358 Vom Hofe und zur Geſchichte Karls V.
Nachdem meine Antrittsaudienz etwa eine halbe Stunde ge—
dauert hatte, erhob ſich der König von Portugal und reichte der
Königin die Hand. Darauf gingen wir alle in eine Galerie, in
welchex wir die Infantin, Schweſter des Königs, mit dem ganzen
Hofe fanden. Die Sänger ſtimmten unter Orgel- und Klavier—
begleitung ihren Geſang an und Herren und Damen tanzten
mauriſche und chriſtliche Tänze, während wir zuſahen.
Ich ſaß neben einer Verwandten. Da bat eine Vertraute
der Infantin, Namens Donna Leonor de Caſtro, meine Nachbarin
um Verzeihung, ſetzte ſich zwiſchen uns und ſagte:
„Der Teufel weiß es, daß Verwandte nur von Vätern,
Müttern und Verſtorbenen zu einander reden können. Was mich
anlangt, ſo müßt Ihr wiſſen, daß ich in Euch verliebt bin; des—
halb bitte ich Euch, mich gut zu behandeln, denn ich bin ent—
ſchloſſen, mit Euch ein Liebesverhältnis anzufangen.“
Da ich recht gut wußte, was ſie wollte, und durch Gottes
Barmherzigkeit keinen Ueberfluß an Blödigkeit habe, ſo erwiderte
ich, obgleich ſie häßlich war: —
„Senora, Ew. Gnaden haben ſich in mich verlieben wollen,
weil mein Inneres beſſer iſt als mein Aeußeres. Da ich nun den
Himmel erlange, wenn Ihr mir zu teil werdet, ſo will ich, wenn
Ihr es wünſcht, ſelbſt die Hölle erobern.“
„Spanier,“ erwiderte ſie, „Ihr ſeid der Teufel und ſprecht
gefährlich. Ich bitte Euch nur, laßt Euch zu mir herab, wenn
Ihr mit mir redet, und zeigt Euch mir gegenüber nicht als den
großen Herrn, der Ihr in Wahrheit ſeid.“
Mit derartigen Redensarten unterhielten wir uns während
des Balles. Zuletzt lud ſie mich ein, den nächſten Tag dem Diner
bei der Infantin, ihrer Gebieterin, beizuwohnen. Ich merkte ſehr
wohl, worauf das alles hinaus wollte: ſie wünſchte mich zu ge—
winnen, weil die Rede von einer beabſichtigten Heirat zwiſchen dem
Kaiſer und der Infantin ging.
Am nächſten Tage ſagte die Infantin, nachdem ſie mir die
Hände zum Kuß gereicht hatte:
„Don Alonſo Enriquez de Guzman, ich danke Euch vielmal
für die Nachricht, die Ihr überbracht habt, und bitte und er—
mächtige Euch, die Botſchaft, die Ihr von hier nach Spanien mit—
nehmt, zu beſtätigen. Erinnert Euch, daß Ihr zur Hälfte Portu—
gieſe ſeid.“
Noch fünf Tage blieb ich am portugieſiſchen Hofe, dann reiſte
ich mit Depeſchen für den Kaiſer nach Spanien zurück. Der
König ſchenkte mir dreißig Cruſaden, zu je zehn ſpaniſchen
Nachdem meine Antrittsaudienz etwa eine halbe Stunde ge—
dauert hatte, erhob ſich der König von Portugal und reichte der
Königin die Hand. Darauf gingen wir alle in eine Galerie, in
welchex wir die Infantin, Schweſter des Königs, mit dem ganzen
Hofe fanden. Die Sänger ſtimmten unter Orgel- und Klavier—
begleitung ihren Geſang an und Herren und Damen tanzten
mauriſche und chriſtliche Tänze, während wir zuſahen.
Ich ſaß neben einer Verwandten. Da bat eine Vertraute
der Infantin, Namens Donna Leonor de Caſtro, meine Nachbarin
um Verzeihung, ſetzte ſich zwiſchen uns und ſagte:
„Der Teufel weiß es, daß Verwandte nur von Vätern,
Müttern und Verſtorbenen zu einander reden können. Was mich
anlangt, ſo müßt Ihr wiſſen, daß ich in Euch verliebt bin; des—
halb bitte ich Euch, mich gut zu behandeln, denn ich bin ent—
ſchloſſen, mit Euch ein Liebesverhältnis anzufangen.“
Da ich recht gut wußte, was ſie wollte, und durch Gottes
Barmherzigkeit keinen Ueberfluß an Blödigkeit habe, ſo erwiderte
ich, obgleich ſie häßlich war: —
„Senora, Ew. Gnaden haben ſich in mich verlieben wollen,
weil mein Inneres beſſer iſt als mein Aeußeres. Da ich nun den
Himmel erlange, wenn Ihr mir zu teil werdet, ſo will ich, wenn
Ihr es wünſcht, ſelbſt die Hölle erobern.“
„Spanier,“ erwiderte ſie, „Ihr ſeid der Teufel und ſprecht
gefährlich. Ich bitte Euch nur, laßt Euch zu mir herab, wenn
Ihr mit mir redet, und zeigt Euch mir gegenüber nicht als den
großen Herrn, der Ihr in Wahrheit ſeid.“
Mit derartigen Redensarten unterhielten wir uns während
des Balles. Zuletzt lud ſie mich ein, den nächſten Tag dem Diner
bei der Infantin, ihrer Gebieterin, beizuwohnen. Ich merkte ſehr
wohl, worauf das alles hinaus wollte: ſie wünſchte mich zu ge—
winnen, weil die Rede von einer beabſichtigten Heirat zwiſchen dem
Kaiſer und der Infantin ging.
Am nächſten Tage ſagte die Infantin, nachdem ſie mir die
Hände zum Kuß gereicht hatte:
„Don Alonſo Enriquez de Guzman, ich danke Euch vielmal
für die Nachricht, die Ihr überbracht habt, und bitte und er—
mächtige Euch, die Botſchaft, die Ihr von hier nach Spanien mit—
nehmt, zu beſtätigen. Erinnert Euch, daß Ihr zur Hälfte Portu—
gieſe ſeid.“
Noch fünf Tage blieb ich am portugieſiſchen Hofe, dann reiſte
ich mit Depeſchen für den Kaiſer nach Spanien zurück. Der
König ſchenkte mir dreißig Cruſaden, zu je zehn ſpaniſchen