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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 2): Ottonenzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15264#0292

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Die Kanonisationsbulle von 993
für den Hl. Oudalrich von Augsburg
und Vergleichbares

1954 schrieb Mathilde Uhlirz zum 16. April 993 (Ostern/Synode in Ingelheim)1'2 in
den Regesta Imperii,' König Otto III. habe da den Bericht Bischof Liudolfs von Augsburg
über die Kanonisation Bischof Oudalrichs von Augsburg (890) (923 - 973)3 empfangen.

Zugrunde liegen sollten dieser Nachricht die Annales Hildesheimenses zu 993.4 Dort
steht aber lediglich: ,Rex vero sanctum dient pasche in Engilenheim celebravit'. Von einem Be-
richt des Augsburger Bischofs an Otto III. ist in der Quelle keine Rede. Wir wissen zwar/
daß Bischof Liudolf von Augsburg zu Jahresbeginn 993 mit Propst Gerhards Vita Oudal-
rici6 nach Rom reiste; wir wissen auch, daß Liudolf im D. O. III. Nr. 1217 am 30. April 993
in Worms als Intervenient auftrat, also wohl am 30. April in Ottos Umgebung nachweis-
bar ist. Aber es ist keinesfalls sicher, daß er zu Ostern (16. April) schon in Ingelheim war.

Auch bietet der Liber Pontificalis" keinen Hinweis auf eine Kanonisation Bischof Ou-
dalrichs von Augsburg. Soweit ich sehe, findet sich der erste, recht vage, Hinweis bei
Thietmar9 von Merseburg (IV., 51) aus den Jahren 1015/18: in oratorio sancti presulis
Othelrici, quod in honorem eins Liudulfus, eiusdem ecclesiae episcopus, construxit ...'.'" Doch
sollte man sich hüten, allzu vorschnell und allzu weitgehende Schlüsse aus der Bezeich-
nung ,sanctus' zu ziehen. Diese Bezeichnung ist im 10. und beginnenden 11. Jahrhundert
in den Quellen häufig," ohne daß je eine Kanonisation stattgefunden hätte. Auch die Be-
zeichnung ,gemma sacerdotum' Oudalrichs durch Thietmar12 läßt keinesfalls Rückschlüsse
auf eine Kanonisation zu und das, obwohl Thietmar, wie er selbst bezeugt, die Vita Ou-
dalrici Gerhards gelesen hatte.15 Die erste Erwähnung einer Kanonisation Oudalrichs von
Augsburg findet sich erst in den um 1090 geschriebenen Annales Augustani ad 993:
,Hiemps dura ... Liutoldus episcopus Romain ivit, et per papam Johannem beati Oudalrici sanc-
titas probatur. Solemnitas conlaudatur et sancitur.'"

Bei Herimannus Contractus (1013 - 1054) in seinem Chronicon15 findet sich zu 973 fol-
gender Eintrag: ,Sanctus quoque Oudalricus Augustensis episcopus ... 4. Non. Juliifelici obitu
migravit ad Dominum et in basilica sanctae Afrae martiris ... tumulatus, innumeris usque hodie
claret miraculis.' Aber zu 993 findet sich da überhaupt kein Eintrag, geschweige denn zu
Oudalrich von Augsburg. Beachtenswert ist bei Herrmann um die Mitte des 11. Jahrhun-
derts der Hinweis auf die Wunder Oudalrichs16 ,usque hodie', nicht aber - wie dargelegt
die Bezeichnung ,sanctus'.

1183 wurde das Grab Oudalrichs wieder aufgefunden und es erfolgte die ,Transla-
tio',17 d. h. aber, daß zwischen etwa 1020, als Bischof Liudolfus das ,oratorium sancti Ou-
dalrici' errichtet hatte und 1183 die wahre Grabstätte Oudalrichs zeitweise nicht oder
kaum bekannt war.18

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