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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (1) — 1919

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Nr. 51 - Nr. 60 (28. November - 9. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43996#0291
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Akkordarbeit auf sämtlichen Hamburger Großwerftcu. Tiner Ham-
burger Nachricht des B. T. zufolge haben sich nunmehr die Belegschaften
sämtlicher Hamburger Großwerftcn, Vulkan, Blohm u. Voß u. a. mit
erheblicher Mehrheit für die Wiedereinführung der Akkordarbeit
entschieden. Auch auf der Kortcywerft in Lübeck ist die Akkordarbeit ein-
gefLhrt worden.
< Die Lag« des badischen Arbeitsmarktes. Durch den anhaltenden
Kvhlenmangel hat sich in der Berichtswoche vom 17.—23. November
di« Lage des Arbeitsmarktes wieder verschlechtert. Die Zahl der Er-
werbslosen ist wieder von 8679 auf 8814 gestiegen und wird bei weite-
rer Kohlenknappheit noch zunehmen. Außer der Kohlennot kommt in
letzter Zeit wieder ein Mangel an Rohmaterialien hinzu, besonders in
der Textilindustrie. 8n der Nahrungsmittelindustrie sind vor allem die
Maggi-Werke in Singen a. H. zu erwähnen, welche teilweise Betriebs-
einschränkungen vornehmen mußten, wodurch 350 Arbeitskräfte zur Ent-
lHung kamen. Die Lage in der Metallindustrie ist im allgemeinen, als
Mnstig zu bezeichnen, und es sind in der Hauptsache nur noch Bau- und
Maschinenschlosser und Eisendreher, die Beschäftigung suchen. In der
Lederindustrie und verwandten Berufszweigen gleichen sich Nachfrage
und Angebot ziemlich aus, und die Holzindustrie weist kaum noch Ar-
beitslose auf. Dagegen ist in diesem Industriezweig die Nachfrage nack-
gelernten Kräften sehr lebhaft. Auch die Bekleidungsindustrie und das
Baugewerbe weisen nur noch in beschränkter Zahl Stellensuchende auf.
Das Vervielsältigungsgewerbe dagegen ist nach wie vor von Arbeits-
suchenden Ueberfüllt, ebenso das Handelsgewerbe, wo lediglich nur
Stenotypisten und Stenotypistinnen, Verkäuferinnen und Kaufleute mit
Spezialkenntnissen gesucht werden. Betriebseinschränkungen wegen
Kohlenmangels, Mangel an Rohmaterial und Waren mußten in
mehreren großen Firmen Badens vorgenommen werden, woselbst zum
zum Teil verkürzte Arbeitszeit, zum Teil aber auch Einlassungen cintreten
Mutzten. Ts wurden insgesamt etwa rund 800 männliche und weibliche
Arbeitskräfte von dieser Maßnahme betroffen. Weitere Einschränkungen
wegen Kohlen- und Warenmangels stehen in nächster Zeit in zwei Be-
trieben mit etwa 300 Arbeitskräften bevor. Geschloffen wurden wegen
Kohlenmangels die Betriebe der Pappenfabrik Strohm in Freiburg mit
19 männlichen und 13 weiblichen Arbeitern, und wegen Beendigung
der Feldarbeiten mutz die Gutsverwaltung Rheinschanzinsel bei Bruchsal
demnächst 36 Männer und 10 Frauen entlassen. Wiedereröffnungen
konnten ebenfalls wieder in einigen Betrieben vorgenommen werden
nach genügender Zufuhr von Kohlen und elektrischem Strom, wodurch
wieder eine größere Anzahl von Arbeitskräften Beschäftigung finden
konnten. Erwerbslosenunterstützungen wurden in der Berichtswoche in
Baden 281L35 Mk. verausgabt gegenüber 283 784 Mk. in der Vor-
woche. Mit Notstandsarbciten waren in dieser Woche 5080 Erwerbslose
beschäftigt, in der Vorwoche waren es 5045.
Der Gautag des Verbandes des deutschen Berkehrspersonals, der
am letzten Samstag in Freiburg tagte, hatte eine starke Beteiligung
aufzuweisen. Verbandsvorsitzender Hermann wies in seiner Be-
grüßungsansprache auf die besondere Bedeutung der Tagung hin, die
darin bestehe, daß sie im Zeichen der Verschmelzung mit dem Deutschen
Eisendahnerverbande stehe. Das längst angestrebte Werk, eine Ein-
heitsfront der deutschen Eisenbahner zu schaffen, soll nunmehr laut Bc-
fchlutz einer Vorständekonferenz, die am 25. November in Würzburg
tagte, bis zum 1. Juli 1920 seiner Vollendung entgegengeführt werden.
Redner geht kurz auf die Entwicklungsgeschichte des V. d. d. V. ein.
Es mußten lange und harte Kämpfe, insbesondere in Bayern unter der
Reverspolitik des einstigen Verkehrsmimsters Seidlein um die Existenz
des Verbandes geführt werden. Die Revolution habe die Bahn vollends
frei gemacht und dem Gedanken, eine schlagfertige, moderne Kampforga-
nifation für das gesamte Verkehrsperfonal Deutschlands zu schaffen, zum
endgültigen Siege »erhoffen. Aus dem gedruckt vorliegenden Bericht
den Gauleiter Schneider im einzelnen ergänzte, geht hervor, daß
die Tätigkeit der Gauleitung eine äußerst intensive und umfangreiche
War. Baden hat als erster unter den Gliedstaaten einen Lyhntarif mit
der Organisation abgeschlossen, was nur der zähen Arbeit derselben zu
verdanken ist. Die Beseitigung der Akkordarbeit in den Eisenbahnwerk-
stätten, die Durchführung des Achtstundentags, die Einführung neuer
Dienst- und Ruhezeitbestimmungen ufw. bilden weiter die wichtigsten
Errungenschaften der Revolution. Die Koalitionsfreiheit hat auch für
die Beamtenschaft die Möglichkeit zur gewerkschaftlichen Organisierung
geschaffen. Davon Ihat bereits eine große Zahl von unteren und mitt-
leren Beamten Gebrauch gemacht. Eisenbahnsekretär Schaeubte
hielt ein sehr instruktives Referat über die geschichtliche Entwicklung des
setzt akut gewordenen Verreichlichungsgedamens für das deutsche Eisen-
bahnperfonäl, das sehr beifällig ausgenommen wurde. Es handelt sich
vor allem darum, die Interessen des süddeutschen Personals, besten
Eigenart gewahrt bleiben muß. Angesichts der Bestrebungen Preußens,
einen ausschlaggebenden Einfluß auf die Gestaltung der Dinge, wie
einheitliche Besolbungsordnung, Einheitslohntarff usw. auszuüben, ist
eine zielklare, energische Arbeit erforderlich. Ts mutz noch mancher
Widerstand, der sich besonders in den verschiedenen rückständigen Beam-
tenvereinigungen verkörpert, gebrochen werden. Schaeuble ist beauftragt,
als einziger Vertreter des gesamten Personals Süddeutschlands in dem
bereits in Berlin konstruierten Spitzenausschutz (Fünfer-Ausschuß) besten
Interesten wahrzunehmen. Die Konferenz beschäftigte sich sodann am
Sonntag des weiteren mit verschiedenen Organisütionsfragen und der
im Hinblick auf die zum Teil geänderte Situation einzuschlagenden Taktik.
Die Delegierten bekundeten lebhaftes Intereste gegenüber dem notwen-
digen Ausbau der Organisation, getragen von der Begeisterung über
die nunmehr in greifbare Nähe gerückte Einheitsorgamsation. Die vor-
nehmste nächste Aufgabe mutz in einer großzügig organisierten Schulung
und Erziehung der Eisenbahner zu überzeugten Gewerkschaftlern bestehen.

Kommunales.
o. Rette Zustände aus dem Dossenheimer Rathaus. In diesem
Frühjahr hat ein Gemeinderat im Auftrag der Gemeinde Kartoffeln
verkauft. Das Geld gab er abends einem Beamten im Rathaus, der
es im Archiv ausbewahrte. Am nächsten Morgen entdeckte man das
Archiv offen und ein Teil des Geldes fehlte. Das Auffallende an der
Sache ist, daß man keine Untersuchung darüber anstellte, besonders nicht
nachsorschtc, weshalb das Archiv, das stets verschlossen ist, in dieser frag-
lichen Zeit offenstand. Ebenso ist es eigentümlich, daß man den Ge-
nie in berat von diesem Vorgang nicht in Kenntnis setzte. Es wäre
auch von Wichtigkeit, zu erfahren, mit welchen Mitteln dieser Fehlbetrag
gedeckt wurde. Aufklärung in dieser dunklen Sache ist notwendig.
* Bei der Bürgermeisterwahl in Hardheim wurde der Schneider-
meister Adolf Seb er einstimmig zum Bürgermeister gewählt.
— Bürgerausschutzsitzung in Sinsheim. Am Dienstag, den 9. De-
zember, findet eine Sitzung des Bürgerausschusses statt. Zur Tages-
ordnung stehen folgende Punkte: 1. Genehmigung zweier weiterer Pro-
festorenstellen an der Realschule dahier. 2. Erhebung eines Umlage-
nachtrags zur Tilgung wirtschaftlicher Ausgaben. 3. Uebernahme des
Anteils an den Baukostenzuschüssen für die Gemeinnützige Baugenosten-
schaft Sinsheim. 4. Erstellung, eines Wohnhauses durch die Gemeinde.
5. Ermäßigung des Zinsfußes bei der Spar- und Waisenkaste hier.
6. Verkündigung der Rechnung der Spar- und Waisenkaffe hier für
das Jahr 1918.
Landtagsabgeordneter Friedr. Stockinger dritter Bürgermeister
in Pforzheim. Anschließend an die Oberbürgermeisterwahl fand die
Wahl eines dritten Bürgermeisters statt, bei der Genosse Stockinger
Mit allen gegen die Stimmen der Deutschnationalen und U.S.P. ge-
wählt wurde. Genosse Stockinger ist seit vielen Jahren auf dem
Pforzheimer Rathaus als Stadtverordneter und Stadtrat tätig. Seit
der Amtsniederlegung des Oberbürgermeisters Habermehl versah er
bereits die Stelle eines Bürgermeisters. Stockinger gehörte seit dem
Jahre 1909 dem Landtage an und war unter der vorläufigen badischen
Volksrcgierung Minister des Kultus und Unterrichts.
— Gemeinderatsfitzung in Buchen am 27. November. Wilhelm
Faulhaber, Franz Josef Schwing, Friedrich, Robert und Karl Rein-
hardt sowie Bezirksgeometer Brünner in Adelsheim werden als Bürger
ausgenommen. — Nach Abrechnung der Gefangenenkaffe verbleibt ein
solch geringfügiger Restbetrag, daß eine Verteilung an die Gefangenen-
halter sich erübrigt. Es wird deshalb beschlossen, den Betrag zur Re-
novierung des Saales im „steinernen Bau", in welchem sich das Ge-
fangenenlager besand, zu verwenden. — Das Lagerhaus Buchen ist
nach Eintritt der neuen Brot- und Mehlpreise an einen hiesigen Bäcker
Mehl aus Getreide alter Mahlung zu dem für das neue Mehl 80proz.
Mahlung geltenden Preise irrtümlicherweise abgegeben. Auf Anordnung
des Kommunalverbandes hat das Lagerhaus den zuviel erhaltenen Be-
trag von 264 Mk. an die Stadttaste zurückzuzahlen. Es wird beschlossen,
denselben zur Verbilligung von Lebensmitteln zu verwenden. — Zur
Anlegung eines Stcinbruches durch Mackert in Hettingen wird nach
Zustimmung des -Forstamtes die Genehmigung erteilt. — Die durch
Kündigung freigewordene Steinseherstelle ist zur Bewerbung auszu-
schreiben. — Die vom Bürgermeisteramt vorgefchlagene ortspolizeiliche
Vorschrift zum Schutze des Stadt- und Landschaftsbildes wird genehmigt.
— Aus Vorschlag des Forstamts wird gemäß den gesetzlichen Bestim-
mungen dem Hermann Sigmund in Eberbach die Gewinnung von Stock-
holz auf Kahlhiebsflächen um 60 Pf. pro Zentner überlassen. Falls ein
örtlicher Bedarf vorliegt, wird eine Teilfwche der Gemeinde Vorbehal-

ten. — Die Milchablieferung seitens der Gemeinde Bödigheim ist
jo schlecht, daß in absehbarer Zeit Milch nur noch an Kinder und Kranke
abgegeben werden kann. Wie Feststellungen ergeben, ist an dem Liefe-
rungsrückgang die Herstellung von Butter schuld, die zu Wuchcrpreifen
nach auswärts verkauft wird. Außerdem wird in Bödigheim selbst
in vielen Fällen eine Milchmenge hergestellt, die die gesetzliche Grenze
weit überschreitet. Antrag auf Strafverfolgung wurde be-
schlossen. — Gegen die in der letzten Kreisvcrsammlung erfolgte Besetzung
des Sonderausschusses für Elektrizitätsversorgung des Kreises erhebt der
Gemeindcrat Einspruch, da in diesem Ausschuß die drei größten und
leistungsfähigsten Gemeinden des Bezirks Buchen und ohne Zweifel
auch die drei größten Stromverbraucher nicht vertreten sind. — Außer-
dem verlangt der Gemeinderat Rechnungsablage vor der Liquidation
des Strombezugsverbandes Buchen bzw. seiner Verschmelzung mit dem
Kreisstromverband.
---
. ANK Stadt ARd Land.
"Gewitter. Heute Nacht nach 1 Mr ging über die hiesige Gegend
ein Gewitter nieder, das von einem orkanartigen Sturm und schrverem
Hageffchlag begleitet war. Der Sturnr hat an verschiedenen Häusern
Schaden angerichtet. <
" Transportarbeiterverband. Laut 8 17 Ab). 3 des Verbandsstatuts
findet die Urwahl eines Mitgliedes zum erweiterten Hauptvorstand am
Samstag, den 6. Dezember, nachmittags von 4—11 Uhr im Lokal zum
„Artushof" statt. Wir ersuchen unsere Mitglieder recht zahlreich daran
teilzunehmcn.
" Die Tuberkulosebekämpfung in Baden. Die planmät-iae Bekäm-
pfung der Lungentuberkulose in Baden lag bisher in den Händen des
bad. Frauenvereins, der in dem von Prof. Dr. Starck geleiteten Londes-
Tuberkulose-Ausschuß eine Organisation geschaffen hatte, die b§ne prak-
tische Erfolge erzielte und die vielfach anderen Staaten als Vorbild
diente. Die überraschende erschreckende Zunahme der Erkrankungen und
Todesfälle an Tuberkulose in den letzten Kriegsjahren gab neuerdings
Veranlassung für diesen Zweig der seitherigen Bereinsarbeit weitere
Kreise zu interessieren und die Bekämpfung der Tuberkulose auf breitere
Grundlage zu steilen; so erfolgte die Gründung eines selbständigen Lan-
desverbandes zur Bekämpfung der Tuberkulose, als dessen Vorsitzender
der seitherige Organisator Prof. Dr. Starck gewählt wurde. Diese
Aenderung bedingte aber die Anstellung eines hauptamtlichen Geschäfts-
führers, für den in der Person von Prof. Dr. Berghaus eine besonders
geeignete Kraft gewonnen wurde, sowohl als Praktiker, wie als Theore-
tiker geht dem neuen Geschäftsführer ein vorzüglicher Ruf voraus. Ts
ist zu hoffen, daß der Kamps gegen die verheerende Volksseuche unter
dieser neuen, arbeitskräftigen Organisation einen neuen Ausschwung
nimmt, sofern sie die für eine erfolgreiche Arbeit unerläßliche Unter-
stützung von allen Seiten findet.
Stadttheater. Heute Freitag findet eine Urauffühung statt. Zur
Darstellung gelangt das dramatische Gedicht „Die schöne Melu-
sine" von Ernst Wachler. Die Hauptrollen werden gespielt von den
Damen Hausa (Titelrolle), Döhlau, Marlow, Wolfert und den Herren
Felix, Michels, Schäffner und Zwillinger. Die Spielleitung hat Herr
Petersz übernommen. — Montag, den 8. Dezember, gelangt als Volks-
vörstellung zu ermäßigten Preisen „Kabale und Liebe" zur Auf-
führung/ Anfang 6-4 Uhr.
Der Reichsbund der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen
hielt am vergangenen Montag im Nebenzimmer des Lokals „zum Fuchs-
bau" eine gut besuchte Monatsversammlung ab. Der 1. Vorsitzende
Herr Bau m eröffnete dieselbe und ging dann zur geschäftlichen Tages-
ordnung über. Für das Militärversorgungsgericht wurden 12 Kamera-
den vorgeschlagen. Im Monat Dezember soll wieder ein größerer
Posten Kleider, Schuhe, Decken usw. nur an unsere Mitglieder zu er-
mäßigten Preisen abgegeben werden. Dieselben sollen uns von der
Gauleitung Karlsruhe zur Verfügung gestellt werden. Näheres wird
in den Tageszeitungen noch bekanntgegeben. Die diesjährige Weih-
nachtsfeier wurde auf den zweiten Weihnachtsfeiertag in der Turnhalle
am Klingenteich festgelegt, und zwar mittags 3 Mr Bescherung für
Kinder der Kriegshinterbliebenen unserer Organisation und abends
7 Uhr Weihnachtsfeier für Mitglieder, deren Angehörige und Gönner
der Organisation. Bei Punkt Verschiedenem kam es zu einer lebhaften
Aussprache. Am Schluffe der Versammlung machte ein Schwerkriegs-
beschädigter, der an Beinen und Armen schwer verstümmelt ist und
dauernd an Krücken geht, die Mitteilung, daß er im 5. Stocke wohne und
mit seiner Frau und Kind ein Zimmer bewohnt. Trotzdem er schon
öfter bei dem Wohnungsamt vorstellig war, wurde der tapfere Mann
mit dem allgemeinen KanzMroste abgespeist. Der Bezirksvorsitzende
Herr Engelhardt hat sich bereiterklärt, sich mit dem Wohnungsamt
in Verbindung zu sehen, daß hier sofort in demselben Hause eine Aende-
rung einzutreten hat, denn hier sollte es nur an dem guten Willen der
anderen Mieter fehlen. Um 10 Uhr konnte die Versammlung beendet
werden.
Die Heidelberger Hilfe für Wiener Kinder. In einer vorgestern
nachmittag abgehaltenen Besprechung des Heidelberger Hilfsausschusses,
an der auch Vertreter von auswärts teilnahmen, wurde die Frage der
Schaffung einer einheitlichen Landesorganisation beraten und beschlossen,
Heidelberg als Zentrale für Nordbaden zu bestimmen. Alle Bezirke des
nördlichen Badens treten mit der Heidelberger Hilfe für Wiener Kinder
(Stadt. Wvhlfahrtsstelle), die den Verkehr mit Wien regelt, in Fühlung.
Ferner wurde beschlossen, für Heidelberg-Stadt und Land in Wien z u -
nächst 500 Kinder anzufvrdern, wovon 200 auf die Stadt und 300
auf Landorte entfallen sollen.
Im Gartenbauverein fand am Mittwoch abend im Harmoniesaal
eine Mitgliederversammlung statt, welche sehr gut besucht war. Die Ver-
sammlung wurde vom 2. Vorsitzenden Gartenmeister Diebolder ge-
leitet. Dieser hielt auch einen Vortrag über Beerenobst im Klein-
garten. Der Vortrag fand reichen Beifall. Nach der Beantwortung
des Fragekastens wurden noch Vereinsangelegenheiten besprochen. Um
die reichhaltige Blumenverlosung beibehalten zu können, war die Ver-
sammlung einstimmig der Ansicht, ab 1. Januar den seitherigen geringen
Beitrag von 2 Mk. auf 5 Mk. zu erhöhen. Nach der reichhaltigen
Blumenverlosung konnte die Versammlung um 1411 Uhr geschloffen
werden.
Tagesbericht vom Roten Kreuz. Dem Monatsbericht der Abtei-
lung 9 des Roten Kreuzes (Fürsorgestelle für elsaß-lothringische Flücht-
linge im Verkehrsamt) ist zu entnehmen, daß im November 37 085.50
Mk. an Unterstützungen verausgabt wurden. Etwa 1400 durchreisende
Vertriebene erhielten durch die Erfrischungsstelle auf dem Bahnhof
Kaffee. Die hiesige Tätigkeit erstreckte sich bisher auf 12 Bezirks-
ämter, soll aber in Zukunft nur noch den Bereich des Bezirksausschusses
Heidelberg umfassen. Zur Einschränkung des planlosen Umherreistns
werden besondere Maßnahmen getroffen. Die Kleider- und Wäschestelle
mußte 15 000 Mk. zu Anschaffungen aufwenden. Das städt. Wohnungs-
amt hat unserer Abteilung 9 die Vergebung von für Flüchtlinge bereit-
gestellten Wohnungen übertragen.
Die Monatsbeute der Heidelberger Fahnder. In der Zeit vom
1. November bis 1. Dezember wurde von der Fahndungsabteilung Hei-
delberg (bad. Landespreisamt Mannheim) folgende Waren beschlag-
nahmt: 2.34 Ztr. Fleisch, 3054 Büchsen Corned-Beef, 100 Kilo Butter,
143 Kisten Handkäse, 2 Waggon Zucker, 12 Ztr. Weizen, 850 Pfb.
Raps, 20 Ztr. Weißmehl, 11 Ztr. f. Gebäck, 4 Kisten Keks, 1 Waggon
Obst, 58 Liter Wein, 140 Liter Branntwein, 55 Mille Zigarren, 64
Mille Zigarretten, 2 Kisten Kautabak, 222 Kilo Schokolade, 1329 Buch-
sen kond. Milch, 40 Kilo Zimmt, 4263 Stück Kernseife, 21 Liter Petro-
leum, 4 Gänse, 585 Kilo Kaffee, 245 Kilo Kakao.
Das Offenhalten der Läden vor Weihnachten. An den letzten drei
Sonntagen vor Weihnachten dürfen die offenen Vcrkaufsläden von 11
bis 6 Mr geöffnet bleiben. . > -
X. Vom freien Tabakarbeiterverband. (Versammlung.) Die auf
Dienstag nachmittag in den Artushof einberufene Mitgliederversamm-
lung des Tabakarbeiterverbandes füllte das Lokal bis auf den letzten
Stehplatz. Gauleiter Klein berichtete eingehend über die neuen Lohn-
vereinbarungen in der deutschen Tabakindustrie. Zum Schluffe wurde
folgende Entschließung angenommen: ,
Die heutige Versammlung der Mitglieder des freien Tabakarbeiter-
verbandes nimmt Kenntnis über die Lohnverhandlungen in Frankfurt
a. M. und Berlin. Sie bedauern aufs lebhafteste, daß es nicht zum
Abschluß eines Rahmentarifs sür die - Gesamtindustrie gekommen ist.
Mindestlvhnsätze aller Arbeitergruppen sind die Grundbedingungen einer
geregelten Lohnpolitik. Durch die prozentualen Zulagen wird die
Spannung der Lohne für Nord- und Süddeutschland immer größer, zum
Schaden der süddeutschen Tabakarbeiterschaft. Da am 15. Januar die
weiteren Tarifverhandlungen ausgenommen werden, erNärt sich die Ver-
sammlung einverstanden mit den getroffenen Vereinbarungen, spricht
aber den dringenden Wunsch aus, daß die in Aussicht genommenen Ver-
handlungen zu einem Tarifabschluß auf stabilen Lohnverhältüiffen führen.
Da in einzelnen Betrieben Heidelbergs besonders geringe Grundlöhne
bestehen, wird die Organisationsleitung ersucht, sofort mit allen Mitteln
einzugreisen, damit eine Regelung erfolgt, wie in den Mannheimer Be-
trieben. Weiter fordert die Versammlung die wenigen unorganisierten
Tabakmßbeiter in den Heidelberger Betrieben aus, sich umgebend der
Organisation anzuschließen. Fast 2500 Mitglieder zählt die Zahlstelle
Heidelberg des freien TabakartMerverbandes. Auch in den anderen
Orten Süddcutschlands geht es rüstig vorwärts. Zum Schluffe wurde

noch auf die Verbandstagsbeschlüffe, besonders auf die neue Beitrags-
regelung ab 1. Januar, die Konsumvereinsbcwegung und. die politische
Arbeiterpresse am Orte, die „Volkszeitung", hingetviesen. '
Einbruch. In das Zigarrengeschäst von Hartmann, Anlage, wurde
heute früh eingebrochcn. Die gestohlenen Zigaretten haben einen Wert
von 5—6000 Mk. Durch den beim Anheizen der Dampfheizung ver-
ursachten Lärm hat man die Einbrecher nicht gehört.

MWärrde bei der Straßenbahn Wiesloch-Heidelberg.
Schon wiederholt habe ich selbst zugesehen, wie Leute,'hauptsächlich
Frauen und Kinder, an der Haltestelle Kronprinzenstraße in den Wies-
locher Wagen einsteigen, um nach der Stadt zu fahren. Die Leute ver-
langen „Umsteigen", und der betr. Schaffner sagt kurzerhand: „Das
geht nicht. Sic können nur bis Bahnhof fahren," Wäre es nicht mög-
lich, daß die Schaffner Weisung bekämen, die Leute aufzuklären, oder
daß man in die Wagen von der Krmrprinzenstr. ab nach der Nabt
niemand mehr einstcigen läßt. Bei einem Fahrpreis von 25 Pf. ist es
für viele eine unangenehme Sache, wenn sie für diesen Preis nur bis
zum Hauptbahnhof fahren können, weil sie vielleicht durch Zufall m
den von Wiesloch kommenden Wagen eingestiegen sind. Ein klein we-
niger bureaulratisch, wäre hier auch am Platze. Es muß doch Mhen,
daß man im Wieslocher Wagen auch Fahrscheine, die zum Umsteigen
in der Stadt berechtigen, erhält. A .H.
V. Rohrbach, 5. Dez. (Vo n der freien T u r n e r s ch a st.) Die
letzte Mitgliederversammlung hatte sich eines guten Besuches zu er-
freuen. Die geplante Weihnachtsfeier fand einstimmige Annahme, fer-
ner die Erhöhung des Monatsbeitrags auf 60 Pf. sür Mitglieder und
30 Pf. für Zöglinge. In seinem Schlußwort ermahnte der Vorsitzende
zum fleißigen Besuch der Turnstunde und forderte zur Agitation für die
freie Turnerschaft auf.
L. Ziegelhausen, 4. Dez. (Mitgliederversammlung.) Der
hiesige Ortsverein hielt am letzten Samstag seine Mitgliederversamm-
lung ab mit der Tagesordnung: Die politische Lage im Reich. Genosse
Gemeinderat Bollschweiler hatte das Referat übernommen. Der-
selbe ging auf alle Tagesfragen ein, übte Kritik an der Politik der Mehr-
heitspartei, von der man den Eindruck habe, als ließe sich die Partei
von den Ereignissen treiben. Seine Ausführungen, daß die Partei mit
großen Schwierigkeiten zu kämpfen habe, sich deshalb vieles entschuldi-
gen lasse, fand lebhaften Widerspruch in der Versammlung. In der
nachfolgenden Aussprache kam auch die Unzufriedenheit zum Ausdruck,
die ihren Niederschlag fand in der Annahme der Freiburger Resolution.
(Es scheint uns so, daß die Genossen die politische Lage nicht mit der
nötigen tiefgehenden Sachlichkeit beurteilen. Wir verweisen auf die ver-
schiedenen Artikel des Gen. Dr. Kraus, die er anläßlich der Frei-
bürger Resolution in der „Volkszeitung" erscheinen ließ. Die Red.)
VV. Dossenheim, 4. Dez. (Vortragsabende.) Der Bildungs-
ausschuß der Soz. Partei macht auf die am Samstag abend punkt 7 Uhr
im Saale zur „Krone" beginnenden regelmäßigen, Vortragsabende auf-
merksam. Vortragender ist stud. Bühler. Pünktliches Erscheinen
aller Partei- und Gewerkschaftsfreunde wird gewünscht.

Ketsch b. Schwetzingen, 3. Dez. (Die alte Geschichte.) Beim
Aufspringen auf einen bereits in Fahrt befindlichen Eisenbahnzug kam
ein 18jähriges Mädchen namens Paula Schäfer unter die Räder,
wobei ihm beide Beine abgefahren wurden. Die Verunglückte ist ihren
Verletzungen erlegen.
Urlokfen b. Offenburg, 4. Dez. (Raubmord.) Einem Raubmord
ist der 40jährige Flaschenbierhändler Markus Leible zum Opfer ge-
fallen. Er wurde am Montag abend in der Nähe des Ortes mit klaf-
fender Bruftwunde tot aufgefunden. Der Betrag von 2000 Mk., den
er auf der hiesigen Kreditkasse einzahlen wollte, fehlte. Der noch un-
bekannte Mörder hat den Leible hinterrücks erschossen.
Kenzingen, 4. Dez. (U e b e r f a h r e n.) In Tutschjelden geriet der
65jährige Landwirt Mattmüller beim Scheuen des Gespanns unter die
Räder, wurde überfahren und getötet.

Schmuggler und Schieber.
Dundenheim b. Lahr, 3. Dez. Die Verbindungsstraßen zwischen
hier und Altenheim-Müllen sind seit Wochen der Schauplatz nächtlicher
Kämpfe zwischen Zollbeamten und Schmugglern. Mehrmals ist es schon
zu regelrechten kleinen Feuergesechten gekommen. Bemerkenswert ist,
daß der Schmuggel in Lebensmitteln durch das tüchtige Eingreifen ganz
nachgelassen hat. Die einzige Schmugglerware scheint jetzt noch Tabak
zu sein.
Waldshut, 3. Dez. Der als Landsturmmann während des Kriege^
bei der hiesigen Postüberwachungsstelle tätige Kaufmann Wohlgemuty
aus Mannheim ist laut „Alb-Bote" wegen großzügiger Schiebereien
verurteilt worden. Eine Menge Waren wurden bei ihm beschlagnahmt,
und zwar im Geldbetrag von 175 000 Mk.
Singen (Hohentwiel), 3. Dez. Zu der hier großes Aufsehen er-
regenden Verhaftung des Inhabers der Spediteurfirma Seegmüller und
des Prokuristen Schmidt teilen die „Konst. Nachr." mit, daß die Fest-
nahme hauptsächlich wegen Lebensmittel- und Tabakschiebungen erfolgte.
Die Angelegenheit kam dadurch ans Tageslicht, daß zwei früher bei der
Firma beschäftigte Kaufleute, die wegen Diebstahls von Kakao und
Kaffee vor einiger Zeit abgeurteilt worden waren, im Verlauf des Ver-
hörs Mitteiluitgen über die Schiebungen machten.
Radolfzell, 3. Dez. Ein badischer Zollbeamter wurde in Thayngen
verhaftet, weil er Gold von der Schweiz nach Deutschland auszuführen
versuchte.
Wirtschaftliche«.
Lieber den Handel mit Einstellschweinen wird amtlich mitgetcilt, daß
das in einer Verordnung vom 1. Juli 1918 erlassene Verbot des Handels
mit Einstellschweinen aufgehoben ist. Den Handel mit Ferkeln und
Läuferschweinen dürfen aber auch fernerhin nur solche Personen aus-
üben, denen vom zuständigen Bezirksamt die Genehmigung hierzu erteilt
ist. Das Verbot der Schlachtung von Ferkeln und Läuferschweinen mit
einem Gewicht von weniger als 80 Pfd. bleibt auch weiterhin aufrecht-
erhalten.

GerrchtshMe
Heidelberg, 3. Dez. (Strafkam m e r.) Der 19 Jahre alte Haus-
bursche Alfred Kraft aus Schwenningen stieg von außen durch ein Fen-
ster in die Dachkammer des Hotels „Heidelberger Hof" und entwendete
einen Handkoffer im Werte von 400 Mk. und 180 Tafeln Schokolade
im Werte von 720 Mk. Er erhielt wegen schweren Diebstahls 6 Mo-
nate Gefängnis. — Wegen Vergehens gegen 8 «475 R.St.G.B. hatte
sich der Wärter Franz Benz aus Ettenheim zu verantworten. Der An-
geklagte wurde zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. — Am 3. Juli 1919
stürzte in einem Eisenlagerschuppen der Firma Maquet hier ein mit
Eisenstangen beladenes GerüsOein, begrub den Schlosser Johann Adam
Schlegel von Neckarsteinach unter sich und drückte ihm den Brustkorb
ein, was seinen alsbaldigen Tod hcrbeiführte. Der für diesen Unfall
verantwortlich gemachte Werkführer Ludwig Gartner hier wurde von
her Anklage wegen fahrlässiger Tötung freigesprochen. — Der wegen
Diebstahls wiederholt vorbestrafte ledige Landwirt Josef Adolf Beigel
aus Rauenberg entwendete in Rot ein Fahrrad im Werte von 500 Rk.
Das Urteil lautete auf 4 Monate Gefängnis.
Wk MWMM M ZMWNS".
Frankfurt a. M„ 5. Dez. (W.B.) Die Polizei und die
Reichswehr veranstalteten heute Nachmittag eine Razzia auf zwei
bekannte Schieberlokaft, wobei 5—600 Personen revidiert wurden.
Bei Prüfung der Personalien fand man bei den meisten außer--
ordentlich große Geldsummen, bei einigen bis zu 160 000 Mk.
Amsterdam, 5. Dez. (W.B.) Der Telegraph meldet aus Lon-
don, daß am 6. Dezember der Dampfer „Zessica" aus Hamburg
auf der Thmese gelöscht wurde und als erstes Schiff unter deutscher
Flagge wieder nach Deutschland zurückfuhr. Die.Besatzung durfte
nicht an Land gehen. Weitere deutsche Schifft werden erwartet.
Rohrbacher Straße 13. Täglich
AVverteT-werrerKTLKr, außer Sonntags geöffnet von
10—12 und 4—6 Uhr. Auskunft in allen Arbeiterrechtsfragen.
HLidWeNZer SLsVtthsKtee.
Freitag, den 3. Dez. 10. Vorstellung Miete 8 Uraufführung „Die
schöne Melusine", ein dramatisches Gedicht in 3 Auszügen
von Dr. Ernst Wachler.
Ankang Somttaas 6'/^ Ubr. Wochentags 7 Nbr.
Montag, den 8. Dezember außer Miste Volksvorstellung zu «rm.
Preisen „Kabale und Liebs". Vorverkauf nur Montag, 8. t ez.
 
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