Karl kriedrich Drolinger.
Ein Vorläufer Albrecht von Hallers.
Von
Karl Troſt.
Als Friedrich Schiller dem Druck des heimatlichen Deſpotis—
mus entfloh, begleiteten ihn in ſeinem kleinen Bündel Haller und
Shakeſpeare, der größte Dichtergenius der Sachſen und der bis
dahin größte der Alemannen. Die Litteraturgeſchichte hat noch
nicht genügend hervorgehoben, in welchen Grundzügen ſeines Weſens
und ſeiner dichteriſchen Eigentümlichkeit Schiller mit ſeinem Stam—
mesgenoſſen und Vorgänger übereinſtimmt und ſympathiſche An—
regung von ihm erhalten hat. Die Bedeutſamkeit einer ſolchen
Betrachtung kann auch voll und ganz erſt da hervortreten, wo
man, wie neuerdings mit ſteigendem wiſſenſchaftlichen Bewußtſein
geſchieht, in der Entfaltung des bevorzugten Einzelgeiſtes den
Schlüſſel erblickt, um zur Erkenntnis der Tiefen des Stammes—
und Volkscharakters zu gelangen. Das vornehmſte Studium der
Menſchheit iſt der Menſch. Dies Wort hat, ſeit es zum erſtenmal
ausgeſprochen worden, nichts an ſeiner Wahrheit verloren. Aber
wie wir heute wiſſen, daß die Idee des Guten oder die Tugend
ſich nie in abgezogener Allgemeinheit verwirklicht, ſondern von der
Stellung und den Beziehungen, in die ſich der Einzelne oder eine
ſittliche Gemeinſchaft verſetzt ſieht, ihren beſonderen Ausdruck er—
hält, ſo neigen wir mehr und mehr einer Betrachtungsweiſe zu,
welche das Wahre und Schöne nicht mit einigen allgemeinen
Sätzen oder Regeln zu erfaſſen glaubt, ſondern in der lebendigen
Fülle individuell geſtalteter Gegenſätze den Quell desſelben erblickt.
Dieſe Gegenſätze aber ſind bedingt durch Natur und Geſchichte.
Ein Vorläufer Albrecht von Hallers.
Von
Karl Troſt.
Als Friedrich Schiller dem Druck des heimatlichen Deſpotis—
mus entfloh, begleiteten ihn in ſeinem kleinen Bündel Haller und
Shakeſpeare, der größte Dichtergenius der Sachſen und der bis
dahin größte der Alemannen. Die Litteraturgeſchichte hat noch
nicht genügend hervorgehoben, in welchen Grundzügen ſeines Weſens
und ſeiner dichteriſchen Eigentümlichkeit Schiller mit ſeinem Stam—
mesgenoſſen und Vorgänger übereinſtimmt und ſympathiſche An—
regung von ihm erhalten hat. Die Bedeutſamkeit einer ſolchen
Betrachtung kann auch voll und ganz erſt da hervortreten, wo
man, wie neuerdings mit ſteigendem wiſſenſchaftlichen Bewußtſein
geſchieht, in der Entfaltung des bevorzugten Einzelgeiſtes den
Schlüſſel erblickt, um zur Erkenntnis der Tiefen des Stammes—
und Volkscharakters zu gelangen. Das vornehmſte Studium der
Menſchheit iſt der Menſch. Dies Wort hat, ſeit es zum erſtenmal
ausgeſprochen worden, nichts an ſeiner Wahrheit verloren. Aber
wie wir heute wiſſen, daß die Idee des Guten oder die Tugend
ſich nie in abgezogener Allgemeinheit verwirklicht, ſondern von der
Stellung und den Beziehungen, in die ſich der Einzelne oder eine
ſittliche Gemeinſchaft verſetzt ſieht, ihren beſonderen Ausdruck er—
hält, ſo neigen wir mehr und mehr einer Betrachtungsweiſe zu,
welche das Wahre und Schöne nicht mit einigen allgemeinen
Sätzen oder Regeln zu erfaſſen glaubt, ſondern in der lebendigen
Fülle individuell geſtalteter Gegenſätze den Quell desſelben erblickt.
Dieſe Gegenſätze aber ſind bedingt durch Natur und Geſchichte.