffen der Krieg endgültig
entschieden werden könnte. Würden wir den U-Boot-Krieg aufgeben,
so würde er auf die Aufhebung der englischen Aushungerung drängen.
Das englische Kabinett werde darauf eingehen. Er hoffe, daß damit
der Anfang gemacht sei für eine Friedensaktion im großen Stil. Das
war am 2. Juni 1915. Nach dem Antritt Rumäniens in den Krieg
teilte Oberst House dem Grafen Bernstorfs mit, daß eine Vermittlung
Wilsons jetzt unmöglich sei, weil die Enjente völlig siegesgewiß geworden
wäre und Wilson daher abweisen würde.
Nach ergänzenden Ausführungen des Vorsitzenden des Unteraus-
schusses und des Referenten Sinzheimer zu den Mitteilungen Bernstorffs
erklärte dieser auf eine Frage ves Abgeordneten Katzensteins, daß das
deutsche Friedensangebot vom 12. Dezember von der amerikanischen
Regierung als eine Gefährdung ihrer Friedensaktion aufgefaßt wurde,
weil es als eine Schwäche Deutschlands ausgelegt wurde. Das sagte
Oberst House ihm im Auftrag des Präsidenten. — Schließlich führte
Sinzheimer aus: Ich stelle als Ergebnis Per heutigen Sitzung fest,
faßten Sie Ihre Instruktion in dem Sinne auf, daß Sie Wilson oder
Oberst House ermuntern oder beeinflussen sollten, eine Friedensaktion zu
unseren Gunsten zu unternehmen? Bernstorfs: Ja. (Bewegung.) Sinz-
heimer: War Wilson bereit, diesen Wünschen Rechnung zu tragen?
Bernstorfs: Ja. Dr. Sinzheimer: War innerhalb dieses Rahmens, der
Ihnen gesteckt war, Wilson bereit, aus eine Friedenskonferenz mit inter-
nationaler Grundlage einzugehen, auch ohne konkrete Friedensvorschläae
unsererseits? Bernstorfs: Ja. (Bewegung.) Die Vernehmung/wurde
daraus aus Mittwoch vertagt.
Die
Vernehmung des Grasen Bernstorfs
wird fortgesetzt.
Abg. Ouarck (Soz.): Der Zeuge hat gestern Aeuszerungen getan,
wonach in der kritischen Periode 1916 Wilson erklärt habe, er.könne
England nicht zwingen, den völkerrechtlichen Normen zu gehorchen: weil
Wilson nicht die amerikanischen Handelsbeziehungen mit Eng-
land stören dürfe. Ich halte diesen Punkt für außerordentlich wichtig zur
Beurteilung der Wilsonschen Politik und bitte um nähere Auskunft über
.diese Gebundenheit.
Gras Bernstorfs: Von dem Tage der Versenkung der „Lusi-
tania" bis zur Versenkung der „Sussex" und unserer nachherigen Eini-
gung ist in Amerika niemals ein Augenblick gewesen, in dem keine
deutsch-amerikanische Kontroverse bestand. In dem ganzen Jahre vom
7. Mai 1915 bis 4. Mai 1916 folgte eine deutsch-amerikanische Kontro-
verse der anderen. Jedesmal, wenn wir glaubten, irgend etwas erreicht
zu haben, geschah wieder eine Versenkung oder eine Ver-
schärfung oder ein anderer Vorfall trar ein, der alle Verhandlungen
in Amerika illusorisch machte. Während dieser Zeit hatte sich der ge-
samte Handel auf die Entente eingestellt. Die Ausfuhr nach den En-
ten! c-länbern war so groß, daß eine Lieferung nach Deutschland nur ein Tro-
pfen aus den heißen Stein geworden wäre. Die amerikanischen Handels-
kreise hatten durchweg ein Interesse daran, ihren Handel mit der Entente
aufrecht zu erhalten. Wenn also Wilson so vorgegangen wäre, daß er
diesen Handel gestört hätte, dann würde er die öffentliche Meinung in
Amerika gegen sich gehabt haben. Wilson yat auch immer abgelehnt,
die bewaffneten Handelsschiffe aus den amerikanischen Häfen fernzuhal-
len, wnl er damit den amerikanischen Handel lahm gelegt
hätte, da es keine anderen Handelsschiffe für die Amerikaner gab.
Die Borbereitrmg der RetchsschMsnfereirz.
Berlin, 20. Okt. (Wolff.) Eine Vorbesprechung zur Reichs-
schulkonserenz nahm heute vormittag im Reichsministerium des
Innern ihren Anfang. Neichsmimster Dr.. Koch begrüßte die Vorkonfe-
renz und schilderte kurz ihre Aufgaben, llnterstaatssekretär Schulz
tetvnte die Notwendigkeit eines engeren Zusammenwirkens zwischen
Reich und Ländern und erläuterte folgendes Arbeitsprogramm:
1. Aussprache über die vom Reichsministerium des Innern und der
preußischen llnterrichtsverwaltung gemeinsam ausgearbeiteten Leitsätze
sür die Arbeiten der Reichsschulkonferenz. 2. Organisation Ker Reichs-
schulkcmserenz selbst. 3, Klärung über die stritkigen Artskek der
Reichsverfassung. Der Redner empsahl die Einsetzung eines
15gliedrigen Ausschusses sür eine dauernde organisatorische Ver-
bindung zwischen Reich und Ländern, die der preußische Ünterstaats-
sekrctär Becker als unbedingt notwendig bezeichnete. Geheimer Ober-
regierungsrat Reinhardt besprach die Leitsätze für die Verhandlun-
gen der Reichsschulkonferenz.
Berlin, 20. Okt. (Wolff.) In der Nachmittagssttzung der Vor-
,besprcchung zur Reichsschulko nscrenz am Montag (unter
Vorsitz des Unterstaatssekretärs Schulz) wurde mit großer Mehrheit
beschlossen, die Reichsschulkonferenz stattfinden zu lassen, ferner einen
Ausschuß zu bilden, der die Verbindung zwischen dem Reiche und Heu
 
Annotationen