Kaiſertum und Kirche im 10. Jahrhundert. 195
ſelben zu geiſtlichen Zwecken; zunächſt machte ſie ſich in Lothrin—
gen, durch Bruno und Adalbero durchgeführt, geltend. — Zum
Schutze der Reichsabteien erließ Otto 951 das Verbot, königliche
Abteien mit freier Abtwahl einer fremden Gewalt unterzuordnen;
dadurch ſicherte er ſie vor der Gefahr einer neuen Säkulariſation
und wahrte ihre Rechte gegen die Eingriffe und Anſprüche von
ſeiten der Biſchöfe. „Er gab dem alten Gegenſatz zwiſchen Welt—
und Kloſtergeiſtlichkeit neues Leben, ſtellte innerhalb der Kirche
das Gleichgewicht zwiſchen dieſen beiden großen Faktoren wieder
her und gewann damit für ſeine oberſte kirchliche Schutzgewalt
eine neue Bedeutung.“ Und in den Reihen der Kloſtergeiſtlich—
keit fand Otto auch ſeine treueſten Anhänger.
In jenen Tagen, da Alberich als unumſchränkter Fürſt in
Rom herrſchte, hatte Otto ſeine erſte Fahrt nach Rom unternom—
men; September 951 war er, den Brenner überſchreitend, in
Oberitalien erſchienen, Berengar wurde verdrängt, Adelheid be—
freit und Ottos Gemahlin. Auch auf italieniſchem Boden be—
kundete er ſeine Fürſorge und Großmut für die Kirche; die Geiſt—
lichkeit von Verona, die Klöſter San Ambrogio in Mailand, San
Siſto zu Piacenza, die Domherren von Parma, Padua u. a. er—
hielten Gnadenbeweiſe und Gewährungen aus ſeiner Hand. Ottos
Sinn ging aber damals noch weiter; in Rom ſollte das höchſte
Ziel ſeines Strebens Erreichung finden; von Pavia aus ſendete
er Friedrich von Mainz und Hartbert von Chur in die ewige
Stadt, um mit Papſt Agapet wegen des Einzuges in Rom und
wegen der Krönung zum Kaiſer zu unterhandeln. Agapet — nein,
nicht der machtloſe Papſt, Alberich trat dem Verlangen Ottos ent—
gegen, weil mit der Erneuerung des Kaiſertums ſeine fürſtliche Stel—
lung ein Ende hätte nehmen müſſen, und Otto konnte die Rom—
fahrt jetzt nicht erzwingen, weil Berengar wohl zurückgedrängt,
aber nicht unterworfen war. Otto mußte nach Deutſchland zu—
rückkehren, ohne Rom geſehen zu haben; und nun folgten ſchwere
Jahre für den König, der Aufruhr des Sohnes und des Eidams
mußte niedergeworfen, die Ungarn mußten aus Deutſchland ver—
trieben werden, ehe Otto wieder an die Kaiſerkrone denken durfte.
Nach der Niederwerfung jener Empörung und nach dem
Siege über die Ungarn in der Schlacht bei Augsburg tritt die
Verwirklichung des Hauptzieles der Politik Ottos, die Erlangung
der unbedingten Herrſchaft über die deutſche Kirche immer klarer
und feſter hervor. Wo ſich ihm eine Gelegenheit darbot, aner—
fannte er den Beſitzſtand der Kirche, verlieh er ihr in reicher
Fülle Güter und Rechte, ſchützte er ſie vor Angriffen und vor
ſelben zu geiſtlichen Zwecken; zunächſt machte ſie ſich in Lothrin—
gen, durch Bruno und Adalbero durchgeführt, geltend. — Zum
Schutze der Reichsabteien erließ Otto 951 das Verbot, königliche
Abteien mit freier Abtwahl einer fremden Gewalt unterzuordnen;
dadurch ſicherte er ſie vor der Gefahr einer neuen Säkulariſation
und wahrte ihre Rechte gegen die Eingriffe und Anſprüche von
ſeiten der Biſchöfe. „Er gab dem alten Gegenſatz zwiſchen Welt—
und Kloſtergeiſtlichkeit neues Leben, ſtellte innerhalb der Kirche
das Gleichgewicht zwiſchen dieſen beiden großen Faktoren wieder
her und gewann damit für ſeine oberſte kirchliche Schutzgewalt
eine neue Bedeutung.“ Und in den Reihen der Kloſtergeiſtlich—
keit fand Otto auch ſeine treueſten Anhänger.
In jenen Tagen, da Alberich als unumſchränkter Fürſt in
Rom herrſchte, hatte Otto ſeine erſte Fahrt nach Rom unternom—
men; September 951 war er, den Brenner überſchreitend, in
Oberitalien erſchienen, Berengar wurde verdrängt, Adelheid be—
freit und Ottos Gemahlin. Auch auf italieniſchem Boden be—
kundete er ſeine Fürſorge und Großmut für die Kirche; die Geiſt—
lichkeit von Verona, die Klöſter San Ambrogio in Mailand, San
Siſto zu Piacenza, die Domherren von Parma, Padua u. a. er—
hielten Gnadenbeweiſe und Gewährungen aus ſeiner Hand. Ottos
Sinn ging aber damals noch weiter; in Rom ſollte das höchſte
Ziel ſeines Strebens Erreichung finden; von Pavia aus ſendete
er Friedrich von Mainz und Hartbert von Chur in die ewige
Stadt, um mit Papſt Agapet wegen des Einzuges in Rom und
wegen der Krönung zum Kaiſer zu unterhandeln. Agapet — nein,
nicht der machtloſe Papſt, Alberich trat dem Verlangen Ottos ent—
gegen, weil mit der Erneuerung des Kaiſertums ſeine fürſtliche Stel—
lung ein Ende hätte nehmen müſſen, und Otto konnte die Rom—
fahrt jetzt nicht erzwingen, weil Berengar wohl zurückgedrängt,
aber nicht unterworfen war. Otto mußte nach Deutſchland zu—
rückkehren, ohne Rom geſehen zu haben; und nun folgten ſchwere
Jahre für den König, der Aufruhr des Sohnes und des Eidams
mußte niedergeworfen, die Ungarn mußten aus Deutſchland ver—
trieben werden, ehe Otto wieder an die Kaiſerkrone denken durfte.
Nach der Niederwerfung jener Empörung und nach dem
Siege über die Ungarn in der Schlacht bei Augsburg tritt die
Verwirklichung des Hauptzieles der Politik Ottos, die Erlangung
der unbedingten Herrſchaft über die deutſche Kirche immer klarer
und feſter hervor. Wo ſich ihm eine Gelegenheit darbot, aner—
fannte er den Beſitzſtand der Kirche, verlieh er ihr in reicher
Fülle Güter und Rechte, ſchützte er ſie vor Angriffen und vor