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MsWhsim,- Bsxberg,
OsiHMsz-g^ MiiWsch, "IS. DsZemSsr 'LSilS
M, 6^ * LahrganH
Der«mttvortl.:FSr innrre u. LußereMM. Dolkckpirtfchast «. Fruilkets»: Dr.
S.Krausi für .Kmnmuuü.es u. soziale Rundschau: I.Kshn; sÜrLokales:
O.Geldel, für bk Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich kn Heidelberg.
Druck rrudDerlag berlkulerLadischM Vettagsansisst G.m.b.H., Heidelberg,
GsschLftSMe: Schröderstraße Zs. Fernsprecher 2S4S.
GeschLfisstunoen: Lhr. Sprechstunden der Redaktion: 'N—W Ahr.
VoM OberfteK NaL.
Paris, 9. Dez. (W.T.B.) Der oberste Rat trat heute
Morgen unter dem Vorsitz von Clemencsau Wieder zusam-
rnsm Nach den ErAärungen der rumänischen Delegierten
könne der Vertrag von St. Germain mit Oesterreich-Ungarn,
der Vertrag bsir. die Minderheiten in Rumänien und den
Vertrag von Nemlly mit Bulgarien binnen kurzem, wahr-
scheinlich noch im Laufe dieser Woche unterzeichnet werden.
LeMSMÄMg M hie DMMiSL BsvSSenmg her WmtsK^irSe HeideOerg, Mesroch, GiKShejW, Äppisgm, EtzerSach, Mosbach, Bschm,
TsLSer'SffchsfShsim ssh Werkheim.
SAKderkVKgreß der errgl. GeWerZfchsfLen.
London, 9. Dez. (W.T.B.) Heute wurde in Londo r
e'n Sonderkongreß der Gewerkschaften eröffnet, der über
die durch die Nichterfüllung der politischen Forderungen
entstandenen Zustände beraten soll.
BsMMKreiS: Mo»Mch emschl. LrLs«rkvha 1.« Mt., bmch bk Post
kMgx-- Ws-°,aUiÄ 1.SS Ak., vierteYLHrKch 4.L0.M!. «vsschl. ZiuSeKrmq.
HkyÄserchkejse: Dir riaspaltigr KosttzM (rsnim breit) ss pfg., Re-
ksMe-'UkzssgM (W mm brr);) i.s-s Ml. Sri WieSerholungea Nachlaß
«ach Tarif. Gcheimmittel-AnzeiÄ» Nsrdr« «richt «ifgenommm.
A»Rch«K«>m Sattsnche M. r2S77. Trl.M-r.: Volkszeittm- HekdrSS«-.
GbgSN VMsrhatz Ur
VöLkSeVerfShKUUg^
Rachftehender Bericht über Eoiins Rede in Darmstadt
«eh! uns von einem Augenzeugen zu. Wir erwattsu, daß such
i« Heidelberg am heutigen Mittwoch die ganze fszisliftifchr
Ärbeilerjchsfl sich an Lieser Kundgebung für die BWerver-
restlos drtÄlig! und Stweist, daß es ihr ernst ist mit
>rinzip, „Klaßenhaß gegen Völkerhatz". Sollte etwa
feu.
Rede sinss französischer» Sozialisten in Darmstadt.
Am Mittwoch abend sprach vor einem vicHurrdertköpfigrn
PMÄum in Darmstadt Paul Colin aus Brüssel über
„Freundschaft der Völker. Colin ist der Generalsekretär
Wr Europa der französischen Gruppe Clarte, die von Henri Bar-
duste (dem Verfasser des Anti-Kriegs-Rvmans „Das Feuer") und
Anatslc France, dem Senior der französischen Dichter, gedründet
ist, um von Paris aus die Intellektuellen aller Länder zusammen-
SLfchrvrsßea zum Kampf gegen Krieg, Bölkerhatz und Kapitalismus.
Irr deren Auftrag bereist Lolin zur Zeit Deutschland, um alle Vor-
bereitungen zu Golfen für den WMsngreß der IUtMekLuellerr, der
Ende Januar 1«L0 in Bern stattfiüset. Er ist eingeladen in
München, Dresden,. Berlin, Weimar, Frankfurt, Heidelberg, Darm-
stadt, Wien und Amsterdam zu sprechen. Er begann in Darmstadt,
Don wo kürzlich ein flammender Ausruf an die revolutionäre fran-
KUche Lugend ausging.
Colin ist einer der mutigsten Vorkämpfer der Revolution in
Belgien und Frankreich. Seins Zeitschrift ,,L'Art libre" füllt er
mit den heftigsten Anklagen gegen das brutale, nationalistische und
EapitaWischs Regime dieser Länder an, von dem er sagt, es grenze
an H v st er? s. Er verlor seine Anstellung um dessenttvillen. Die
belgische Regierung verweigerte ihm die Ausreiseerlaubnis nach
Deuqchkmd.. Er fuhr über Holland, immer von dem glühenden
Trmsch getrieben, den Kameraden in Deutschland Botschaft zu
bringen über die Arbeit und die Solidarität der Kameraden in
Frankreich. Uns das wahre Antlitz Frankreichs Zu zeigen, das
ÄsmLkerau Md Foch und eins korrumpierte Presse dank ihrer
Aedermächt uns immer noch zu verhüllen und dessen Regungen zu
isttebed» sic immer noch imstande sind. Um uns zu sagen, wie dieser
Hrvßr Teil des französischen Volkes beseelt ist von den Ideen der
H-umarMt und der Gerechtigkeit und deftig und unter Verfolgungen
MotLsticrt gegen den Versailler Vertrag als ein schmachvolles Mal
«n der Stirn der Menschheit und das nicht anerkennt als einen
Friede« der Bölter, was ein Frieden der Militärs und der Regie-
rungen ist. Diesen Hoffnungsstrahl und diese Erneuerung im
Glauben an unsere Genossen in Frankreich will er uns bringen.
Das ist ein historischer Moment. Zum erstenMÄ «ach fünf
Nähren der zwangsweisen Verfeindung steigt einer hinüber über
die tiefe Klusr, die die Hetze und Egoismus und das Gemetzel auf-
Aflsn. So wird seine Reise zu einem Symbol der wiedererlangten
Gemeinsamkeit. Es kündet den Andruck einer „neuen Stunde"
«kk, „der letzten Schlacht", die — wie Colin in einem Artikel schrieb
-— „die Abrechnung ist mit den Verbrechern, die die unermeßliche
Blutschuld über sich und Europa brachten". Zum erstenmal hören
'Dir wieder die Gelöbnisse, auf die wir schwören, vor unseren
Augen in anderer Sprache wiederholt. Zum erstenmal nach langer
Trennung sind wir wieder beieinander aus dem gemeinsamen Weg.
All dies kam in erschütternster Weise bei seiner ersten An-
sprache in Darmstadt zum Ausdruck. Eine armselige, verblendete
und verhetzte Scyar von Pennälern und ausgedienten
Offizieren versuchte unter völliger Verkennung der Lage blind-
wütig aus Nationalismus die Versammlung zu sprengen. Man
warf sie hinaus. Und während sie vor der Tür lärmend weiter
die Nationalhymne brüllten, sprach Colin, nach einleitenden deut-
sche?» Worten, in der Sprache seines Landes, am Schluß von einem
Urbersctzer kurz deutsch wiederholt, unter ungeheurem Beifall einer
von har Bedeutsamkeit dieser Stunde hingerissenen Hörerschaft aus
Proletariern und Menschen aller Klaffen. Ein ganz seltener Geist
sprühte aus seiner Rebe, herangebildet in der >„a,ule der großen
und snvergetz.ichen Jean Iaures. Ein solches Feuer spendet
nur eine große und edle Sache.
Das war ein Sieg. Ein Sieg über alle die verlogenen und
feigen und heimtückischen Aufputsckungen der bürgerlichen Preße.
Eia Sieg der Sozialigen, der entschloßenen Arbeiter, wohl auf
der Hut.
Morgen erwarten wir Colin arrck hier. Er spricht auf Ein-
ladung der sozialistischen Studentengrupve in der „Harmonie".
Nichts darf versäumt werden, daß seine Anwesenheit zu einer im-
posanten Kundgebung wird für die Mensa-»,mkeit, me Gerechtigkeit,
den Sozialismus, den Völkerfrieden und eine neue Zeit.
Wir müßen uns rüsten. Denn schon beginnen hämisch die
Reporter infame Lügen in die Welt zu streuen, Berichte üoer ein
Mißlingen der Darmstädter Veranstaltung, die von A bis Z er-
stunken und erlogen sind, die aber in wvhlweislicher Absicht die
bürgerliche Presse (auch die hiesige) mit äußerster Betriebsamkeit
verbreitet.
Das ist jhr Geschäft. Unsere Sache aber ist, über Borniert-
est, Gedankenlosigkeit und ganz falsch angebrachten Hatz hinweg
»memMich vmanWmarschiereu unserem höheren Ziele zu.
chrem Prnrzrp, „Kaßrnhatz gegen Völkerhatz". Sollte etwa
auch hier die Reaktion die Versammlung zu stören versuchen,
so wird sie sich an? einen hatten Kampf gefaßt machen müs-
sen. Die Redaktion.
EKglsrrÄ gegLU die deutsche ReMisn.
London, 9. Dez. (W.T.B.) Reuter. Unterhaus. In
Beantwortung einer Anfrage sagte Bonar Law, dis
gegenwärtige deutsche Verfassung bestimme, daß der deutsche
Staat eine Republik sei. Eine Wiedereinsetzung der Hohen-
zollern sei deshalb ausgeschlossen. Falls aber nach der
Ratifikation des Friedensvertrages das deutsche Volk seine
Verfassung ändern wolle, so müßte die Haltung der bri-
tischen Regierung im Einvernehmen mit den Verbündeten
Groß-Britanniens erwogen werden.
Die Veröffentlichung der Akten.
Berlin, 9. Dez. Die drrrische Regierung veröffentlicht die ge-
samten deutschen Akten des Auswärtigen Amtes über den Ausbruch des
Krieges (Ksutsky-Men). Jedes Dokument ist darin vollständig adge-
drucki. Zum ersten Male sind in den offiziellen Aktenveröffentiichungen
nicht nur die endgültigen Fassungen gegeben, sondern auch die Entwürfe
s«d «Ar Bemerkungen und Äschen darauf. Bon einem Kommentar ist
völlig abgesehen.
Dis Sntscheidrmg der SeerM-Flors-Frage.
Berlin, 9. Dez. Dis Antwort der'Entente ist heute
übergeben worden. Ihr Hauptinhalt ist folgender:
Dis alliierten und' assoziierten Machte können in dem
deutschen Memorandum vsm 37. November nur einen schwer
erklärbaren Versuch erblicke?», absichtlich die Inkraftsetzung
des Vertrages und die endgültige Wiederherstellung des
Friedens hinanszuzögern.
Bitt Bezugnahme auf ein Schreiben des Chefs des
deutsche-? Aduriralftübss cur Admiral v. Reuter vorn 9. Mai
wird gesagt:
Auf Befehl der deutschen Regierung erfolgte gerade
die Zerstörung dessen, was Deutschland den alliierten und
assoziierten Mächten ausliefern sollte. Dies stellt, welches
auch immer die persönliche Verantwortung des Admirals
v. Reuter und seiner Untergebenen sein mag, eins Ver-
letzun Les Waffenstillstandes dar und gleichzeitig einen
Akt, der auf die An-ilüerung von Verpflichtungen hinzielt,
zu denen bereits die Zustimmung erteilt war und die man
im Begriffe war, endgültig zu unterzeichnen,.
Unter diesen Umständen sind die alliierten und asso-
ziierten Mächte der Ansicht, da dis deutsche Regierung
heute nicht die Verantwortung zuruckweisen kann, die ihr
zufäüt, und »richt in einem Schiedsspruch eine Lösung für
Kriegshandlungen sehen kann, deren Regelung den erwähn-
ten Mächte?? züsteht. Infolgedessen fordern die alliierten
und assoziierten Mächte dis deutsche Regierung auf, en'-
sprschsnd ihrer Note oom 1. November ohne werteren Ver-
zug das Protokoll Zu unterzeichnen, welches den Austausch
der' Ratifikationen und die Inkraftsetzung des Friedensver-
trages gestattet und so die Rückkehr zum normalen Lebe?»
und die Milderung der Leiden der Völker sichern.
DsZ Urteil iM Marloh-P-Äzetz.
Berlin, 9. Dez. (W.T.B.) Oberleutnant Mar loh
ist von der Anklage des Totschlags, La er lediglich befehls-
gemäß gehandelt' hat, freigesprochen worden. Er wurde
wegen unerlaubter Entfernung zu 3 Monaten Festungshaft
verurteilt, vor? denen 2 Monats durch die Untersuchungs-
haft als verbüßt gelten.
Deutschs MstiöAÄlVsVfsMWLrmg»
Die Reaktion gegen das Reichsmttopfer.
Berlin, S. Dezember.
Am Mimstertijch: Erzberger und Dr. Südekum.
Präsiden? Fehrenbach eröffnet öle Sitzung 1.35 llhr und teilt
ein Dankschreiben des österreichischen Staatskanzlers für die de ritsche
Hilfsaktion mit, di« in Oesterreich rächt vergessen werde. (Bestall.)
Der Präsident teilte weiter mit, baß infolge Eingehens der Entente-
note der Minister des Ancheren au? diese eingchen will nach einer
Sitzung des Kabinetts, die aber noch nicht stattgefunden hat. Dem-
gemäß schlage er vor, die Kundgebung der Nationalversammlung
gegen die Zurückhaltung der deutschen Kriegsgefangenen von der Tages-
ordnung abzusehen. Das Haus -ist damit einverstanden. Schluß
1.40 Uhr. Nächste Sitzung 2 Uhr.
Rrlchsirotopftr.
Der Präsident eröffnet nach 2 Uhr wieder die Sitzung.
Rach Erledigung einer Anfrage folgt die zweite Beratung
des Gesetzentwurfs über das Reichsnotopfer. Zu 8 1 liegt ein
Antrag Meßer vor, den Entwurf an den 10. Airsschuß zur Umarbeitung
zurückzuverweisen. Zu diesem Antrag wirb namentliche Abstim-
mung beantragt.
Abg. Di. Rießei (D. Vp.) begründet seinen Antrag.
Bom Lärm unterbrochen.
Adg. Dr. Hugenberg (D.-Rtl.): Der Umfang der Gegnerschaft
gegen das Gesetz wächst ständig. Ich bewundere die Energie und Rück-
sichtslosigkeit, mit der der Finanzm-inister die Wirtschaft des Reiches
offiziell vertritt. Dem Antrag Richer werben wir zustimmen.
Der Feind wird zugreifen, wo Eie (zu Erzbergen es
ihm so leicht machen! (Sehr richtig! rechts, Lärm links.) Das Not-
opfer ist ein unerhörter Leichtsinn! Wenn Sie (zu Erzbergcr) das
deutsche Volk in die Sklaverei führen wollen, dann lassen Sie -och
lieber das Ruhrgebiet besetze.?. (Lauter Lärm bei -der Mehrheit. Rule:
Schkkiß! Lrmp! Glocke des Präsidenten. Redner versucht weiter zu
sprechen, r.krd aber durch den andauernden Lärm verbinden.)
Vizepräsident Haußmann, nachdem er sich endlich Ruhe ver-
schafft hatte: Ich bitte, den Redner nicht am Sprechen zu verhindern.
Ich bitte zu beachten, was Sie dem Hause und dem Weitergang
Verhandlungen schuldig sind. Ich bitte den Redner, sortzukahren.
Abg. Hugenberg versucht mit sehr starker Stimme weiter zu
fprechsn. (Erneuter tosender Lärm bei der Mehrheit, besonders
bei den Sozialdemokraten. Schlutzrufe. Ruse rechts: Redefremctt.)
Vizepräsident Haußmann unterbricht die Sitzung auf eine Vier-
telstunde.
Im Hause bleiben erregte, spazierende Gruppen.
Schluß 4AL Uhr.
Wiedereröffnung.
Die Sitzung wird um 5 Uhr wieder eröffnet.
Vizepräsident Haußmann: Die Wendung des Redners, die die
Unterbrechung hervorg.n-ftr HK konnte die Gefühle des Hauses ver-
letzen. Ich spreche mein Bedauern darüber, aus. Ich bäte aber auch,
die Redefreiheit zu respektieren und bitte den Redner, ftrt.zufahren.
Abg. Dr. Hugenberg (D.-Ntl.): Das Rotopfer ist ein Ssziali-
sierunqsgefetz. Sozialisierung aber bringt kein Geld, sondern kostet E-eid.
Die Zeil kann nicht mehr fern fein, wo Deutschland vom Mcirzis-
m u s geheilt sein wird. Es steht bei ihm, zu entscheiden, durch wie viel
Leiden wir vorher och hindurch müssen. (Beifall rechts.)
Minister Erzderger: Der Vorredner hat den sonderbaren Mut
gehabt, von der Tvibün-e des Hauses in wohl vorbereiteten- Redewen-
dungen Urwrbörtes auszufprechen. Namens der Regierung mutz ich
diese Unterstellung aufs schärfste zurückrveisen. Wir stehen mit dem
Feind in schweren Unterhandlungen. Die neue Note droh? mit neuen
Besetzungen und in diesem Augenblick bringt es eil? Mitglied der dcuffch-
nationalen Partei fertig, mit dem Gedanken der Preisgebung weiteren
deutjcken Landes zu spielen. (Andauernde Pfuirufe bei der Mebrbeit.)
Wenn em anderes Mitglied des Hauses so etwas getan hätte, hätte ich
die Entrüstung der Rechten gegen einen solchen Landesverräter
sehen mögen. (Stürmische Entrüstung rechts, Glocke des Präsidenten.
Lärm links.) Ich unterstelle dem Vorredner nicht Landesverrat, ich stelle
nur die objektive Wirkung seiner Aeußerung fest. (Neuer Lärm. Präsi-
dent Fehrenbach bittet energisch um Ruhe.) Es ist eine Verleumdung
der Regierung, wenn man sagt, wir hätten eine korrupte Verwaltung.
Unsere schwebende Schuld wird verringert werden durch ein Abksmm«
mit Belgien. Ich freue mich, daß so eine Versöhnung mit Belgien an-
gebahnt ist. (Beifall.) , ....
Die Hauptsache ist, daß wir kein« neuen Schulden machen. W>r
habe?? den Besitz zu 75 Proz. an der Aufbringung der Steuern der-
ungezogen, der Rest von 25 Proz. so!! von den schwächeren Schullern
getragen werden. Was tilgen wir denn -in einer Generation? In 30
Jahren werden wir 26 Proz. getilgt haben von den Schulden, 80 Proz.
überlassen wir künftigen Generationen. (Sehr richtig bei der Mehrheit.)
Es liegt kein Grund vor, die Vorlage an die Kommffsivn zurückzuvenoe!-
scn, denn die vorliegenden Anträge sind bereits in der Kommission er-
örtert und abgelehnt worden. Die Vorlage sagt kein Wort davon,
daß das Nvtopfer in einem Jahr bezahlt werden soll. Jeder ha? 30
Jahre Zeit dazu, der Landwirt 50. Seine Schuld steht zu Buch, aber
er behält das Geld im Betrieb. Eine Zwangsanleihe wäre nur denkbar
als Ergänzung zur Kriegsanleihe. Nehmen Sie die Vorlage m der
jetzigen Form bald an, denn sonst wäre an eine Verabschiedung der Um-
satzsteuer nicht zu denken. (Beifall bei der Mehrheit.)
Persönlich bemerkt Abg. Dr. Hugcnberg (D.-Ntl.): Noch nehme
ich den Vorgang nicht tragisch. Ich verwahre mich dagegen, datz ich
gesagt haben könnte, ich wünschte die Besetzung des Ruhrgsbiet-es. Ich
habe nur gesagt, die Politik Erzbergers würde dahin fuhren
und bann möge er es nur möglichst gleich tun. Ich habe Hern? Erz-
berger schon lange für einen Landesverräter gehalten. (Lärm. Präsident
Fehrenbach ruft den Redner znr Ordnung.)
Schluß 6ZH Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr.
Ksburgs Anschluß an Bayern.
München, 9. Dez. (W.T.B.) Eine Abordnung von
Vertretern der Staatsregierung, der Volksvertretung und
der Presse begab sich heute nach Koburg, um den Anschluß
von Koburg an Bichern zu erfüllen. _3.3- .
Politische Übersicht.
Wie Hetze gegen Krnttsky.
Trotz der Erklärung des Genoßen Koutsky, durch die die gegen ihn
erhobenen Angriffe zurückgewicsen wurden, setzt die Preße in illoyalster
Weise die Hetze gegen Koutsky fort, mit dem durchsichtigen Zweck, durch
diese Kampagne die Aufmerksamkeit von dem Aftenmaterio! abzMemen,
durch das die lückenlose Schuld der deutschen Kriegsverbrecher erbracht
wird. Wie unbegründet die Angriffe gegen Koutsky sind und wie un-
wahr die „patriotische Entrüstung" der bürgerlichen Preße ist, ergibt sich
aus nachstehender Darstellung, die uns vom Verleger Koutsky, Herrn
Paul Lafsirer, zugeht. Es heißt in dieser Darstellung:
^r^Polich^h^
Haag, 9 Dez. (WV.) Die chinesische Gesandtschaft
hat ein Telegramm aus Peking erhalten, nachdem unter
dein Vorsitz von General King Jun-Pion ein neues Kabinett
gebildet wurde. Der bisherige Minister des Äußern, der
an der Spitze der chinesischen Abordnung auf der Friedens-
konferenz steht, bleibt auf seinem Poften.
Nach einer drahtlosen Meldung aus Peking vom 7. Dez.
hat der chinesische Minister des Äußern an die japanische
Gesandtschaft sine Note gerichtet, in der er sie ersucht, den
japanischen Konsul in Futschau seines Amtes zu entheben.
Er verlangt ferner für die während der jüngsten Vorfalls
getöteten oder verwundeten Chinesen Schadenvergütung und
fordert schließlich, daß der japanische Konsul sich bei den
chinesischen Stadtbehörden entschuldige.
MsWhsim,- Bsxberg,
OsiHMsz-g^ MiiWsch, "IS. DsZemSsr 'LSilS
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Der«mttvortl.:FSr innrre u. LußereMM. Dolkckpirtfchast «. Fruilkets»: Dr.
S.Krausi für .Kmnmuuü.es u. soziale Rundschau: I.Kshn; sÜrLokales:
O.Geldel, für bk Anzeigen: H. Hoffmann, sämtlich kn Heidelberg.
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GeschLfisstunoen: Lhr. Sprechstunden der Redaktion: 'N—W Ahr.
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Paris, 9. Dez. (W.T.B.) Der oberste Rat trat heute
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scheinlich noch im Laufe dieser Woche unterzeichnet werden.
LeMSMÄMg M hie DMMiSL BsvSSenmg her WmtsK^irSe HeideOerg, Mesroch, GiKShejW, Äppisgm, EtzerSach, Mosbach, Bschm,
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SAKderkVKgreß der errgl. GeWerZfchsfLen.
London, 9. Dez. (W.T.B.) Heute wurde in Londo r
e'n Sonderkongreß der Gewerkschaften eröffnet, der über
die durch die Nichterfüllung der politischen Forderungen
entstandenen Zustände beraten soll.
BsMMKreiS: Mo»Mch emschl. LrLs«rkvha 1.« Mt., bmch bk Post
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ksMe-'UkzssgM (W mm brr);) i.s-s Ml. Sri WieSerholungea Nachlaß
«ach Tarif. Gcheimmittel-AnzeiÄ» Nsrdr« «richt «ifgenommm.
A»Rch«K«>m Sattsnche M. r2S77. Trl.M-r.: Volkszeittm- HekdrSS«-.
GbgSN VMsrhatz Ur
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Rachftehender Bericht über Eoiins Rede in Darmstadt
«eh! uns von einem Augenzeugen zu. Wir erwattsu, daß such
i« Heidelberg am heutigen Mittwoch die ganze fszisliftifchr
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>rinzip, „Klaßenhaß gegen Völkerhatz". Sollte etwa
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Rede sinss französischer» Sozialisten in Darmstadt.
Am Mittwoch abend sprach vor einem vicHurrdertköpfigrn
PMÄum in Darmstadt Paul Colin aus Brüssel über
„Freundschaft der Völker. Colin ist der Generalsekretär
Wr Europa der französischen Gruppe Clarte, die von Henri Bar-
duste (dem Verfasser des Anti-Kriegs-Rvmans „Das Feuer") und
Anatslc France, dem Senior der französischen Dichter, gedründet
ist, um von Paris aus die Intellektuellen aller Länder zusammen-
SLfchrvrsßea zum Kampf gegen Krieg, Bölkerhatz und Kapitalismus.
Irr deren Auftrag bereist Lolin zur Zeit Deutschland, um alle Vor-
bereitungen zu Golfen für den WMsngreß der IUtMekLuellerr, der
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München, Dresden,. Berlin, Weimar, Frankfurt, Heidelberg, Darm-
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KUche Lugend ausging.
Colin ist einer der mutigsten Vorkämpfer der Revolution in
Belgien und Frankreich. Seins Zeitschrift ,,L'Art libre" füllt er
mit den heftigsten Anklagen gegen das brutale, nationalistische und
EapitaWischs Regime dieser Länder an, von dem er sagt, es grenze
an H v st er? s. Er verlor seine Anstellung um dessenttvillen. Die
belgische Regierung verweigerte ihm die Ausreiseerlaubnis nach
Deuqchkmd.. Er fuhr über Holland, immer von dem glühenden
Trmsch getrieben, den Kameraden in Deutschland Botschaft zu
bringen über die Arbeit und die Solidarität der Kameraden in
Frankreich. Uns das wahre Antlitz Frankreichs Zu zeigen, das
ÄsmLkerau Md Foch und eins korrumpierte Presse dank ihrer
Aedermächt uns immer noch zu verhüllen und dessen Regungen zu
isttebed» sic immer noch imstande sind. Um uns zu sagen, wie dieser
Hrvßr Teil des französischen Volkes beseelt ist von den Ideen der
H-umarMt und der Gerechtigkeit und deftig und unter Verfolgungen
MotLsticrt gegen den Versailler Vertrag als ein schmachvolles Mal
«n der Stirn der Menschheit und das nicht anerkennt als einen
Friede« der Bölter, was ein Frieden der Militärs und der Regie-
rungen ist. Diesen Hoffnungsstrahl und diese Erneuerung im
Glauben an unsere Genossen in Frankreich will er uns bringen.
Das ist ein historischer Moment. Zum erstenMÄ «ach fünf
Nähren der zwangsweisen Verfeindung steigt einer hinüber über
die tiefe Klusr, die die Hetze und Egoismus und das Gemetzel auf-
Aflsn. So wird seine Reise zu einem Symbol der wiedererlangten
Gemeinsamkeit. Es kündet den Andruck einer „neuen Stunde"
«kk, „der letzten Schlacht", die — wie Colin in einem Artikel schrieb
-— „die Abrechnung ist mit den Verbrechern, die die unermeßliche
Blutschuld über sich und Europa brachten". Zum erstenmal hören
'Dir wieder die Gelöbnisse, auf die wir schwören, vor unseren
Augen in anderer Sprache wiederholt. Zum erstenmal nach langer
Trennung sind wir wieder beieinander aus dem gemeinsamen Weg.
All dies kam in erschütternster Weise bei seiner ersten An-
sprache in Darmstadt zum Ausdruck. Eine armselige, verblendete
und verhetzte Scyar von Pennälern und ausgedienten
Offizieren versuchte unter völliger Verkennung der Lage blind-
wütig aus Nationalismus die Versammlung zu sprengen. Man
warf sie hinaus. Und während sie vor der Tür lärmend weiter
die Nationalhymne brüllten, sprach Colin, nach einleitenden deut-
sche?» Worten, in der Sprache seines Landes, am Schluß von einem
Urbersctzer kurz deutsch wiederholt, unter ungeheurem Beifall einer
von har Bedeutsamkeit dieser Stunde hingerissenen Hörerschaft aus
Proletariern und Menschen aller Klaffen. Ein ganz seltener Geist
sprühte aus seiner Rebe, herangebildet in der >„a,ule der großen
und snvergetz.ichen Jean Iaures. Ein solches Feuer spendet
nur eine große und edle Sache.
Das war ein Sieg. Ein Sieg über alle die verlogenen und
feigen und heimtückischen Aufputsckungen der bürgerlichen Preße.
Eia Sieg der Sozialigen, der entschloßenen Arbeiter, wohl auf
der Hut.
Morgen erwarten wir Colin arrck hier. Er spricht auf Ein-
ladung der sozialistischen Studentengrupve in der „Harmonie".
Nichts darf versäumt werden, daß seine Anwesenheit zu einer im-
posanten Kundgebung wird für die Mensa-»,mkeit, me Gerechtigkeit,
den Sozialismus, den Völkerfrieden und eine neue Zeit.
Wir müßen uns rüsten. Denn schon beginnen hämisch die
Reporter infame Lügen in die Welt zu streuen, Berichte üoer ein
Mißlingen der Darmstädter Veranstaltung, die von A bis Z er-
stunken und erlogen sind, die aber in wvhlweislicher Absicht die
bürgerliche Presse (auch die hiesige) mit äußerster Betriebsamkeit
verbreitet.
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chrem Prnrzrp, „Kaßrnhatz gegen Völkerhatz". Sollte etwa
auch hier die Reaktion die Versammlung zu stören versuchen,
so wird sie sich an? einen hatten Kampf gefaßt machen müs-
sen. Die Redaktion.
EKglsrrÄ gegLU die deutsche ReMisn.
London, 9. Dez. (W.T.B.) Reuter. Unterhaus. In
Beantwortung einer Anfrage sagte Bonar Law, dis
gegenwärtige deutsche Verfassung bestimme, daß der deutsche
Staat eine Republik sei. Eine Wiedereinsetzung der Hohen-
zollern sei deshalb ausgeschlossen. Falls aber nach der
Ratifikation des Friedensvertrages das deutsche Volk seine
Verfassung ändern wolle, so müßte die Haltung der bri-
tischen Regierung im Einvernehmen mit den Verbündeten
Groß-Britanniens erwogen werden.
Die Veröffentlichung der Akten.
Berlin, 9. Dez. Die drrrische Regierung veröffentlicht die ge-
samten deutschen Akten des Auswärtigen Amtes über den Ausbruch des
Krieges (Ksutsky-Men). Jedes Dokument ist darin vollständig adge-
drucki. Zum ersten Male sind in den offiziellen Aktenveröffentiichungen
nicht nur die endgültigen Fassungen gegeben, sondern auch die Entwürfe
s«d «Ar Bemerkungen und Äschen darauf. Bon einem Kommentar ist
völlig abgesehen.
Dis Sntscheidrmg der SeerM-Flors-Frage.
Berlin, 9. Dez. Dis Antwort der'Entente ist heute
übergeben worden. Ihr Hauptinhalt ist folgender:
Dis alliierten und' assoziierten Machte können in dem
deutschen Memorandum vsm 37. November nur einen schwer
erklärbaren Versuch erblicke?», absichtlich die Inkraftsetzung
des Vertrages und die endgültige Wiederherstellung des
Friedens hinanszuzögern.
Bitt Bezugnahme auf ein Schreiben des Chefs des
deutsche-? Aduriralftübss cur Admiral v. Reuter vorn 9. Mai
wird gesagt:
Auf Befehl der deutschen Regierung erfolgte gerade
die Zerstörung dessen, was Deutschland den alliierten und
assoziierten Mächten ausliefern sollte. Dies stellt, welches
auch immer die persönliche Verantwortung des Admirals
v. Reuter und seiner Untergebenen sein mag, eins Ver-
letzun Les Waffenstillstandes dar und gleichzeitig einen
Akt, der auf die An-ilüerung von Verpflichtungen hinzielt,
zu denen bereits die Zustimmung erteilt war und die man
im Begriffe war, endgültig zu unterzeichnen,.
Unter diesen Umständen sind die alliierten und asso-
ziierten Mächte der Ansicht, da dis deutsche Regierung
heute nicht die Verantwortung zuruckweisen kann, die ihr
zufäüt, und »richt in einem Schiedsspruch eine Lösung für
Kriegshandlungen sehen kann, deren Regelung den erwähn-
ten Mächte?? züsteht. Infolgedessen fordern die alliierten
und assoziierten Mächte dis deutsche Regierung auf, en'-
sprschsnd ihrer Note oom 1. November ohne werteren Ver-
zug das Protokoll Zu unterzeichnen, welches den Austausch
der' Ratifikationen und die Inkraftsetzung des Friedensver-
trages gestattet und so die Rückkehr zum normalen Lebe?»
und die Milderung der Leiden der Völker sichern.
DsZ Urteil iM Marloh-P-Äzetz.
Berlin, 9. Dez. (W.T.B.) Oberleutnant Mar loh
ist von der Anklage des Totschlags, La er lediglich befehls-
gemäß gehandelt' hat, freigesprochen worden. Er wurde
wegen unerlaubter Entfernung zu 3 Monaten Festungshaft
verurteilt, vor? denen 2 Monats durch die Untersuchungs-
haft als verbüßt gelten.
Deutschs MstiöAÄlVsVfsMWLrmg»
Die Reaktion gegen das Reichsmttopfer.
Berlin, S. Dezember.
Am Mimstertijch: Erzberger und Dr. Südekum.
Präsiden? Fehrenbach eröffnet öle Sitzung 1.35 llhr und teilt
ein Dankschreiben des österreichischen Staatskanzlers für die de ritsche
Hilfsaktion mit, di« in Oesterreich rächt vergessen werde. (Bestall.)
Der Präsident teilte weiter mit, baß infolge Eingehens der Entente-
note der Minister des Ancheren au? diese eingchen will nach einer
Sitzung des Kabinetts, die aber noch nicht stattgefunden hat. Dem-
gemäß schlage er vor, die Kundgebung der Nationalversammlung
gegen die Zurückhaltung der deutschen Kriegsgefangenen von der Tages-
ordnung abzusehen. Das Haus -ist damit einverstanden. Schluß
1.40 Uhr. Nächste Sitzung 2 Uhr.
Rrlchsirotopftr.
Der Präsident eröffnet nach 2 Uhr wieder die Sitzung.
Rach Erledigung einer Anfrage folgt die zweite Beratung
des Gesetzentwurfs über das Reichsnotopfer. Zu 8 1 liegt ein
Antrag Meßer vor, den Entwurf an den 10. Airsschuß zur Umarbeitung
zurückzuverweisen. Zu diesem Antrag wirb namentliche Abstim-
mung beantragt.
Abg. Di. Rießei (D. Vp.) begründet seinen Antrag.
Bom Lärm unterbrochen.
Adg. Dr. Hugenberg (D.-Rtl.): Der Umfang der Gegnerschaft
gegen das Gesetz wächst ständig. Ich bewundere die Energie und Rück-
sichtslosigkeit, mit der der Finanzm-inister die Wirtschaft des Reiches
offiziell vertritt. Dem Antrag Richer werben wir zustimmen.
Der Feind wird zugreifen, wo Eie (zu Erzbergen es
ihm so leicht machen! (Sehr richtig! rechts, Lärm links.) Das Not-
opfer ist ein unerhörter Leichtsinn! Wenn Sie (zu Erzbergcr) das
deutsche Volk in die Sklaverei führen wollen, dann lassen Sie -och
lieber das Ruhrgebiet besetze.?. (Lauter Lärm bei -der Mehrheit. Rule:
Schkkiß! Lrmp! Glocke des Präsidenten. Redner versucht weiter zu
sprechen, r.krd aber durch den andauernden Lärm verbinden.)
Vizepräsident Haußmann, nachdem er sich endlich Ruhe ver-
schafft hatte: Ich bitte, den Redner nicht am Sprechen zu verhindern.
Ich bitte zu beachten, was Sie dem Hause und dem Weitergang
Verhandlungen schuldig sind. Ich bitte den Redner, sortzukahren.
Abg. Hugenberg versucht mit sehr starker Stimme weiter zu
fprechsn. (Erneuter tosender Lärm bei der Mehrheit, besonders
bei den Sozialdemokraten. Schlutzrufe. Ruse rechts: Redefremctt.)
Vizepräsident Haußmann unterbricht die Sitzung auf eine Vier-
telstunde.
Im Hause bleiben erregte, spazierende Gruppen.
Schluß 4AL Uhr.
Wiedereröffnung.
Die Sitzung wird um 5 Uhr wieder eröffnet.
Vizepräsident Haußmann: Die Wendung des Redners, die die
Unterbrechung hervorg.n-ftr HK konnte die Gefühle des Hauses ver-
letzen. Ich spreche mein Bedauern darüber, aus. Ich bäte aber auch,
die Redefreiheit zu respektieren und bitte den Redner, ftrt.zufahren.
Abg. Dr. Hugenberg (D.-Ntl.): Das Rotopfer ist ein Ssziali-
sierunqsgefetz. Sozialisierung aber bringt kein Geld, sondern kostet E-eid.
Die Zeil kann nicht mehr fern fein, wo Deutschland vom Mcirzis-
m u s geheilt sein wird. Es steht bei ihm, zu entscheiden, durch wie viel
Leiden wir vorher och hindurch müssen. (Beifall rechts.)
Minister Erzderger: Der Vorredner hat den sonderbaren Mut
gehabt, von der Tvibün-e des Hauses in wohl vorbereiteten- Redewen-
dungen Urwrbörtes auszufprechen. Namens der Regierung mutz ich
diese Unterstellung aufs schärfste zurückrveisen. Wir stehen mit dem
Feind in schweren Unterhandlungen. Die neue Note droh? mit neuen
Besetzungen und in diesem Augenblick bringt es eil? Mitglied der dcuffch-
nationalen Partei fertig, mit dem Gedanken der Preisgebung weiteren
deutjcken Landes zu spielen. (Andauernde Pfuirufe bei der Mebrbeit.)
Wenn em anderes Mitglied des Hauses so etwas getan hätte, hätte ich
die Entrüstung der Rechten gegen einen solchen Landesverräter
sehen mögen. (Stürmische Entrüstung rechts, Glocke des Präsidenten.
Lärm links.) Ich unterstelle dem Vorredner nicht Landesverrat, ich stelle
nur die objektive Wirkung seiner Aeußerung fest. (Neuer Lärm. Präsi-
dent Fehrenbach bittet energisch um Ruhe.) Es ist eine Verleumdung
der Regierung, wenn man sagt, wir hätten eine korrupte Verwaltung.
Unsere schwebende Schuld wird verringert werden durch ein Abksmm«
mit Belgien. Ich freue mich, daß so eine Versöhnung mit Belgien an-
gebahnt ist. (Beifall.) , ....
Die Hauptsache ist, daß wir kein« neuen Schulden machen. W>r
habe?? den Besitz zu 75 Proz. an der Aufbringung der Steuern der-
ungezogen, der Rest von 25 Proz. so!! von den schwächeren Schullern
getragen werden. Was tilgen wir denn -in einer Generation? In 30
Jahren werden wir 26 Proz. getilgt haben von den Schulden, 80 Proz.
überlassen wir künftigen Generationen. (Sehr richtig bei der Mehrheit.)
Es liegt kein Grund vor, die Vorlage an die Kommffsivn zurückzuvenoe!-
scn, denn die vorliegenden Anträge sind bereits in der Kommission er-
örtert und abgelehnt worden. Die Vorlage sagt kein Wort davon,
daß das Nvtopfer in einem Jahr bezahlt werden soll. Jeder ha? 30
Jahre Zeit dazu, der Landwirt 50. Seine Schuld steht zu Buch, aber
er behält das Geld im Betrieb. Eine Zwangsanleihe wäre nur denkbar
als Ergänzung zur Kriegsanleihe. Nehmen Sie die Vorlage m der
jetzigen Form bald an, denn sonst wäre an eine Verabschiedung der Um-
satzsteuer nicht zu denken. (Beifall bei der Mehrheit.)
Persönlich bemerkt Abg. Dr. Hugcnberg (D.-Ntl.): Noch nehme
ich den Vorgang nicht tragisch. Ich verwahre mich dagegen, datz ich
gesagt haben könnte, ich wünschte die Besetzung des Ruhrgsbiet-es. Ich
habe nur gesagt, die Politik Erzbergers würde dahin fuhren
und bann möge er es nur möglichst gleich tun. Ich habe Hern? Erz-
berger schon lange für einen Landesverräter gehalten. (Lärm. Präsident
Fehrenbach ruft den Redner znr Ordnung.)
Schluß 6ZH Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr.
Ksburgs Anschluß an Bayern.
München, 9. Dez. (W.T.B.) Eine Abordnung von
Vertretern der Staatsregierung, der Volksvertretung und
der Presse begab sich heute nach Koburg, um den Anschluß
von Koburg an Bichern zu erfüllen. _3.3- .
Politische Übersicht.
Wie Hetze gegen Krnttsky.
Trotz der Erklärung des Genoßen Koutsky, durch die die gegen ihn
erhobenen Angriffe zurückgewicsen wurden, setzt die Preße in illoyalster
Weise die Hetze gegen Koutsky fort, mit dem durchsichtigen Zweck, durch
diese Kampagne die Aufmerksamkeit von dem Aftenmaterio! abzMemen,
durch das die lückenlose Schuld der deutschen Kriegsverbrecher erbracht
wird. Wie unbegründet die Angriffe gegen Koutsky sind und wie un-
wahr die „patriotische Entrüstung" der bürgerlichen Preße ist, ergibt sich
aus nachstehender Darstellung, die uns vom Verleger Koutsky, Herrn
Paul Lafsirer, zugeht. Es heißt in dieser Darstellung:
^r^Polich^h^
Haag, 9 Dez. (WV.) Die chinesische Gesandtschaft
hat ein Telegramm aus Peking erhalten, nachdem unter
dein Vorsitz von General King Jun-Pion ein neues Kabinett
gebildet wurde. Der bisherige Minister des Äußern, der
an der Spitze der chinesischen Abordnung auf der Friedens-
konferenz steht, bleibt auf seinem Poften.
Nach einer drahtlosen Meldung aus Peking vom 7. Dez.
hat der chinesische Minister des Äußern an die japanische
Gesandtschaft sine Note gerichtet, in der er sie ersucht, den
japanischen Konsul in Futschau seines Amtes zu entheben.
Er verlangt ferner für die während der jüngsten Vorfalls
getöteten oder verwundeten Chinesen Schadenvergütung und
fordert schließlich, daß der japanische Konsul sich bei den
chinesischen Stadtbehörden entschuldige.