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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 2): Ottonenzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15264#0019

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gebotenen Vorsicht bei Schlußfolgerungen schließt das m. E. die Gleichung ,designare' -
designieren (im heutigen Sinne) aus. ,designare' muß also, genau genommen, eine andere
Bedeutung haben. Aber was könnte Ruotger veranlassen, vom ,Königsnamen auf jeman-
den legen' bei einem Bischof zu sprechen? Oder sollte man den Wortgebrauch Ruotgers
(der mir hier - wie man es ja von R. gewohnt - sehr präzise erscheint) als ,zufällig' bei-
seite schieben wollen? Denken wir noch einmal zurück an den erarbeiteten Wortsinn, so
ergibt sich auch hier m. E. für ,designare' als ,terminus technicus' in Verbindung mit den
,insignia' (seil. ,regalia' oder ,episcopalia') eine größere Wahrscheinlichkeit: Ich würde
zusammenfassend für den Rechtsbegriff ,designare' als Übersetzung vorschlagen:,be-
zeichnen zum werdenden (König usw.) mittels der insignia (regalia etc.)', sofern man es nicht
mit dem einfachen ,be-zeichnen' (mit den entsprechenden Zeichen versehen) genügen las-
sen will16.

Erstveröffentlichung in: ZRG GA 75/1958, S. 367 - 372.
Anmerkungen:

1 ZRG GA 73/1956, S. 372ff. bes. S. 374 Anm. 5; vgl. auch f. d. althochdeutsche Übers.: Brigitta
Schreyer, in: ZRG GA 67/1950.

2 Z. T. mit Hilfe d. Mittellat. WBs., für die ich sehr dankbar bin.

3 Vgl. Wolf, 1. c.

4 NA 33/1909, S. 647 - 742; vgl. auch NA 34, S. 17 - 66,36 (Kurze), 37.

5 Princeps und Populus, Göttingen 1954, S. 146/47.

6 Poeta Saxo (MGh SS I, p. 265, 9ff.) zu 813:

,Unde duces ac primores sollcmpniter omnes
Atque magistratus ad concüium generale 10
Undique collegit, natoque suo Hludowico
Cunctorum cum consilio ins omne regendi
Tradidit imperii, successoremque paterni
Imposito designavit diademate regni
Consorternque suifactum totius honoris 15
Augustum pariter vocitari iusserat ipsum'.

7 Ann. Fuld. (p. ed. Pertzii rec. Kurze, SS rer. Germ., 1891, p. 31) zu 840: ,Hlutarium vero de lla-
lia sero venientem Franci loco patris eins super se regnaturum aeeipiunt. Hunc enimferunt impera-
torem morientem designasse, ut post se regni gubernacula suseiperet, missis ei insigniis regalibus hoc
est seeptro imperii et Corona'.

8 Liutprand v. Cremona (SS rer. Germ. ed. Becker, 1915, p. 46,25) Antap. XX.

9 Continuator Reginonis (SS rer. Germ. ed. Kurze, 1890, p. 156) zu 919.

10 Widukind von Corvey (SS rer. Germ. ed. Hirsch-Lohmann, 1935, p. 38/39), I. 25,26.

11 Vgl. auch den Artikel ,Reichsinsignien' im Sachwörterbuch z. Deutschen Gesch., hrsg. v.
Rössler-Franz , 1956, der aber leider auf diese frühere Zeit gar nicht eingeht.

12 Thiermar v. Merseburg (SS rer. Germ. ed. R. Holtzmann, 1935) IV, 50:et corpus imperato-
ris cum apparatu imperiali, lancea dumtaxat excepta, ... sumpsit in potestatem'.

13 Plassmann, 1. c, bes. S. 86/87 (Hiroskrä).

14 Herr Prof. Plassmann hatte die Freundlichkeit, mir auf meine Widukind-Studie (s. oben)
eine ausführliche Stellungnahme zuzusenden, für die ihm auch an dieser Stelle bestens ge-
dankt sei.

15 Ruotger, Vita Brunonis archiep. Col. (SS rer. Germ. ed. L Schmale-Ott, 1951).

16 Vorliegende Studie soll nicht schon Ergebnisse bieten, sondern vor allem einen methodi-
schen Versuch darstellen, durch Zuhilfenahme mehrerer Disziplinen vielleicht mehr zu se-
hen.

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Zum Ubergang der Königsherrschaft
an die Liudolfinger (Ottonen)

Es gibt Geschehnisse im Ablauf der Zeit, die, für die Nachwelt, zu geschichtlichen Er-
eignissen werden. Dabei schwingt in den Begriffen ,Geschichte' und geschichtlich' all
das mit, was diesen Ereignissen an Größe, Bedeutung und Folgenschwere innewohnt.

Ein solches Geschehnis ist die 918/919 erfolgte ,Designation Heinrichs L durch Kon-
rad I.', besser: der Übergang der Königsherrschaft von König Konrad an Heinrich als Kö-
nig. Die Erforschung der damaligen Vorgänge hat eine umfangreiche Literatur hervorge-
bracht, unter deren Verfassern, um nur einige erlauchte Namen zu nennen, Männer wie
Mitteis, Lintzel, Rörig und Heimpel hervorragen1.

Trotz aller Akribie, vor allem Lintzels, war aber der Blick lange, durch eine gewisse
Begriffsstarre und durch das Anlegen eines Schemas aus germanischer, oder gar hoch-
und spätmittelalterlicher Zeit, verdunkelt. Erst neuere Forschungen, die besonders bei
unserer Hauptstelle für jene Ereignisse, bei Widukind von Corvey, einsetzten, haben,
von der sprachlichen und Verfasser-bezogenen Seite, neue Aspekte geschaffen2.

Vielleicht lohnt es aber, an eine Frage von solcher Bedeutung, noch einmal ein paar
Worte zu verschwenden':

1. Zunächst ist zwischen den Berichten der Quellen und den tatsächlichen Vorgängen
zu unterscheiden. Wir können die Einzelheiten nach den Quellen festlegen - ob es sich so
abspielte, wissen wir nicht. Wir können nur eine mehr oder minder große Wahrschein-
lichkeit annehmen, die sich nur selten zur Evidenz verdichtet.

2. Bei der Untersuchung der Quellenberichte, worum es im folgenden hauptsächlich
geht, stellten sich vor allem 2 Fragen:

a Wann und wodurch wurde Heinrich König?

b Was bedeutet, im Zusammenhang der Vorgänge von 918/19, ,Designation'3.
Zuerst mögen noch einmal die äußeren Vorgänge in Erinnerung gerufen werden4:
Im Dezember 918 ist der Tod König Konrads I. abzusehen - er erkennt dies auch
selbst und sagt sein Ende voraus. Er ruft Menschen an sein Sterbelager, denen er etwas
zu sagen hat - Menschen, unter denen sicher sein Bruder Eberhard war, vielleicht nur er.
Hier bespricht er die politische Lage nach seinem Tode. Vor allem Ruhe und Friede muß
ihm sehr am Herzen gelegen haben. Aber um dies nach der Thronerledigung zu errei-
chen, sagt er noch mehr, er nennt den Namen des neuen Königs, der besondere Eigen-
schaften hat - durch die er sich auszeichnet: Konrad nennt den Namen des Sachsenher-
zogs Heinrich und möchte ihn gewählt wissen. Um diesem Bestreben Nachdruck zu ver-
leihen, sollen seine Königsinsignien Heinrich überbracht werden. Dies geschieht. Im Mai
919 ist Heinrich I. König. So weit, so gut. Aber über diese dürftigen Angaben hinaus be-
wegen wir uns, zunächst, auf dem Boden von Vermutungen.

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