210 Kaiſertum und Kirche im 10. Jahrhundert.
von Halberſtadt, Hildebald von Worms u. a., welche in erſter
Reihe neben den weltlichen Großen, Bernhard von Sachſen, Konrad
und Heinrich von Schwaben auf alle Regierungsmaßregeln der
kaiſerlichen Vormünderin den größten Einfluß hatten. Die Bis—
tümer in Deutſchland und Italien wurden mit vielen Schenkungen
bedacht, Privilegien und Beſitztümer wurden ihnen beſtätigt und
gleiche Fürſorge wurde den Abteien und Klöſtern zugewendet. So
fehen wir allenthalben die kirchlichen Intereſſen vor allen anderen
berückſichtigt und begünſtigt. Um ſo greller kontraſtiert damit der
abermals, wenn auch nur für kurze Zeit, eingetretene Verfall des
Papſttums, dem die Biſchöfe und die Landesſynoden mit den denk—
bar ſchärfſten Worten entgegentraten. Auf der Synode in der
Kirche des heil. Baſolus zu Reims (991) hielt Biſchof Arnulf
von Orleans eine „katilinariſche“ Rede gegen das Papſttum des
10. Jahrhunderts: „O beklagenswertes Rom, unſeren Vorfahren
brachteſt du in der Stille das Licht der Kirchenväter, unſere Gegen—
wart haſt du mit ſo ſchrecklicher Nacht geſchwärzt, daß ſie noch
in der Zukunft ruchbar ſein wird. Einſt empfingen wir die herr—
lichen Leone, die großen Gregore; was ſoll ich von Gelaſius und von
Innocentius ſagen, die alle Philoſophen der Welt durch Weisheit
und Beredſamkeit übertrafen? Was ſahen wir nicht in dieſen
Zeiten? Wir ſahen Johannes mit dem Beinamen Oktavian ſich
im Schlamm der Lüſte wälzen und ſelbſt gegen Otto, den er ge—
krönt, ſich verſchwören. Er wurde vertrieben, und Leo, ein Neophyt,
zum Papſt gemacht. Der Kaiſer Otto verließ Rom, Oktavian
kehrte zurück, verjagte Leo, ſchnitt dem Diakonus Johann die Naſe,
die Finger der rechten Hand, die Zunge ab, mordete mit wol—
lüſtiger Wut viele Große der Stadt und ſtarb bald darauf. An
ſeine Stelle ſetzten die Römer den Grammaticus Benedikt; auch
ihn griff der Neophyt Leo mit ſeinem Kaiſer nicht lange nach—
her an, belagerte und fing ihn, ſetzte ihn ab und ſandte ihn nach
Deutſchland in ein ewiges Exil. In Rom aber beſtieg den Stuhl
Petri, noch vom Blute ſeines Vorgängers triefend, ein entſetz—
liches Monſtrum, Bonifacius, der aller Sterblichen Frevel über—
bot. Vertrieben und durch eine große Synode verdammt, kehrte
er nach Ottos Tode nach Rom zurück, warf einen ausgezeichneten
Mann, den Papſt Petrus, zuvor Biſchof von Pavia, trotz eidlicher
Zuſage, vom Gipfel der Stadt herab, entſetzte ihn, ermordete ihn
nach greulicher Kerkerqual. Wo ſteht es geſchrieben, daß ſolchen
Ungeheuern, der Schande der Welt, die alles göttlichen und menſch—
lichen Wiſſens bar ſind, die unzähligen Prieſter Gottes auf dem Erden—
rund, welche Wiſſenſchaft und Verdienſte ſchmücken, unterthan ſein
von Halberſtadt, Hildebald von Worms u. a., welche in erſter
Reihe neben den weltlichen Großen, Bernhard von Sachſen, Konrad
und Heinrich von Schwaben auf alle Regierungsmaßregeln der
kaiſerlichen Vormünderin den größten Einfluß hatten. Die Bis—
tümer in Deutſchland und Italien wurden mit vielen Schenkungen
bedacht, Privilegien und Beſitztümer wurden ihnen beſtätigt und
gleiche Fürſorge wurde den Abteien und Klöſtern zugewendet. So
fehen wir allenthalben die kirchlichen Intereſſen vor allen anderen
berückſichtigt und begünſtigt. Um ſo greller kontraſtiert damit der
abermals, wenn auch nur für kurze Zeit, eingetretene Verfall des
Papſttums, dem die Biſchöfe und die Landesſynoden mit den denk—
bar ſchärfſten Worten entgegentraten. Auf der Synode in der
Kirche des heil. Baſolus zu Reims (991) hielt Biſchof Arnulf
von Orleans eine „katilinariſche“ Rede gegen das Papſttum des
10. Jahrhunderts: „O beklagenswertes Rom, unſeren Vorfahren
brachteſt du in der Stille das Licht der Kirchenväter, unſere Gegen—
wart haſt du mit ſo ſchrecklicher Nacht geſchwärzt, daß ſie noch
in der Zukunft ruchbar ſein wird. Einſt empfingen wir die herr—
lichen Leone, die großen Gregore; was ſoll ich von Gelaſius und von
Innocentius ſagen, die alle Philoſophen der Welt durch Weisheit
und Beredſamkeit übertrafen? Was ſahen wir nicht in dieſen
Zeiten? Wir ſahen Johannes mit dem Beinamen Oktavian ſich
im Schlamm der Lüſte wälzen und ſelbſt gegen Otto, den er ge—
krönt, ſich verſchwören. Er wurde vertrieben, und Leo, ein Neophyt,
zum Papſt gemacht. Der Kaiſer Otto verließ Rom, Oktavian
kehrte zurück, verjagte Leo, ſchnitt dem Diakonus Johann die Naſe,
die Finger der rechten Hand, die Zunge ab, mordete mit wol—
lüſtiger Wut viele Große der Stadt und ſtarb bald darauf. An
ſeine Stelle ſetzten die Römer den Grammaticus Benedikt; auch
ihn griff der Neophyt Leo mit ſeinem Kaiſer nicht lange nach—
her an, belagerte und fing ihn, ſetzte ihn ab und ſandte ihn nach
Deutſchland in ein ewiges Exil. In Rom aber beſtieg den Stuhl
Petri, noch vom Blute ſeines Vorgängers triefend, ein entſetz—
liches Monſtrum, Bonifacius, der aller Sterblichen Frevel über—
bot. Vertrieben und durch eine große Synode verdammt, kehrte
er nach Ottos Tode nach Rom zurück, warf einen ausgezeichneten
Mann, den Papſt Petrus, zuvor Biſchof von Pavia, trotz eidlicher
Zuſage, vom Gipfel der Stadt herab, entſetzte ihn, ermordete ihn
nach greulicher Kerkerqual. Wo ſteht es geſchrieben, daß ſolchen
Ungeheuern, der Schande der Welt, die alles göttlichen und menſch—
lichen Wiſſens bar ſind, die unzähligen Prieſter Gottes auf dem Erden—
rund, welche Wiſſenſchaft und Verdienſte ſchmücken, unterthan ſein