22 Die neueſte Wallenſtein-Forſchung.
daß man von Wien aus nicht den Verſuch gemacht hat, den Zug
Guſtav Adolfs nach Deutſchland durch die Rückgabe von Mecklen—
burg zu verhindern; oder wenn er unter die Anklagen gegen
Wallenſtein auch die aufnimmt, daß er von ſeiner Frau zu häufig
getrennt geweſen und durch den doppelten Haushalt zu großem
Aufwande veranlaßt worden ſei. Gindely findet es bemerkens—
wert, daß Wallenſtein ſich an die Inſtruktion des Kaiſers vom
17. Juni 1625 nicht gehalten hat. Seit wann hält ſich derjenige,
der die Macht hat, an die Inſtruktion desjenigen, der ſie nicht hat?
Und glaubt denn Gindely wirklich, daß ſich am kaiſerlichen Hofe
ſelbſt noch jemand um dieſe Inſtruktion bekümmert hat? — Die
Gehäſſigkeit gegen Wallenſtein wird zu offen zur Schau getragen.
Ein ſehr gewiegter und durch ſeine ſcharfe Beobachtung wie ſeine
ſicheren hiſtoriſchen Kenntniſſe bekannt gewordener Juriſt, der Gin—
delys Buch mit großem Intereſſe und in der Erwartung zur Hand
genommen hatte, er würde nun endlich eine erſchöpfende Cha—
rakteriſtik des Friedländers erhalten, ſagte mir, nachdem er ſich
mit einer für einen Laien gewiß rühmenswerten Ausdauer durch
die beiden Bände hindurchgearbeitet hatte: „Das iſt die Anklage—
ſchrift eines Staatsanwaltes, der den höheren Auftrag hat, um
jeden Preis eine Verurteilung des Angeklagten zuſtande zu bringen;
ich war bisher der Meinung geweſen, der Geſchichtſchreiber ver—
ſehe das Amt des Vorſitzenden einer Gerichtsverhandlung, wenn
er auf Grund von Anklage und Verteidigung den Geſchworenen
die Zuſammenſtellung der Thatſachen und die Rechtsbelehrung er—
teilt — durch Gindelys Waldſtein bin ich eines anderen belehrt
worden.“ Damit iſt der Eindruck, den das Werk bei jedem Un—
befangenen hervorrufen muß, kurz und bündig gekennzeichnet.
Gindely wandelt nicht die Pfade Hurters, er entſtellt die Quellen
nicht und verſchweigt auch nicht abſichtlich — aber er läßt Wallen—
ſtein niemals ſelbſt ausreichend zu Wort kommen und gibt ſeinen
Unternehmungen ſtets die gehäſſigſte Auslegung. Er will ihn
nicht verſtehen oder er kann ihn und ſeine Zeit nicht verſtehen
— das iſt der letzte Grund, den man für alle die Verdrehungen
und erzwungenen Behauptungen ausfindig zu machen vermag,
denen man in dieſem Buche ohne Unterbrechung begegnet. Wenn
Eine ſachliche Entgegnung auf eine Reihe abſichtlicher und unabſicht⸗
licher Unrichtigkeiten bietet Hallwich in ſeiner ſoeben erſchienenen Studie?
Gindelys „Waldſtein“ (Sep.-Abdr. aus den Mitteilungen des Vereines für
Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XXV. Jahrg. 2. Heft), Prag, Dominicus,
— S
daß man von Wien aus nicht den Verſuch gemacht hat, den Zug
Guſtav Adolfs nach Deutſchland durch die Rückgabe von Mecklen—
burg zu verhindern; oder wenn er unter die Anklagen gegen
Wallenſtein auch die aufnimmt, daß er von ſeiner Frau zu häufig
getrennt geweſen und durch den doppelten Haushalt zu großem
Aufwande veranlaßt worden ſei. Gindely findet es bemerkens—
wert, daß Wallenſtein ſich an die Inſtruktion des Kaiſers vom
17. Juni 1625 nicht gehalten hat. Seit wann hält ſich derjenige,
der die Macht hat, an die Inſtruktion desjenigen, der ſie nicht hat?
Und glaubt denn Gindely wirklich, daß ſich am kaiſerlichen Hofe
ſelbſt noch jemand um dieſe Inſtruktion bekümmert hat? — Die
Gehäſſigkeit gegen Wallenſtein wird zu offen zur Schau getragen.
Ein ſehr gewiegter und durch ſeine ſcharfe Beobachtung wie ſeine
ſicheren hiſtoriſchen Kenntniſſe bekannt gewordener Juriſt, der Gin—
delys Buch mit großem Intereſſe und in der Erwartung zur Hand
genommen hatte, er würde nun endlich eine erſchöpfende Cha—
rakteriſtik des Friedländers erhalten, ſagte mir, nachdem er ſich
mit einer für einen Laien gewiß rühmenswerten Ausdauer durch
die beiden Bände hindurchgearbeitet hatte: „Das iſt die Anklage—
ſchrift eines Staatsanwaltes, der den höheren Auftrag hat, um
jeden Preis eine Verurteilung des Angeklagten zuſtande zu bringen;
ich war bisher der Meinung geweſen, der Geſchichtſchreiber ver—
ſehe das Amt des Vorſitzenden einer Gerichtsverhandlung, wenn
er auf Grund von Anklage und Verteidigung den Geſchworenen
die Zuſammenſtellung der Thatſachen und die Rechtsbelehrung er—
teilt — durch Gindelys Waldſtein bin ich eines anderen belehrt
worden.“ Damit iſt der Eindruck, den das Werk bei jedem Un—
befangenen hervorrufen muß, kurz und bündig gekennzeichnet.
Gindely wandelt nicht die Pfade Hurters, er entſtellt die Quellen
nicht und verſchweigt auch nicht abſichtlich — aber er läßt Wallen—
ſtein niemals ſelbſt ausreichend zu Wort kommen und gibt ſeinen
Unternehmungen ſtets die gehäſſigſte Auslegung. Er will ihn
nicht verſtehen oder er kann ihn und ſeine Zeit nicht verſtehen
— das iſt der letzte Grund, den man für alle die Verdrehungen
und erzwungenen Behauptungen ausfindig zu machen vermag,
denen man in dieſem Buche ohne Unterbrechung begegnet. Wenn
Eine ſachliche Entgegnung auf eine Reihe abſichtlicher und unabſicht⸗
licher Unrichtigkeiten bietet Hallwich in ſeiner ſoeben erſchienenen Studie?
Gindelys „Waldſtein“ (Sep.-Abdr. aus den Mitteilungen des Vereines für
Geſchichte der Deutſchen in Böhmen. XXV. Jahrg. 2. Heft), Prag, Dominicus,
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