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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 4.1887

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Schmid, Aurelius: Leonhard Käfer: ein Blutzeuge der Reformation
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https://doi.org/10.11588/diglit.52692#0318

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Leonhard Rüfer, !
Ein Blutzeuge der Reformation.

Man pflegt mit geographiſchen Begriffen konfeſſionelle zu verbinden.
Dabei wirft man nur ſelten einen Blick auf vergangene, von den gegen—
wärtigen völlig abweichende, Zuſtände. So gedenken wohl nur wenige der
zahlreichen Anhänger, wohl nur die wenigſten der ſtandhaften Bekenner, welche
einſt die evangeliſche Lehre in altbayeriſchen Landen fand.

Der heute faſt gänzlich vergeſſene Name Leonhard Käſers war einſt in
aller Mund.

Leonhard Käſer? entſtammte einer angeſehenen und begüterten Familie des
im Teſchner Frieden von Bayern an Oeſterreich abgetretenen Marktfleckens
Rab bei Schärding. Käſers nicht überliefertes Geburtsjahr wird man bei
Zuſammenhalt aller Anhaltspunkte in den Beginn des letzten Decenniums des
15. Jahrhunderts verlegen. Wir erfahren über Käſer nichts, bis wir denſelben
bei Beginn der reformatoriſchen Bewegung als Vikar in Waizenkirchen in der
Diöceſe Paſſau antreffen. Bald hören wir den Vikar von Waizenkirchen
ſeiner Gemeinde die neuen Lehren verkünden. Der Pfarrherr von Waizen—
kirchen, Doktor Perger, Domherr zu Paſſau, erſtattete dem Adminiſtrator Ernſt.
von Paſſau, Bruder des Herzogs Wilhelm von Bayern, Anzeige. Käſer wurde
vorgeladen, ins Gefängnis gelegt und erſt, nachdem er im offenen Konſiſtorium
bei ſeinen „Trüen“ gelobt hatte, „der Lutteriſche leer bücher und geſellen

1 Quellen: 1) Das warhaftig geſchicht des leydens vnd ſterbens Lienhart Keyſers ſeligen
etwenn Pfarrer zu Waytzenkirchen von des heyligen Euangelij vnd Goetlicher wahrheyt wegen zu
Paſſaw verurtheylt und zu Scherding verbrant, am freytag nach Laurentij im jar MDXXVII.
Ohne Angabe des Druckortes, des Verfaſſers und des Jahres. Bald nach der Hinrichtung Käſers
herausgekommen. In den meiſten Punkten durch die beiden folgenden Schriften widerlegt.

) Warhafftige Handlung wie es mit Herr Lenhart Käfer zu Schärding ergangen iſt: Wider
ain falſch erdicht vnnd erlogen büchlin vormals darvon on namen des dichters außgangen Durch
Johan Ecken Doctor 2c. zu Ingolſtadt in Bairn. Ohne Druckort und Jahrzahl. Wohl im An—
fange des Jahres 1528 erſchienen.

3) Von Er Lenhard Keiſer ynn Beyern vmb des Euangelij willen verbrandt. Eine ſelige
geſchicht. Mart. Luther. Wittenberg MPXXVIII. Gedruckt zu Wittenberg durch Hans Lufft.
Belangreiche Archivalien konnten nicht ermittelt werden. Zwei im k. bayeriſchen allgemeinen Reichs—
archive verwahrte Aktenſtücke betreffen einen formalen Punkt. Eine einſchlägige Handſchrift der
k. Hof⸗ und Staatsbibliothek zu München iſt nur eine im 18. Jahrhundert hergeſtellte Abſchrift ves
sub 3 aufgeführten Büchleins.

Die proteſtantiſchen Schriftſteller ſchreiben geiſer, Keyſer, Kaiſer, Kayſer. Mit Unrecht, da
in den Aktenſtücken des k a. Reichsarchives in München die Schreibweiſe „Khäſer“ angewendet iſt.
 
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