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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 2): Ottonenzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15264#0061

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Aber wann ist näherhin dieses Ereignis zu datieren ? Meist wird angenommen, daß
dies im Zuge der Hausordnung' Heinrichs L im Herbst 929 geschehen sei.22

Nun hat aber schon 1964 Karl Schmid eigentlich mehr beiläufig erwähnt: ,Otto sei im
Jahre 912 geboren, war damals (927) ins mannbare Alter gekommen' und: seitdem
Otto 927 fünfzehn Jahre alt und damit rechtswirksam handlungsfähig geworden war'.23
Otto L, geboren eine Woche vor dem Tod seines Großvaters gleichen Namens, war am
23. November 912 geboren, mithin am 23. November 927 fünfzehn Jahre alt und damit
großjährig und waffenfähig. Es kann kaum angenommen werden, daß dieses Datum
und dieses Ereignis nicht bedeutend genug gewesen sein sollte, um nicht zur nächsten
Gelegenheit, also Weihnachten 927,24 einen Hoftag (nach Mainz) einzuberufen, wo eben
im Dezember 927, nach dem Tod des Mainzer Erzbischofs Heriger (912 - 927) am 1. De-
zember,25 der neue Erzbischof Hildibert ernannt und eingeführt26 wurde.

Gerade diesen Erzbischof Hildibert aber läßt Widukind von Corvey anläßlich von Ot-
tos I. Krönung in Aachen im August 936 sprechen:27adduco vobis a Deo electum et a
domino verum Heinrico olim designatum ..." und Widukind begründet2" Hildiberts Krö-
nungsrecht gegenüber dem Trierer29 und dem Kölner:'10cessit tarnen uterque eorum
Hildiberthi cunctis notae almitati'. Sollte nun aber wirklich die ,cunctis nota almitas' Hil-
diberts die Erzbischöfe von Trier und Köln zum Verzicht bewogen haben ? Auch erfolg-
te ja die Bestellung des Mainzer Erzbischofs (Friedrich; 937 - 954) zum päpstlichen Vikar
in der,Germania'51 erst 937 durch Papst Leo VII. (936 - 939), also erst nach Hildiberts Tod
(31. Mai 937).32 Auch der Mainzer Primat kann also nicht ohne weiteres zur Begründung
schon zu 936 herangezogen werden.

M. E. liegt der Grund für die Prävalenz Erzbischof Hildiberts 936 darin, daß er als
Neugewählter Weihnachten 927, nachdem Otto (I.) am 23. November 927 majorenn ge-
worden war, dessen ,benedictio' (in regem futurum) vorgenommen hatte. Von Otto wis-
sen wir nach seiner Geburt 912, über seine Jugend, aus den Quellen recht wenig. Der Va-
ter Heinrich, Herzog seit Ende 912 und König seit 919, hat wohl seinen ältesten Sohn
Otto kaum zu irgendwelchen Regierungshandlungen33 herangezogen, was auch daraus
erhellt, daß Otto, obwohl ,primogenitus', zu Lebzeiten des Vaters nie als Intervenient in
einer Urkunde Heinrichs I. auftaucht (im Gegensatz etwa zu seinen Geschwistern Hein-
rich und Hadwig),34 und bei der einzigen Erwähnung nur als ,filius noster'35 ohne den
etwa für den Bruder Heinrich gebrauchten Zusatz ,dilectus' als Zustimmender auf-
taucht. Doch sollte man letzteres auch nicht überbewerten. Wir erfahren nichts über Ot-
tos Erziehung, nichts über seine, wohl seit etwa 925/26 zu unterstellende Teilnahme an
den Kämpfen, vor allem im Osten gegen die Slaven.36

Bei letzteren scheint Otto denn auch die ,femina', ,quamvis captiva et Sclavonina ta-
rnen nobili','7 jener ,peregrina, nobili tarnen ... genere'38 begegnet zu sein, die Otto ,ea
tempestate'39 den ,filius Willihelmus' gebar, von dem wir dann freilich ebenfalls, bis zu
seiner Erhebung auf den Mainzer Erzstuhl im Dezember 954, nichts mehr hören. Auch
nicht, nach wem er benannt wurde. Auch von seiner Mutter wird nach Wilhelms Geburt
nichts mehr berichtet.

Von Otto I. hören wir konkret erstmals nach 912 wieder im Regest des DHL vom 13.
Mai 927,*° in dem die Zustimmung Ottos zur Dotalurkunde des etwa 50-jährigen Königs
Heinrich an seine etwa 20 Jahre jüngere Gemahlin Mathilde erwähnt wird. Die Echtheit
dieser Urkunde steht freilich nicht ganz außer Zweifel: so stört die zeitgenössisch nicht
bekannte" Bezeichnung Heinrichs I. als ,auceps' der nur als Regest überlieferten Urkun-
de. Noch störender aber erscheint, daß am 13. Mai 927 Otto (I.) vor Vollendung seines 15.

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Lebensjahres (am 23. November42 927) ,assensu filii Ottonis'43 der Schenkung seines Va-
ters rechtserheblich zugestimmt haben sollte. Dies erscheint umso störender, wenn wir
davon ausgehen, daß Ottos Volljährigkeitserklärung und förmliche ,benedictio' zu
Weihnachten 927 in Mainz erfolgte.

In welchem Zusammenhang steht aber dann das DHL Nr. 20 vom September 929
mit der ,Hausbestellung' durch den König ?

Der ,primogenitus' Otto war am 23. November 927 volljährig geworden und wurde -
wohl 928 - von einer slavischen Adeligen Vater eines Sohnes.44 Dies aber scheint Hein-
rich I. als Vater und König veranlaßt zu haben, sich wegen einer standesgemäßen' Hei-
rat Ottos zu bemühen.45 Nicht von ungefähr schreibt Hrotsvit von Gandersheim:46 Hein-
rico placuit und Widukind von Corvey formuliert:47 ,Nam rex (Heinrich I.) dedit filio
suo Oddoni conjugem So ist denn wohl evidenterweise die Brautwerbegesandt-
schaft, die Heinrich an König ^Ethelstan schickte,48 auf 928/29 anzusetzen, die Hochzeit
Ottos I. mit Eadgith auf (Herbst?)49 929: ,Ea tempestate',50 ,Eo tempore'5' - bezogen auf die
Rückkehr des siegreichen Heeres von der Schlacht bei Lenzen52 am 4. September 929.53 Da
die Quedlinburger Annalen zu 929 ausführen:54 ,Otto rex (sie !) Editham, filiam regis
Anglorum, matrimonio sibi iugendam Saxoniae advexit', auch Eadgith nachweislich nach
Sachsen reiste und Heinrich I. seine ,Hausbestellung' am 16. September 92955 in Quedlin-
burg, der ,sedes regia'56 vornahm, darf davon ausgegangen werden, daß die Vermählung
Ottos I. mit Eadgith im September/Oktober 929 in Quedlinburg erfolgte.57 Der Annahme
Karl Schmids,58 die Gedenkbucheinträge setzten die Anwesenheit der Königsfamilie auf
der Reichenau und St. Gallen im Herbst/Frühwinter 928/29 voraus, kann ich nicht fol-
gen. Heinrich hat sicher nicht erst im Sommer 92959 die Gesandtschaft nach England ge-
schickt, sondern evidenterweise bald nach der Geburt von Ottos Sohn Wilhelm. Nichts
beweist auch, daß die Gedenkbucheinträge erst vom Herbst 929 stammen. Welchen Sinn
sollte es für Heinrich haben, die feierliche Hochzeit seines Erstgeborenen mit der engli-
schen Königstochter nicht in der ,sedes regia' Quedlinburg, sondern an ,ein(em) geeigne-
ten Platz in Franken, am Mittelrhein'60 stattfinden zu lassen ? Ottos vollgültige Ehe-
schließung mit einer höherrangigen Gemahlin, wodurch Otto I. in gewisser Weise mit
Karl III. von Westfranken/Frankreich gleichzog,61 war denn auch der Anlaß für Heinrich
L, sein Haus zu bestellen,62 seine so viel jüngere Gemahlin zu versorgen und Ottos I.
Nachfolge sicherzustellen.

Doch meine ich jetzt - im Gegensatz zu meiner früher geäußerten Meinung63 - daß
die ,benedictio' Ottos zum ,rex futurus'" schon Weihnachten 927 in Mainz, anläßlich von
Ottos Volljährigkeit, stattfand, nicht erst anläßlich der Hochzeit bzw. der Hausbestellung
im Herbst 929. Insoweit möchte ich das ,iam olim designatum' Ottos von 929 auf Weih-
nachten 927 vorgezogen wissen. Heinrich I. hat also offenbar schon 927 ,die Weichen ge-
stellt'.

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