Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte (4.1887)

Yom hofe und zur Geſſhichke Karls V.

Aus dem Abenteurerleben des 16. Jahrhunderts.

Von

&, Cyſſenhardt.
II. (Schluß.)

Nach einer Fahrt von ſieben Tagen kamen die kanariſchen
Inſeln in Sicht, Alonſo konnte ſich auf Gomera erholen, und
eine Sklavin kaufen, die auf dem Schiffe für ihn kochen ſollte,
da ſeine Diener nichts von der Küche verflanden. Einen derſelben
hatte er durch einen Eingeborenen in Gomera zu erſetzen, da der
Andaluſier aus Furcht vor der See nach Sevilla zurückkehren
wollte. „Gott weiß,“ fügt Alonſo hinzu, „daß ich gern dasſelbe
gethan hätte, und es nur unterließ, weil ich Scham empfand;
denn Männer von Ehre und Gewicht müſſen ſich ihren Entfchluß
erſt überlegen, ehe ſie ihn ausführen, dann aber wie ein Purgir—
mittel herunterſchlucken, wenn es auch ſchlecht ſchmeckt: ich kaͤnn
Euch nur ſagen, daß der Arme glücklich iſt, der nicht reich, und
der Reiche, der nicht arm werden will.“

Von Gomera aus ging die Reiſe in Gemeinſchaft mit drei
anderen Schiffen weiter. Das Geſchwader war von den kanariſchen
Inſeln ſchon zehn Tage unterwegs, und man berechnete, daß es
noch weitere zwanzig Tage brauchen würde, ehe Land in Sicht
käme, die Waſſerrationen wurden ſchon ſpärlich — da bekam
Alonſo eine poetiſche Anwandlung. „Zwar,“ ſagt er, „liebe ich
Proſa mehr als Verſe, denn die Poeſie iſt meiſtens eine ekelhafte
(im Original leproso) und anſtrengende Arbeit;“ trotzdem aber
macht er ſeinen Gefühlen in folgenden Strophen Luft:

Während meine Seele leiſe

Durch das Meer der Sorgen gleitet,
Sitzt am Steuer das Vergeſſen

Und im Stern des Schiffs Erinn'rung
An die frühen Lebenszeiten.