Heinrid von Creitfdke.
Von
H. p. Zwiedineck-Hüdenhorſt.
Möge mir niemand zumuten, daß ich mir herausnehme, auf
einigen Oktavſeiten ein einigermaßen treues Bild des Mannes
entwerfen zu wollen, mit welchem ſich dieſe Zeilen beſchäftigen
ſollen. Heinrich von Treitſchke läßt ſich als Hiſtoriker und Politiker,
als Schriftſteller und als Perſönlichkeit, um alles in allem zu
nehmen, nicht ſchildern, ohne daß man dazu die Geſchichte des
neuen Deutſchen Reiches und der deutſchnationalen Idee ſchriebe.
Ich ſehe mit beſonderer Freude dem Zeitpunkte entgegen, in welchem
e8 mir vielleicht noch vergönnt ſein wird, dieſer Aufgabe einiger—
maßen näher zu treten: dennoch ſcheint es mir nicht ſtatthaft, die
Neuausgabe der geſammelten Schriften Treitſchkes? und das
Erſcheinen ſeiner bereits zum dritten Bande gediehenen „Deutſchen
Geſchichte im 19. Jahrhundert“ unberückſichtigt vorbeigehen zu
laſſen und insbeſondere müßte ich es für eine grobe Unterlaſſungs—
ſünde einer hiſtoriſchen Zeitſchrift erklären, die ihren vierten Jahr—
gang beſchließen würde, ohne daß ſie den Drang empfunden hätte,
uͤber Treitſchke zu ihren Leſern zu ſprechen. Denn noch wird ſeine
Bedeutung nicht in allen Kreiſen gekannt, von deren Bildungs—
ſtufe man dies zu verlangen berechtigt wäre, noch fehlt ſein Name
gewiß in mancher Bücherei, auf deren Wert der Beſitzer ſtolz ſein
zu dürfen glaubt, noch ſtimmen viele, die ſich auf die Echtheit
ihrer nationalen Geſinnung gewaltig viel zu gute thun, in die
oberflächlichen Urteile liberaler Zeitungsſchreiber über den „ein—
ſeitigen preußiſchen Konſervativen“ ein, die es nicht der Mühe
wert gefunden haben, ſich über ſeine Anſichten von ihm ſelbſt
belehren zu laſſen.
Hiſtoriſche und politiſche Aufſätze. Fünfte, vermehrte Auflage. 1886.
Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte ꝛc., 1887. Heft XI. 51
Von
H. p. Zwiedineck-Hüdenhorſt.
Möge mir niemand zumuten, daß ich mir herausnehme, auf
einigen Oktavſeiten ein einigermaßen treues Bild des Mannes
entwerfen zu wollen, mit welchem ſich dieſe Zeilen beſchäftigen
ſollen. Heinrich von Treitſchke läßt ſich als Hiſtoriker und Politiker,
als Schriftſteller und als Perſönlichkeit, um alles in allem zu
nehmen, nicht ſchildern, ohne daß man dazu die Geſchichte des
neuen Deutſchen Reiches und der deutſchnationalen Idee ſchriebe.
Ich ſehe mit beſonderer Freude dem Zeitpunkte entgegen, in welchem
e8 mir vielleicht noch vergönnt ſein wird, dieſer Aufgabe einiger—
maßen näher zu treten: dennoch ſcheint es mir nicht ſtatthaft, die
Neuausgabe der geſammelten Schriften Treitſchkes? und das
Erſcheinen ſeiner bereits zum dritten Bande gediehenen „Deutſchen
Geſchichte im 19. Jahrhundert“ unberückſichtigt vorbeigehen zu
laſſen und insbeſondere müßte ich es für eine grobe Unterlaſſungs—
ſünde einer hiſtoriſchen Zeitſchrift erklären, die ihren vierten Jahr—
gang beſchließen würde, ohne daß ſie den Drang empfunden hätte,
uͤber Treitſchke zu ihren Leſern zu ſprechen. Denn noch wird ſeine
Bedeutung nicht in allen Kreiſen gekannt, von deren Bildungs—
ſtufe man dies zu verlangen berechtigt wäre, noch fehlt ſein Name
gewiß in mancher Bücherei, auf deren Wert der Beſitzer ſtolz ſein
zu dürfen glaubt, noch ſtimmen viele, die ſich auf die Echtheit
ihrer nationalen Geſinnung gewaltig viel zu gute thun, in die
oberflächlichen Urteile liberaler Zeitungsſchreiber über den „ein—
ſeitigen preußiſchen Konſervativen“ ein, die es nicht der Mühe
wert gefunden haben, ſich über ſeine Anſichten von ihm ſelbſt
belehren zu laſſen.
Hiſtoriſche und politiſche Aufſätze. Fünfte, vermehrte Auflage. 1886.
Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte ꝛc., 1887. Heft XI. 51