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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 2): Ottonenzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15264#0261

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neigte Herzog Hermann LT." von Schwaben zu, einige wohl auch Ekkehard von Meißen"
(t 30. April 1002).20 Es ist evident, daß für eine Kandidatur die Verwandtschaft zum otto-
nischen Herrscherhaus Voraussetzung war."

Pfalzgraf Ezzo, seit 991 mit der Schwester Ottos DL, Mathilde, verlobt,22 seit Februar
993 verheiratet,23 hat nie für den Thron kandidiert, er hat sich wohl auch keine Hoffnun-
gen solcherart gemacht oder machen können: er hatte ja kein liudolfingisch-ottonisches
und/oder karolingisches Blut in den Adern. Im Gegensatz zu seinem Enkel, Herzog
Konrad von Bayern (t 15.12.1055), der 1053, von einer Fronde gegen Kaiser Heinrich III.,
als Thronanwärter ausersehen war.2' Aber Konrad hatte, im Gegensatz zu Ezzo, durch
seine Großmutter Mathilde, die Tochter Kaiser Ottos II. und Schwester Kaiser Ottos III.,
liudolfingisch-ottonisches Blut.

Hätte Pfalzgraf Ezzo 1002 kandidiert, so hätten sich die Schwestern seiner Gemahlin
Mathilde, die Äbtissinnen Adelheid von Quedlinburg (seit 999)25 und Sophia von
Gandersheim (seit 1002),26 Anfang April 1002 auf dem sächsischen Fürstentag zu Werla,27
wohl kaum so eindeutig für Heinrich von Bayern ausgesprochen - wenn auch bei Sophia
die ihr von Heinrich zugesagte Investitur, als Äbtissin in Gandersheim, eine Rolle ge-
spielt haben mag. Welcher Einfluß den Schwestern Ottos III. zukam, erhellt aus der Rache
gegen Markgraf Ekkehard, der Adelheid und Sophia beleidigt hatte28 Der Tag von Werla
mag auch gegen Herzog Hermann II. und für Heinrich von Bayern den Ausschlag gege-
ben haben,29 wobei ja insbesondere Sophias Verbindung zu Erzbischof Willigis von Mainz
zu beachten ist,30 der sie am gleichen Tag (St. Laurentii = 10. August 1002) zur Äbtissin
weihte, an dem er Königin Kunigunde, die Gemahlin Heinrichs IL, zu Paderborn krönte.31

Bleibt nur noch zu klären, wieso dann die Fundatio Brunwüarensis32 ausführt: ,(Ezzo)
... qui iam praeter regium nomen secundus in regno eratwas manche zu dem Schluß ver-
leitete, Ezzo habe 1002 auch des ,reginm nomen' erstrebt, oder aber daß manche die Stelle
als überzogene Lobrederei abtun. So einfach scheint mir dies aber nicht zu sein. Zu-
nächst einmal: praeter heißt,außerhalb', schließt also aus, d. h. das ,regium nomen' schei-
det also aus. Dieses .regium nomen' aber ist das Königtum. Und es heißt nicht etwa, wie
751: Jllum regem vocari, quipotestatem haberet ..Z33 oder 919:omne quod decns regium de-
poscit, preterfortunam atque mores Vom Königtum ist an dieser Stelle der Fundatio
also nur insoweit die Rede, als die Formulierung dem ,a rege' oder ,post regem' früherer
Zeit entspricht. Weit gewichtiger ist jedoch gerade in diesem Zusammenhang, daß
außerhalb' (nach dem) des Königtums Ezzo als .secundus in regno' bezeichnet wird. Wir
wissen nun nach den Forschungen Karl Brunners35 und Gerd Althoffs36, daß ,secundus
in regno' oder ,secundus a rege' oder ,secundus post regem' ein fester Begriff und eine relativ
klare Position des Frühmittelalters ist.37 Liudolf von Schwaben ist es von 946 bis 951,38
Heinrich L von Bayern, Ottos des Großen Bruder, ist es von 951 bis 955,39 Erzbischof Brun
von Köln, der jüngste Bruder Ottos des Großen, von 955 bis zu seinem Tod 965.<0 Wer
diese Position innehat, steht zwar dem Thron am nächsten, bleibt aber stets - bei allem
Einfluß den er hat - eben der ,secundus in regno' (,secundus a rege', .secundus post regem'), d.
h. der Zweite. Eine solche Position mag, vor allem durch seine Heirat mit der Kaisertoch-
ter Mathilde 992/993, Ezzo unter den weltlichen Fürsten beim Erbfall 1002 erlangt ha-
ben," was ihm dann die Häme, die sich bei Thietmar (IV, 60) - ,Et hoc multis displicuit' -
widerspiegelt, erklären mag. Aber mit einer Thronkandidatur hat dies alles nichts zu
tun. Auch nicht mit einer nie stattgefundenen Übersendung der Hl. Lanze. Eher schon
mit den Angriffen des neuen Königs Heinrich II. auf die Ezzonen-Familie nach 1002,42
durch die fürstliche Mitgift Ottos III. an Mathilde (Thietmar IV, 60).

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Erstveröffentlichung in: ZKiG 104,1993, S. 23 - 27.
Anmerkungen:

1 Vgl. H. Müller, Heribert von Köln, in: Lex. d MAs, IV, 1989, Sp. 2155/56, ders., Heribert,
Kanzler Ottos III. und Erzbischof von Köln, in: Veröff. d. Köln. Gesch. Vereins, Bd. 33, 1977
bes. S. 152ff., 154/55, Anm. 274 - 278.

2 So Thietmar von Merseburg, Chron. IV, 50 (MGh SS rer. Germ. ed. R. Holtzmann, 1935, S.
188ff.); Lantberti Vita Heriberti, c. 7 (MGh SS IV, 745: .Imperialia, quae penes se erant...').

3 RI 1483yy; dazu H. Müller, 1. c, S. 154/55 (mit Behandlung älterer Lit.).

4 RI 1493e; dazu H. Müller, 1. c, ebda.

5 She. Anm. 2.

6 IV, 50 (1. c, S. 188ff.).

7 RI 1450/IVh; 1483gg; vgl. F. W. Oediger, Regesten der Erzbischöfe von Köln I (313 - 1099),
1954/61, Nr. 594, S. 177.

8 Herzog Heinrich (IV.) von Bayern, Sohn des ,Zänkers' und Enkel von Ottos d. Gr. jüngerem
Bruder Heinrich; geb. 6. Mai 973 (am Tag vor Ottos d. Gr. Tod!) in Hildesheim (RI 1483a),
Herzog Sept./Okt. 995 (RI 1483f.); vermählt 998/1000 mit Kunigunde von Luxemburg (RI
14831); 1002 als Heinrich II. König; 1014 Kaiser; gest. 13. Juli 1024 in Grone (RI 2063a).

9 Vgl. auch Lantberti Vita Heriberti c. 7 (wie Anm. 2): ,Inter optimates statim' (nach Ottos III.
Tod) ,de subrogando exoritur controversia; unde et Heinricum rund Baiowariorum ducem
eligunt et substituunt rate concordia. Heribertus huic aberat consilio

10 H. Müller, 1. c, (she. Anm. 1).

11 Ebda. Anm. 274ff. (Kimpen, Ludat, Giersberg, Schulze, Wentzel, M. Uhurz, u. a.)

12 Vgl. H. Müller, 1. c, S. 152ff.; M. Parisse, Ezzo, in: Lex. d. MAs, IV, 1989, Sp. 197/98; R.
Gerstner, Die Gesch. d. rhein.-lothring. Pfalzgrafen in: Rhein. Archiv 40,1942, S. 14 - 24;
R. Usinger, Pfalzgraf Ezzo, in: S. Hirsch, Jbb. Heinrichs IL, Bd. 1,1862 Ndr. 1975, S. 447 - 454;

G. Althoff, Verwandte, Freunde und Getreue 1990, S. 52f.

13 Vgl. H. Müller, 1. c, S. 154 u. 156f.

14 Vgl. H. Müller, 1. c, S. 154, Anm. 277 (A. Bühler, Schramm, Ludat, u a.).

15 Vgl. H. Müller, 1. c, S. 156f. u. Anm. 288.

16 Thietmar von Merseburg, geb. 975, schrieb zwischen 1012 und 1018.

17 Vgl. H. Müller, 1. c, S. 142f.

18 RI 1450/IV l;1483gg (5. April 1002 in Aachen) (Thietmar, 1. c, IV, 54).

19 RI 1483tt/uu.

20 RI 1483xx.

21 Vgl. E. Hlawitschka, Die Thronkandidaturen von 1002 und 1024, in: Reich u. Kirche vor
dem Investiturstreit, hrsg. v. K. Schmid, 1985, S. 49 - 64; Ndr. in: Stirps regia, Festschr. f. E.

H. z. 60. Gebtg. 1988, S. 495 - 510; ders., in: Geschichtsschreibung u. geistiges Leben, Fest-
schr. H. Löwe, hrsg. v. K. Hauck u. H. Mordek, 1978, S. 281 - 311, ders., in: VuF, Sonderbd.
35,1987, S. 20ff.; vgl. Armin Wolf, Königskandidarur und Königsverwandtschaftin: DA
47/1991, S. 45 -117, bes. S. 52, 55ff., 62ff.; ders., in: DA 36/1980, S. 25 - 83.

22 Vgl. M. Uhlirz, Jbb. Ottos III., 1954, S. 164 u. Anm. 13, Brunwil. monast. fund. actus c. 6
(MGh SS XIV, 128).

23 Ibidem c. 9 (1. c, S. 130); RI 1081a/1082.

24 Vgl. E. Steindorff, Jbb. Heinrichs III., 1881 Ndr. 1969, Bd. 2, S. 228 ff.; G. Wolf, Könige und
Kaiser als leibliche Nachkommenschaft der Kaiserin Theophanu, in: Kaiserin Theophanu -
Prinzessin aus der Fremde, des Westreichs große Kaiserin, Köln 1991, S. 190/91, she. Bd. II,
S. 429ff.

25 Vgl. G. Wolf, in: Byz. Zs. 81,1988, S. 281 /82, she. Bd. II, S. 355ff.

26 Ebda. S. 282; ders., Prinzessin Sophia (978 - 1039), Äbtissin von Gandersheim und Essen En-
kelin, Tochter u. Schwester von Kaisern, in: Niedersächs. Jb. f. Landesgesch. 61,1989, S. 105
-123, she. Bd. II, S. 413.

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