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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 4.1887

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Haebler, Konrad: Peter Tafurs Reisen im Deutschen Reiche in den Jahren 1438-1439: nach dessen eigenen Aufzeichnungen bearbeitet
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https://doi.org/10.11588/diglit.52692#0534

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524 Peter Tafurs Reiſen im Deutſchen Reiche.

ihr den Hut mit der Schnalle, nahm ſie bei der Hand und ge—
leitete ſie ins Schloß mit vielen Rittern und großen Herren. Es
mochte um die Veſperſtunde ſein, als man ſich zur Tafel ſetzte;
die Damen aßen für ſich allein, und die Herren auch, und mit
dieſen der Bräutigam; er allein und der Ritter aus Preußen und
ich aßen mit am Tiſche des Kaiſers. Das Mahl dauerte bis eine
Stunde nach Mitternacht, dann begann der Tanz und der dauerte
bis an den Tag. Der Kaiſer war ein Herr von kräftiger, ge—
wandter Geſtalt, obgleich er ungewöhnlich groß war; ſeine Haut—
farbe war ſo dunkel, daß die Deutſchen ſcherzweiſe ſagten, er ſei
von ſpaniſchem Geblüt. Während des Tanzes nahm mich der
Kaiſer bei der Hand und forderte mich auf, umzuſchauen, mit
welcher Dame ich wohl am liebſten tanzen möchte, und er trug
mir ſelbſt zwei oder dreimal die Kerze voran. So ging über dem
Feſte die ganze Nacht hin. Hier traf ich viele Ritter, die die
Kette des Ordens der Schuppe trugen, den unſer König geſtiftet,
wie ich, und dieſe begleiteten mich alle nach Hauſe, als ich mich end—
lich vom Kaiſer verabſchiedete. Am andern Tage nach der Meſſe ver—
ſammelte der Kaiſer wieder alle Geſandten um ſich, während er
auf ſeinem erhöhten Sitze thronte, und dann ließ er den Ge—
ſandten durch den Biſchof von Burgos antworten. Nachdem dies
geſchehen, nahte ich mich ihm, und da verlieh er mir ſeine Ritter—
zeichen, ſowohl des Ordens vom Drachen, das iſt der ungariſche,
als den vom Adler, das iſt der öſterreichiſche, als auch den der
Schwertlilie, das iſt der von Böhmen. Wie ich ſchon ſagte, gab
der Kaiſer täglich Feſte, aber deshalb nahm der Krieg ſeinen un—
geſtörten Fortgang, denn er wußte für alles zu ſorgen. Der
Hauptgrund des Krieges war nämlich der: die Kaiſerin, die Ge—
mahlin Sigismunds und Schwiegermutter des Kaiſers Albrecht,
war, wie man mir ſagte, ein leichtfertiges Weib, und da ihr
Schwiegerſohn nicht ihre Gunſt zu gewinnen trachtete, verließ ſie
ſeine Lande und ging nach Polen, und mit ſich nahm ſie einen
großen Schatz, den ſie dem Polenkönige einhändigte, und dazu
vermachte ſie ihm die Rechte, die ſie an ihre deutſchen Erblande
beſaß, indem ſie ſich mit ihm vermählte. Die Vermählung aber
war der reine Hohn, denn ſie war mehr als fünfundſechzig Jahre
alt, und er noch nicht zwölf. Das war der Grund, weshalb
die Polen in Deutſchland einfielen. Der Biſchof von Burgos aber,
als ein kluger Herr, wußte die Dinge ſo zu lenken, daß eine Aus—
ſöhnung herbeigeführt wurde, der dann ein Friede folgte, und
das war, bei dem vielen Unheil, das ſchon angerichtet war, keine
leichte Sache. Bei dieſer Gelegenheit aber gelang es mir, den
 
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