ner Mutter, die natürlich ihre und auch Ottos III. spätere Haltung zum Papst bestimmte.
Auch für das Verhältnis Kaiser - Papst war, sowohl für Theophanu wie für Otto III., By-
zanz, sein Basileus und sein Patriarch Vorbild. Beachtlich auch, daß Theophanu zwi-
schen 984 und 991 nie einen größeren Feldzug geführt hat, sondern daß sie ihre unbe-
zweifelten Erfolge ausschließlich mit diplomatischen Mitteln erreichte - auch da war
weitgehend byzantinische Übung das Vorbild. So läßt sich seit 989/90 eine Konzeption
eines »Europäischen Staatensystems' erweisen, an deren Spitze Kaiser und Papst stehen,
mit durch gemeinsamen Glauben und amicitia (confraternitas) verbundenen ,Staaten',
Fürstentümern und Königreichen - die durch Fahnenlehen dem Kaiser verbunden wa-
ren. Mit aller gebotenen Vorsicht kann man sagen, daß Kaiserin Theophanu, mit Hilfe
des hl. Adalbert, 989/90 die erste Konzeption eines friedlichen Europäischen Staaten-
bundes' entworfen hat - ein weiterer Grund, der großen Kaiserin gerade in dieser Zeit
der Ost-West-Annäherung in einem Europäischen Haus' an ihrem 1000. Todestag dank-
bar zu gedenken.
Erstveröffentlichung in: Colonia Romanica VI/1991, S. 8 - 11.
Anmerkung
Um den Anmerkungsapparat mit all' den vielen Einzelnachweisen zu vermeiden und damit
die Lesbarkeit zu erleichtern, sei auf den Sammelband ,Kaiserin Theophanu, Prinzessin aus
der Fremde - des Westreichs große Kaiserin', Böhlau-Verlag, Köln, 1991 hrsg. und mit Ori-
ginalbeiträgen von G. Wolf, hingewiesen. Dort auch umfangreiches Literaturverzeichnis.
338
und
Kaiserin Theophanu, die Ottonen
der Beginn der St. Nikolaus-Verehrung
in Mitteleuropa
Während die Verehrung der Kaiserin Theophanu für St. Pantaleon1 und St. Albin2 all-
gemein bekannt und bezeugt ist, ist dies hinsichtlich des Hl. Nikolaus von Myra3 weitaus
schwieriger zu behaupten oder gar zu beweisen.
Zwar wird immer wieder einmal auf die Einführung des Nikolaus-Kultes im letzten
Drittel des 10. Jahrhunderts in Deutschland hingewiesen4 und behauptet, er sei begün-
stigt durch Theophanu'5 nach Deutschland gekommen bzw. vermutlich infolge des Ein-
flusses, den die byzantinische Prinzessin Theophano seit ihrer Vermählung mit Otto II.
(972) auf die Wahl der Kirchenpatrone in Deutschland ausübte.'6 Ähnlich äußert sich
auch Matthias Zender 1981:7 ,Der Heilige wurde im Abendland erst durch die Gemahlin
von Kaiser Otto IL, die byzantinische Prinzessin Theophano und durch die Übertragung
der Reliquien aus Kleinasien nach Bari (1087), bekannt'. Nun hat Karl Meisen in seiner
grundlegenden Arbeit über den Nikolauskult 1931" auf frühere Belege, etwa zu 8169, in
einer Dedikationsnoriz des Hrabanus Maurus (t 856) ,in der Martyrologie des Florus von
Lyon' (1. H. 9. Jhdt.), der des Hrabanus Maurus (um 840/54), Wandelberts von Prüm
(848), Ados (Martyrologium Romanum parvum) (ca. 800 - 875), des Usuardus von St.
Germain-des-Pres (859/74) hingewiesen, die aber kaum einen Nikolauskult im eigentli-
chen Sinne erschließen lassen. Auch sonstige Erwähnungen, etwa in Litaneien, die Mei-
sen anführt10, lassen noch keinen Schluß auf eine wirkliche Nikolaus-Verehrung schon
im 9. Jahrhundert zu. Unklar ist m. E., ob dies auch für die Tatsache gilt, daß der von Kai-
ser Otto I. im August 966 in Worms10* eingesetzte Bischof Reginold (Reginbald) von Eich-
stätt11 (t 991 April 4), bekannt als ,musiais'n und der lateinischen, griechischen und he-
bräischen Sprache mächtig13- eine metrische Vita des Hl. Nikolaus schrieb14 - wohl schon
vor 972, vor Theophanus Ankunft im Westen. M. E. ist da Meisen zu ablehnend15, wenn
er bei Reginold nur persönliche Verehrung unterstellt, da er sich doch durch eben diese
Nikolaus-Vita sein Bistum ,verdient' haben soll". Otto der Große hat sicher nicht ohne
Bedacht vor seinem letzten Italienzug (966 - 972) den sprachgewandten Reginold zum
Bischof ernannt: hat er doch auch im gleichen Jahr 966 beim Umzug des St. Moritzklo-
sters nach Berge drei neue Patrone: S. Maria, St. Pankratius und St. Nikolaus" wählen las-
sen.
Nach 972 jedoch verdichten sich die Zeugnisse für die Verehrung des Hl. Nikolaus in
Deutschland: 973 weiht Bischof Udalrich von Augsburg im Kloster Kempten eine Niko-
lauskapelle18; Nikolausreliquien erscheinen 990 in Lipbach (BA Klüftern b. Markdorf am
Bodensee)19 im Zusammenhang mit dem den Ottonen so eng verbundenen Bischof Geb-
hard II. von Konstanz (979 - 995) und zwischen 989 und 996 in Benediktbeuren20; schon 974
weiht Bischof Hilwardus in Halberstadt, in der Krypta des Stephanklosters, einen auch St.
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Auch für das Verhältnis Kaiser - Papst war, sowohl für Theophanu wie für Otto III., By-
zanz, sein Basileus und sein Patriarch Vorbild. Beachtlich auch, daß Theophanu zwi-
schen 984 und 991 nie einen größeren Feldzug geführt hat, sondern daß sie ihre unbe-
zweifelten Erfolge ausschließlich mit diplomatischen Mitteln erreichte - auch da war
weitgehend byzantinische Übung das Vorbild. So läßt sich seit 989/90 eine Konzeption
eines »Europäischen Staatensystems' erweisen, an deren Spitze Kaiser und Papst stehen,
mit durch gemeinsamen Glauben und amicitia (confraternitas) verbundenen ,Staaten',
Fürstentümern und Königreichen - die durch Fahnenlehen dem Kaiser verbunden wa-
ren. Mit aller gebotenen Vorsicht kann man sagen, daß Kaiserin Theophanu, mit Hilfe
des hl. Adalbert, 989/90 die erste Konzeption eines friedlichen Europäischen Staaten-
bundes' entworfen hat - ein weiterer Grund, der großen Kaiserin gerade in dieser Zeit
der Ost-West-Annäherung in einem Europäischen Haus' an ihrem 1000. Todestag dank-
bar zu gedenken.
Erstveröffentlichung in: Colonia Romanica VI/1991, S. 8 - 11.
Anmerkung
Um den Anmerkungsapparat mit all' den vielen Einzelnachweisen zu vermeiden und damit
die Lesbarkeit zu erleichtern, sei auf den Sammelband ,Kaiserin Theophanu, Prinzessin aus
der Fremde - des Westreichs große Kaiserin', Böhlau-Verlag, Köln, 1991 hrsg. und mit Ori-
ginalbeiträgen von G. Wolf, hingewiesen. Dort auch umfangreiches Literaturverzeichnis.
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und
Kaiserin Theophanu, die Ottonen
der Beginn der St. Nikolaus-Verehrung
in Mitteleuropa
Während die Verehrung der Kaiserin Theophanu für St. Pantaleon1 und St. Albin2 all-
gemein bekannt und bezeugt ist, ist dies hinsichtlich des Hl. Nikolaus von Myra3 weitaus
schwieriger zu behaupten oder gar zu beweisen.
Zwar wird immer wieder einmal auf die Einführung des Nikolaus-Kultes im letzten
Drittel des 10. Jahrhunderts in Deutschland hingewiesen4 und behauptet, er sei begün-
stigt durch Theophanu'5 nach Deutschland gekommen bzw. vermutlich infolge des Ein-
flusses, den die byzantinische Prinzessin Theophano seit ihrer Vermählung mit Otto II.
(972) auf die Wahl der Kirchenpatrone in Deutschland ausübte.'6 Ähnlich äußert sich
auch Matthias Zender 1981:7 ,Der Heilige wurde im Abendland erst durch die Gemahlin
von Kaiser Otto IL, die byzantinische Prinzessin Theophano und durch die Übertragung
der Reliquien aus Kleinasien nach Bari (1087), bekannt'. Nun hat Karl Meisen in seiner
grundlegenden Arbeit über den Nikolauskult 1931" auf frühere Belege, etwa zu 8169, in
einer Dedikationsnoriz des Hrabanus Maurus (t 856) ,in der Martyrologie des Florus von
Lyon' (1. H. 9. Jhdt.), der des Hrabanus Maurus (um 840/54), Wandelberts von Prüm
(848), Ados (Martyrologium Romanum parvum) (ca. 800 - 875), des Usuardus von St.
Germain-des-Pres (859/74) hingewiesen, die aber kaum einen Nikolauskult im eigentli-
chen Sinne erschließen lassen. Auch sonstige Erwähnungen, etwa in Litaneien, die Mei-
sen anführt10, lassen noch keinen Schluß auf eine wirkliche Nikolaus-Verehrung schon
im 9. Jahrhundert zu. Unklar ist m. E., ob dies auch für die Tatsache gilt, daß der von Kai-
ser Otto I. im August 966 in Worms10* eingesetzte Bischof Reginold (Reginbald) von Eich-
stätt11 (t 991 April 4), bekannt als ,musiais'n und der lateinischen, griechischen und he-
bräischen Sprache mächtig13- eine metrische Vita des Hl. Nikolaus schrieb14 - wohl schon
vor 972, vor Theophanus Ankunft im Westen. M. E. ist da Meisen zu ablehnend15, wenn
er bei Reginold nur persönliche Verehrung unterstellt, da er sich doch durch eben diese
Nikolaus-Vita sein Bistum ,verdient' haben soll". Otto der Große hat sicher nicht ohne
Bedacht vor seinem letzten Italienzug (966 - 972) den sprachgewandten Reginold zum
Bischof ernannt: hat er doch auch im gleichen Jahr 966 beim Umzug des St. Moritzklo-
sters nach Berge drei neue Patrone: S. Maria, St. Pankratius und St. Nikolaus" wählen las-
sen.
Nach 972 jedoch verdichten sich die Zeugnisse für die Verehrung des Hl. Nikolaus in
Deutschland: 973 weiht Bischof Udalrich von Augsburg im Kloster Kempten eine Niko-
lauskapelle18; Nikolausreliquien erscheinen 990 in Lipbach (BA Klüftern b. Markdorf am
Bodensee)19 im Zusammenhang mit dem den Ottonen so eng verbundenen Bischof Geb-
hard II. von Konstanz (979 - 995) und zwischen 989 und 996 in Benediktbeuren20; schon 974
weiht Bischof Hilwardus in Halberstadt, in der Krypta des Stephanklosters, einen auch St.
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