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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 4.1887

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Müller, Ernst: Aelius Aristides
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https://doi.org/10.11588/diglit.52692#0891

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Arlins Ariſtides.

Von
Ernſt Aüller.

Es iſt keine impoſante Perſönlichkeit, deren Bild im folgenden
entworfen werden ſoll. Weder durch glänzende Geiſtesgaben noch
durch originelle Charakterzüge noch durch ſeltſame Schickſale iſt
die Erſcheinung des Rhetors Aelius Ariſtides geeignet, die Auf—
merkſamkeit zu erregen. Aber er gehört einer der merkwürdigſten
Epochen der menſchlichen Geſchichte an, und ſeine umfangreichen
Schriften, ſo unerträglich langweilig ſie dem heutigen Geſchmack
auch ſonſt erſcheinen müſſen, werfen doch hie und da Streiflichter
auf die kulturgeſchichtlichen Verhältniſſe zur Zeit der Antonine.
Außerdem galt Ariſtides, ſo unglaublich uns das klingen mag,
nicht nur bei ſeinen Zeitgenoſſen, ſondern auch noch lange nachher
als einer der erſten Sterne am Himmel der griechiſchen Litteratur,
und wenn wir auch dieſer Anſicht nicht im entfernteſten beiſtimmen
können, ſo iſt es immerhin von Intereſſe, zu beobachten, wodurch
das Urteil von Jahrhunderten auf eine ſo auffällige Weiſe irre—
geführt werden konnte.

Von den Lebensumſtänden des Aelius Ariſtides wiſſen wir
wenig Zuverläſſiges. Geboren war er in dem myſiſchen Städtchen
Hadrianoi, und zwar nach aſtronomiſcher Berechnung im Jahre 129.
Er ſcheint von niedriger Herkunft geweſen zu ſein, wenigſtens
erwähnt er ſeine Eltern nirgends. Wiſſenseifer und Ehrgeiz führten
den kränklichen Knaben rhetoriſchen Studien zu, damals faſt den
einzigen, durch die ein Niedrigſtehender zu einer höheren Stellung
gelangen konnte. Seinen Studien lag er in Athen und Pergamon
(nach anderer Angabe in Smyrna) ob. Kleinaſien und das eigent—
liche Hellas repräſentierten noch damals, wie vierhundert Jahre
zuvor, die beiden verſchiedenen Richtungen, welche in der Rhetorik
herrſchten, die aſianiſche und die atticiſtiſche. Die Atticiſten ſtrebten

Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte 20., 1887. Heft XII. 56
 
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