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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 2): Ottonenzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15264#0203

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178 Vgl. G. Wolf, Erzbischof Brun von Köln u. d. Förderung gelehrter Studien in Köln, Miscella-
nea Mediaevalia 20,1989, she. Bd. II, S. 219ff. - Vgl. auch J. Fleckenstein, in: DA 11,1954, S.
219 - 26. - H. M. Klinkenberg, in: DA 12,1956, S. 197 - 200. - Anders: J. Fried, Brunos Dedi-
kationsgedicht, in: DA 43,1987, S. 574 - 85.

!79 Vgl. Wolf (wie Anm. 178), passim. - M. Manitius, Geschichte d. lat. Literatur des Mittelal-
ters, Bd. 2,1923, S. 175ff.

!80 Vgl. G. Wolf, Gerbert von Aurillac, in: Die Großen der Weltgeschichte, Bd III, 1973, S. 138 -
149. - Auch: ders., Gerbert v. Aurillac, in: Epochen d. Weltgeschichte in Biographien, Mittel-
alter, Bd. 14,1984, S. 9 - 21, she. Bd. II, S. 209ff. - Mantttus (wie Anm. 179), S. 729 - 747.

181 Auch die Königinnen Mathilde, Eadgith und Adelheid sind nicht mit Theophanu vergleich-
bar, auch nicht die so oft gerühmte Königin/Kaiserin Gisela. Allenfalls wäre m. E. ein Ver-
gleich mit der Kaiserin Konstanze aus dem Haus Hauteville am Ende des 12. Jahrhunderts
oder der Kaiserin Konstanze von Aragon, der ersten Gemahlin Kaiser Friedrichs II. zu An-
fang des 13. Jahrhunderts, möglich. Dennoch sehe ich auch hier noch einen Unterschied hi-
storischer Größe. Ich stimme Mathilde Uhurz zu, wenn sie Theophanu als eine der größten
Herrscherinnen bezeichnet.

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Die

,große Frage': Wer war Theophanu?1

Zusammenfassende Würdigung

Stellt man die Frage: Wer war Theophanu?, so stellt sich dem Fragenden sogleich un-
ausweichlich die Frage an sich selbst, die alte Frage: Wer bin ich?

Erst wenn sich auch der Fragende und Forschende als Mensch wie als Wissenschaft-
ler dieser Frage gestellt hat und sich über sein eigenes Erkenntnisinteresse klar gewor-
den ist, vermag er sich im Iötoqeiv (historein) dem ,Gegenstand' seines fragenden For-
schens wirklich zu nähern. Schon Herodot (ca. 490 - 423 v. Chr.), der ,Vater der Ge-
schichtsschreibung', hat darum gewußt. Interesse an Vergangenem, an Geschichte, kann
nur haben, wer ,berührt',,tangiert' ist - positiv oder negativ: Liebe oder Haß, Zu- oder
Abneigung lassen sich als Motive der Geschichtsschreibung nie ganz leugnen. Aber in-
dem wir uns dazu bekennen2 und unseren eigenen Standort klarlegen, vermeiden wir,
eingehüllt in den verbergenden Mantel scheinbarer Objektivität - welche freilich als sol-
che immer angestrebt werden sollte - unser eigenes Erkenntnisinteresse als allein gülti-
gen Maßstab oder auch nur als ,objektive Geschichtsschreibung' darzustellen.

Theophanu scheidet die Geister - das ist mehr als man von vielen Menschen und hi-
storischen Persönlichkeiten sagen kann.

Der Verfasser dieses Essays, dieses /Versuches' einer Würdigung der Frau und Kaise-
rin Theophanu, räumt ein, daß ihn Theophanu ,berührt', daß er vor dieser, seiner Mei-
nung nach, großen Persönlichkeit, hohe Achtung, ja Verehrung empfindet.

So ist es denn einmal dieses persönliche Interesse das zur Beschäftigung mit der Per-
sönlichkeit und dem Wirken Theophanus führte. Zum andern aber auch der historische
xaiQÖc, (Kairos) des Jahres 1991 - tausend Jahre nach dem Tod der Kaiserin3 - der xcaoöc,
einer Neugestaltung Europas, die Konzeption eines Europäischen Staatensystems in ei-
ner Annäherung von Ost und West, die mutatis mutandis m. E. auch schon Theophanu
unter dem Einfluß Adalberts von Prag im Winter 989/90 genau 1000 Jahre vor der gro-
ßen Umwälzung in unserer Zeit in Osteuropa - als Vision und Konzeption entwarf,4 was
ihr Sohn, Otto III., aufnahm, und was Anlaß genug ist, heuer der großen Kaiserin zu ge-
denken.

Theophanus Leben umspannte etwa eine Generation, d. h. etwa 30 Jahre, wohl von
etwa 9605 bis zum Tod am 15. Juni 991.

Mit etwa 12 Jahren kam sie als ,Prinzessin aus der Fremde' in ein ihr, vielleicht eben
aus Berichten und Erzählungen bekanntes, d. h. fremdes Land, heiratete am 14. April 972
in Rom6 einen ihr bis dahin unbekannten jungen Mann von noch nicht 17 Jahren7 und
wurde Kaiserin des Westens. Etwa ein Jahr später übernahm ihr kaum 18-jähriger Ge-
mahl die Regierung8 - sie war etwa 13.

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