Sand und Tente Weſtenropas am Schluffe des Mittelalters
nach glrichzeitigen Leiſeberichten.
Studie
von
&. D. Krones.
II. (Schluß.)
Da tritt uns zunächſt der handfeſte Rittersmann entgegen,
der ſich nicht wenig auf die Länge und das Gewicht ſeines Renn—
ſpeeres zu gute thut, denn nicht jeder vermöge ſich ſeiner zu be—
dienen. Das Bewußtſein phyſiſcher Kraft und der Mut, der im
Temperamente wurzelt, gehen Hand in Hand mit kräftiger Sinn—
lichkeit und ſcharfer Beobachtung des Fremden.
Die Naturſchönheit bleibt, wie in den meiſten ſolcher Reiſe—
berichte, beiſeite liegen, um ſo mehr kommen da höfiſches und ſtädti—
ſches Weſen und Leben, Brauch und Sitte zur Geltung.
Poppels Auge iſt ſcharf, aber ſeine Urteile über Land und Leute
nicht ſelten allzu ſummariſch und wie mit grober Fraktur geſchrieben.
Auch an Skepſis fehlt es ihm nicht, wie ſeine bedenklichen
Aeußerungen über die kirchlichen Wunderdinge in Toulouſe oder
St. Michel bezeugen.
In dieſer Beziehung unterſcheidet er ſich weſentlich von ſeinem
ritterlichen Kollegen Schaſchek und ebenſo von Tetzel, die auf
gleichem Boden das Gleiche mit weit gläubigeren Augen betrachteten.
Galant gegen die Damenwelt iſt Poppel durchaus nicht, er
liebt manchmal ſtarke Ausdrücke in dieſer Richtung.
Um ſo mehr bedaure ich, ihm mit keinem Buche einer mittel—
alterlichen Touriſtin Trotz bieten zu können. Wohl haben wir
um die Mitte des Cinquecento Schriftſtellerinnen, deren Erzeug—
niſſe die litterariſche Männerwelt der Gegenwart mit vieler Pietät
behandelt, ſo die fürſtlichen Ueberſetzerinnen lateiniſcher Proſa—
romane, Eliſabeth, Gräfin von Naſſau, deren Mutter, die Herzogin
von Lothringen, ſelbſt auch die Feder führte, und Lenore von
Schottland, die erſte Gattin des Habsburger Herzogs Sigmund
von Tirol, ; 1480, alſo eine eigentliche Genoſſin dieſer Epoche —
Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte zc., 1887. Heft X. 47
nach glrichzeitigen Leiſeberichten.
Studie
von
&. D. Krones.
II. (Schluß.)
Da tritt uns zunächſt der handfeſte Rittersmann entgegen,
der ſich nicht wenig auf die Länge und das Gewicht ſeines Renn—
ſpeeres zu gute thut, denn nicht jeder vermöge ſich ſeiner zu be—
dienen. Das Bewußtſein phyſiſcher Kraft und der Mut, der im
Temperamente wurzelt, gehen Hand in Hand mit kräftiger Sinn—
lichkeit und ſcharfer Beobachtung des Fremden.
Die Naturſchönheit bleibt, wie in den meiſten ſolcher Reiſe—
berichte, beiſeite liegen, um ſo mehr kommen da höfiſches und ſtädti—
ſches Weſen und Leben, Brauch und Sitte zur Geltung.
Poppels Auge iſt ſcharf, aber ſeine Urteile über Land und Leute
nicht ſelten allzu ſummariſch und wie mit grober Fraktur geſchrieben.
Auch an Skepſis fehlt es ihm nicht, wie ſeine bedenklichen
Aeußerungen über die kirchlichen Wunderdinge in Toulouſe oder
St. Michel bezeugen.
In dieſer Beziehung unterſcheidet er ſich weſentlich von ſeinem
ritterlichen Kollegen Schaſchek und ebenſo von Tetzel, die auf
gleichem Boden das Gleiche mit weit gläubigeren Augen betrachteten.
Galant gegen die Damenwelt iſt Poppel durchaus nicht, er
liebt manchmal ſtarke Ausdrücke in dieſer Richtung.
Um ſo mehr bedaure ich, ihm mit keinem Buche einer mittel—
alterlichen Touriſtin Trotz bieten zu können. Wohl haben wir
um die Mitte des Cinquecento Schriftſtellerinnen, deren Erzeug—
niſſe die litterariſche Männerwelt der Gegenwart mit vieler Pietät
behandelt, ſo die fürſtlichen Ueberſetzerinnen lateiniſcher Proſa—
romane, Eliſabeth, Gräfin von Naſſau, deren Mutter, die Herzogin
von Lothringen, ſelbſt auch die Feder führte, und Lenore von
Schottland, die erſte Gattin des Habsburger Herzogs Sigmund
von Tirol, ; 1480, alſo eine eigentliche Genoſſin dieſer Epoche —
Zeitſchrift für Allgem. Geſchichte zc., 1887. Heft X. 47