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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 2): Ottonenzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15264#0241

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Einige weitere Bemerkungen zum
Widmungsblatt
des Aachener Evangeliars Kaiser Ottos III.

Aachen, Domschatz, Fol. 16

Vor kurzem (1989) hat sich der Frankfurter Mediävist Johannes Fried nochmals aus-
führlich mit dem Widmungsbild des Aachener Evangeliars Kaiser Ottos III. beschäftigt.'
Ich habe an anderer Stelle diese bemerkenswerte Schrift insgesamt besprochen.2

In dieser Arbeit analysiert Fried, auch in Auseinandersetzung mit den bekannten äl-
teren Arbeiten, das Widmungsblatt noch einmal ausführlich. Ich stimme dem, was Fried
schreibt, fast in allem zu, möchte aber ergänzend noch auf ein paar ,Kleinigkeiten' auf-
merksam machen.

1. Mit Recht wird das Spruchband als Evangelienrotulus, der das Herz (cor intimum)
des Kaisers ,induit' (eingehüllt, bekleidet), angesprochen. Mit Recht auch verweist Fried
- erstmals in der einschlägigen Literatur - auf die gleichförmigen Spruchbänder der
Emailplatten der ,Wiener Reichskrone'.3 Doch die seltsame Form wird auch von Fried
nicht erklärt, obwohl sie als (\f \ (M) ins Auge springt. Ich selbst habe in Untersuchungen
zur ,Wiener Reichskrone'4 bereits dargelegt, daß diese (\f\-Form als Sigel für f\/^elchise-
dek (gemäß dem Hebräerbrief als Priesterkönig, Präfiguration Christi und somit dessen
Vertreter, der ottonischen Herrscher) aufzulösen ist. Damit wird m. E. ein weiteres,
wichtiges Argument des Widmungsbildes und damit zur ottonischen Reichsideologie,
aufgeschlüsselt.

2. Das Spruchband berührt in der Tat mit der Mitte fast lokal auch das Herz des Kai-
sers, mit den Spitzen jedoch, d. h. mit den äußersten Enden, wie Fried (1. c, S. 24) richtig
feststellt, die Kronen der gekrönten Figuren zur Rechten und Linken des kaiserlichen
Thrones, was m. E. in den Bereich der von Otto III. bezeugten ,compaternitas' gehört und,
wenn man, wie Fried m. E. ebenfalls richtig interpretiert, die beiden ,Gekrönten' als Ste-
phan I. und Boleslav Chrobry aufschlüsselt, das ,cooperator' für Boleslav, an dem soviel
gerätselt wurde, zu xompater' entwirrt, wie ich dies schon anderwärts wahrscheinlich
machte5 und in Ottos III. Patenschaft für Waic/Stephan auflöst: beide verdanken ihre
Herrschaft dem, vom Evangelium umhüllten, ,cor' des Kaisers.

3. Dabei ist Fried zu widersprechen, wenn er (1. c, S. 23) meint, daß die Krone des
Kaisers auf dem Widmungsbild ,weitgehend' der Kopfbedeckung der ,Fahnenträger'
(ebda.) entspreche. Der Kaiser trägt eine, der byzantinischen entsprechende, ,eckige'
Krone - die ,Fahnenträger' runde, auch in Aufbau andere - ganz abgesehen davon, daß
der Kaiser, auf dem Bild, die Krone der Hand Gottes verdankt, die .Fahnenträger' die
ihren, nach dem Widmungsbild, dem vom Evangelium umhüllten ,cor' des Kaisers. Zu-
dem bildet der Punkt, an dem sich Kaiserkrone und Kaiserhaupt berühren, den Fuß des

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